Eintrag Nr. 7447

11.08.2004, 22:19 Uhr

anonym [none]

Die versalzene Teeparty

An dem neuen prächtigen Gemeinschaftshaus hatten alle, aber insbesondere die Jugend großen Nutzen. Feiern, Hochzeiten, Theater, Musik und Turnveranstaltungen waren solche Unternehmungen, an denen die Jugend ihren berechtigten Hauptanteil hatte. Gut organisiert in den Vereinen der Bruderschaft und Schwesterschaft, hatten die Burschen und Mädel, auch einen hohen, vielleicht den höchsten freiwilligen Beitrag für die Errichtung des Saales erbracht. Aus diesem Grunde sahen sie es nur richtig und berechtigt, wenn ihre gemeinsamen Veranstaltungen, im Gemeindehaus stattfanden. So hatten die Mädchen unter der Anleitung der Altmagd an einem kühlen Herbsttag beschlossen, einen gemütlichen Teeabend ohne die stets störenden Burschen, abzuhalten. Schnell wurde bestimmt wer was zu bringen hatte, um in der neuen Küche des Saales den Tee und das Dazugehörige vorzubereiten. Einigen Burschen war das geheimnisvolle Getue der Maiden aufgefallen. Sie steckten die Köpfe zusammen und rätselten was denn wohl in Vorbereitung sei, von dem sie nichts wussten. Darauf sagte einer: „Last nur mich machen, ich werde es schon herauskriegen“. Am frühen Abend als seine größere Schwester in Eile war, von zu Hause wegzukommen, verstellte er ihr den Weg und fragte, wohin sie es denn so eilig habe. „Das ist meine Sache, die geht dich gar nichts an“. „Du hast ja Recht“, sagte er und meinte dann so ganz nebenbei: „Auch das du gestern Abend mit dem „schrägen“ Rud im Türchen geknutscht hast, geht mich ja auch nichts an“. Das war jener Bursche vor dem ihr Vater sie eindringlich gewarnt hatte. Erschrocken bat sie ihren Bruder ja nichts dem Vater davon zu erzählen. Er versprach es, und sie sagte ihm dass sie mit den anderen Mädchen der Schwesterschaft bloß einen Teeabend im Kleinen Saal abhalten wollen. Mit dieser Nachricht eilte er zu den auf ihn wartenden Kameraden und sie beratschlagten, wie man den Maiden den Teeabend vergällen könne. Verschiedene Vorschläge wurden in Erwägung gezogen. Einer meinte, man soll den Kurator veranlassen diesen Alleingang zu verbieten. Ein anderer wollte den Auergasbehälter zudrehen der die hellen Lampen des Gemeindehauses speiste. So ging es hin und her, mit Argumenten dafür und noch mehr dagegen, bis der Vorschlag des schlauen Hannes allgemeine Zustimmung fand. „Wir müssen ihnen den Tee versalzen, dass wird wohl keinen großen Schaden anrichten“. Daraufhin erklärte sich der flinke Willi bereit, das Salz aus dem Kaufladen seiner Eltern zu holen, wo es nicht auffalle wenn ein Kilo davon fehle. Und schon war er auf und davon um den „Vergäller“ zu holen. Gut getarnt aus dem Versteck heraus beobachteten die Jungen das Treiben der Maiden. Im Kleinen Saal des Gemeindehauses hatten sie Bänke und schön gedeckte Tafeln aufgestellt. Als Servietten, Teller, Tassen und Kuchen aufgetragen waren, gingen sie in die Küche, um den Tee zu kochen. Inzwischen war es dunkel geworden, so konnten die Burschen jede Bewegung in den hell erleuchteten Räumen sehr gut beobachten. Nachdem der Tee überbrüht war und zum Ziehen abgestellt wurde, rief die Altmagd alle Maiden in den Saal um ihnen etwas mitzuteilen. Dies war der günstige Moment. Zwei kräftige Burschen stellten sich unter das offene Fenster der Küche und hoben den leichten Andy mitsamt dem Salz so hoch, dass er sich am Fensterrahmen haltend in die Küche klettern konnte. Im Nu war der Deckel des Teetopfes angehoben und die deftige Prise Salz von fast einem Kilo, im Topfinneren verschwunden. Der listige Kerl hatte noch Zeit seine Nase über den dampfenden Topf zu hängen um festzustellen dass es Pfefferminzetee war. Dann erdreistete er sich auch noch einen verstohlenen Blick auf die versammelten Hübschen zu werfen, bevor er auf die gleich Weise wie er hinein, wieder rechtzeitig herauskam. Neugierig und voller Schadenfreude warteten die Buben auf den ersehnten Augenblick des Teetrinkens. Kaum waren fünf Minuten verstrichen kamen sechs Mädchen mit Kannen und füllten sie mit dem herrlich duftenden Tee. Im Saal gingen sie von einem Tisch zum anderen und füllten die bereitliegenden Tassen indem sie mit den Bedienten sprachen, scherzten und viel zu lachen hatten. Nach einem kurzen Tischgebet, eröffnete die zweite Altmagd den Teeabend und ermunterte alle anwesenden Schwestern den Kuchen und den Tee zu genießen. Das Gebackene schmeckte vorzüglich aber als sie die Teetassen zum Mund hoben, wurden sie schleunigst abgesetzt und das Gesicht zeigte eine gar verzogene Grimasse. Zuerst waren es nur einzelne die vom Tee gekostet hatten. Als bald darauf auch die anderen die Gesichter verzogen, war es klar dass etwas schief gelaufen war. Wut und Zorn war nun der Gesichtsausdruck, einige eilten in die Küche um die Ursache des verdorbenen Tees zu ergründen. Jetzt war es den Burschen bewusst dass ihr Streich ein voller Erfolg geworden war und sie so die Teeparty der Maiden gründlich verdorben hatten. Obwohl sie vereinbart hatten alles geschehene nicht preiszugeben, ist es dennoch wenn nicht bald so doch später durchgesickert und unter mannigfaltigen Varianten verbreitet worden. Die Mädchen aber haben seither nie mehr eine Party, ohne die Buben abgehalten.

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