Brenndorfs bedeutendster Sportler und Sportlehrer: Nachruf auf Reinhold Kreisel

15. November 2005

Allgemeiner Bericht

Reinhold Georg Kreisel ist nach langer, mit Geduld ertragener Krankheit am 21. Oktober 2005 im Alter von 90 Jahren in Engelskirchen-Bickenbach gestorben. In die Geschichte Brenndorfs geht er als bester Sportler und bedeutendster Sportlehrer ein.
Reinhold Kreisel erblickte am 10. Oktober 1915 das Licht der Welt. Die ersten Volksschulklassen besuchte er von 1922-1927 in Brenndorf und anschließend bis 1934 das Honterus-Gymnasium in Kronstadt. In Bukarest studierte er bis 1938 an der Hochschule für Leibesübungen.
Reinhold Kreisel bei einem ...
Reinhold Kreisel bei einem Leichtathletikwettkampf 1938 in Kronstadt (1,65 m im Hochsprung)
Als aktiver Leichtathlet war er in den dreißiger Jahren bei allen Landesmeisterschaften und über die Grenzen hinaus immer unter den Besten. So holte er sich 1934 den Juniorenlandesrekord im Weitsprung (6,73 m), siegte im Fünfkampf bei der Schülerolympiade der Schulen Siebenbürgens (Weitsprung 6,37 m, Kugelstoßen 13,54 m, Diskuswerfen 35,67 m, Hochsprung 1,68 m und 100 m in 11,6 Sekunden). 1936 belegte er bei der Balkan-Olympiade in Athen den vierten Platz im Weitsprung; 1937 wurde er Zweiter im Dreisprung bei den Balkanspielen in Bukarest; 1938 erzielte er den Landesrekord im Dreisprung 14,03 m; 1939 erhielt er die Silbermedaille und 1940 die Goldmedaille im Zehnkampf – ein überaus herausragendes Talent.

Reinhold Kreisel im 90. Lebensjahr. ...
Reinhold Kreisel im 90. Lebensjahr.
1936 durfte er sogar an den Olympischen Spielen in Berlin teilnehmen.

Nach dem Studium begann er seine erfolgreiche Laufbahn als Sportlehrer beim Hermanstädter TV, wo er Leichtathletik trainierte und beispielsweise Fry Ongert und Edith Treybal als Landesmeisterinnen hervorbrachte.

Seine sportliche Aktivität wurde von 1941-1944 durch den Krieg unterbrochen. Von 1941 bis 1944 beteiligte er sich als Leutnant und Oberleutnant im 2. Gebirgsbatallion Kronstadt sowie Zugs- und Kompanieführer unter anderem am Krimfeldzug. Im Wonnemonat Mai 1944 heiratete er die beliebte Kindergärtnerin Helga geb. Schartner aus Deutsch-Kreuz, die ihm bald 1945 Sohn Ortwin und 1948 Tochter Birgit schenkte.

Von 1945-1948 arbeitete Herr Kreisel als Landwirt, aber bald schon als Buchhalter sowie Normer in der Zuckerfabrik, wo er die Chance nutzte, auch als Sportlehrer in der dortigen Lebensmittelschule tätig zu werden. Von 1952-1975 entfaltete er als Sportlehrer der Schulen in Brenndorf eine intensive Trainerzeit und verzeichnete hervorragende Erfolge in Leichtathletik und Handball. Egal, wo wir antraten, war es auf raionaler Ebene in Sf. Gheorghe oder regional in Kronstadt, wir Brenndörfer räumten fast alle Medaillen ab in Disziplinen wie Laufen, Springen, Kugelstoßen, Speer- und Diskuswerfen bis hin zum Handball.

Das alles hatten wir unserem wunderbaren Sportlehrer zu verdanken. Herr Kreisel begleitete jeden vor dem Start und gab ihm gute Ratschläge mit auf den Weg. Bei seiner Körpersprache konnte man sehen, welche Disziplin gerade angesagt war. So zuckte er beim Handball bei jedem Wurf aufs Tor mit der rechten Schulter, so als wollte er seinen Spielern mithelfen. Besonders erwähnenswert aus dieser Zeit waren Annerose Messer als Sprinterin, Rita Copony, Melitta Tontsch, Hedda Rhein und Erika Kellner als Vierkämpferinnen; bei den Jungs taten sich Volker Kreisel, Siegbert Bruss und Horst Zacharias bei den Dreikampf-Meisterschaften besonders hervor und belegten die drei ersten Plätze.

Die Handballspiele fanden weit hinaus über die Gemarkung Brenndorfs statt und führten die Sportler bis nach Schäßburg, Hermannstadt, Agnetheln, Mediasch oder Zeiden, meist mit offenem LKW. Sehr gute Handballer über mehrere Generationen hinweg waren, um nur einige zu erwähnen: Hans Graef sen., Fritz Tontsch, Dieter Kreisel, Werner Martini, Hermann Gölle, Karoline Seimen, Erna Meret, später Doina Radu, Marianne Meret, Gertrud Tontsch, Daniela Serban, Hans Graef jun. und viele andere.

Nach der Auswanderung der Familie im Jahre 1976 stellte Reinhold Kreisel sein trainerisches Talent auch in der neuen Heimat unter Beweis und baute die Damen-Mannschaft „ATV Hückeswagen“ auf, die er neben zwei Jungen- und Mädchen-Mannschaften betreute. Der pensionierte Diplom-Sportlehrer entdeckte sein Hobby als Gemüse- Obst – und Weinbauer neu und machte sich in seiner neuen Umgebung und bei den Brenndörfern einen Namen. Der von ihm angelegte Garten war ein bewundernswertes Prachtstück, in dem immertragende Erdbeeren, Preisel- und Johannisbeeren, Stachel- und Blaubeeren sowie Jona Gold, Roter Boskop und Gavensteiner Äpfel bestens gediehen. Herr Kreisel veredelte junge Apfelbäumchen auf Batull und machte seinen eigenen Wein, den er – in Anlehung an das bekannte deutsche Weinanbaugebiet Kaiserstuhl – „Kreiselstuhl-Wein“ nannte. In der Todesanzeige, die die hinterbliebene Familie in der Siebenbürgischen Zeitung vom 15. November 2005 veröffentlichte, heißt es: „Du siehst den Garten nicht mehr grünen, in dem du einst so froh geschafft, siehst deine Blumen nicht mehr blühen, weil dir der Tod nahm alle Kraft.“

Der trauernden Familie sprechen wir im Namen der „Dorfgemeinschaft der Brenndörfer“ unsere herzliche Anteilnahme aus. Dem bedeutenden Sportler und Sportlehrer Reinhold Kreisel werden viele Generationen von Brenndörfern ein ehrendes Gedenken bewahren. Gott schenke ihm den ewigen Frieden.

Melitta Drechsler

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