13. Januar 2002

Aktuelle Übersicht der Honterusforschung

Die 453. Wiederkehr des Todestages des großen siebenbürgisch-sächsischen Humanisten und Reformators Johannes Honterus (1498 - 1549) ist ein willkommener Anlass, einen kurzen Rückblick auf die Honterusforschung der letzten Jahre zu versuchen. Als Ausgangspunkt kann der Beitrag „Neue Ergebnisse der Honterusforschung aus den letzten Jahren“ dienen, der im Siebenbürgisch-sächsischen Hauskalender 1998 (43. Jahrgang) erschienen und vielen Lesern der Siebenbürgischen Zeitung greifbar ist.
Fast gleichzeitig erschien auch der Beitrag „Honterus (Honter), Johannes, Siebenbürgisch-sächsischer Humanist und Reformator“ in dem Band Ostdeutsche Gedenktage 1998. Die ursprüngliche Fassung dieses letzteren Beitrags, ergänzt mit einem Verzeichnis der Werke von Honterus, einer Auswahlbibliographie, dem Inhalt der „Weltbeschreibung“ sowie mit Daten zur Geschichte des Honterus-Lyzeums in Kronstadt, wurde vom Kronstädter Aldus-Verlag im September 1997 als Broschüre in deutscher Sprache und im Januar 1998 in rumänischer Übersetzung veröffentlicht.
Dank eines Stipendiums der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung konnte ich im Herbst 1997 eine größere Studienreise in mehrere Bibliotheken Deutschlands und der Schweiz unternehmen und dabei aufschlussreiche Ergänzungen zur bisher bekannten Honterus-Bibliographie machen (Karpatenrundschau Nr. 45 vom 8. November 1997). Zu den besonderen Ergebnissen dieser Reise gehörte auch die Einsichtnahme in die „Nomenclatura rerum“ (1592) von Abraham Saur, der den Text des vierten Buches von Honters Weltbeschreibung nachgedruckt hatte (Karpatenrundschau Nr. 47 vom 22. November 1997).
Ein zusammenfassender Artikel „Wo wurden Honterus-Texte gedruckt?“ versuchte eine „Geographie der Honterusdrucke“, wobei 23 Verlagsorte festgestellt wurden, die in den heutigen Ländern Polen, Schweiz, Rumänien, Deutschland, Belgien, Frankreich, Tschechien und Italien liegen und ein eindrucksvolles Bild der Verbreitung von Honterus-Ausgaben vermitteln (Karpatenrundschau Nr. 48 vom 29. November 1997).
1998, das Jahr der 500. Wiederkehr von Honters Geburt, war besonders reich an Ereignissen, Würdigungen und Veröffentlichungen. Von den Beiträgen zum Honterusjubiläum seien hier lediglich der Aufsatz von Hans Meschendörfer „Johannes Honterus - Daten, Namen, Fakten“ in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 7 vom 30. April 1998, über den damaligen Forschungsstand sowie der Beitrag von Balduin Herter „Zur Genealogie Johannes Honterus (1498 - 1549) in der Zeitschrift Siebenbürgische Familienforschung Nr. 1/1998 stellvertretend für viele andere Gedenkartikel erwähnt.
Eine wissenschaftliche Tagung vom 22. - 24. Mai 1998 in der Aula des Kronstädter Honteruslyzeums würdigte die mannigfachen Verdienste von Honterus durch Beiträge der Professoren Dr. Dr. Harald Zimmermann (Tübingen), Dr. Walter König (Reutlingen), Dr. Paul Philippi und Dr. Hermann Pitters (beide Hermannstadt) sowie von Gernot Nussbächer (Kronstadt) und Edit Szegedi (Klausenburg). Die Vorträge wurden später in der Karpatenrundschau abgedruckt, ebenso brachten die Gazeta de Transilvania sowie die Brassói Lapok Aufsätze über Honterus. Gleichzeitig wurde die seit 1973 in der Schwarzen Kirche bestehende Honterus-Dauerausstellung von der Künstlerin Krisztina Szigethy restauriert und ergänzt, Kreisbibliothek und Kreismuseum zeigten je eine Honterus-Ausstellung.
Im Sommer 1998 hatte ich durch ein Stipendium der Stiftung „Domus Hungarica Scientiarum et Artium“ erstmals die Möglichkeit zu Honterusforschungen in Budapest, wo sich nach Kronstadt die meisten Honterusdrucke befinden (Karpatenrundschau Nr. 30 vom 1. August 1998).
Im August 1998 erschien die Kurzmonographie „Johannes Honterus. Der siebenbürgische Humanist und Reformator“ von Prof. Dr. Dr. Harald Zimmermann, herausgegeben vom Bund der Vertriebenen (Bonn) als höchst wertvolle „Arbeitshilfe Nr. 67“.
Als böse Überraschung wurde im Januar 1999 - gerade um den 450. Todestag von Honterus - festgestellt, dass Kinder das Relief „Honterus in seiner Buchdruckerei“ vom Honterusdenkmal gestohlen und das zerstörte Werk als Altmetall „verwertet“ hatten. Mehrere Zeitungsbeiträge erschienen auch zu diesem Thema. Provisorisch wurde die gestohlene Reliefplatte durch eine Kopie der anderen - erhalten gebliebenen - Platte ersetzt. Zur Vermeidung künftiger Beschädigungen wurde im Oktober 2000 ein eiserner Gitterzaun um das Denkmal errichtet. Gegenwärtig arbeitet Wilhelm Roth in Augsburg an einer Nachbildung des alten Reliefs.
Am 19. April 1999 fand in der Aula der Rumänischen Akademie in Bukarest eine Johannes Honterus gewidmete Gedenkfeier statt. Bei dieser Gelegenheit sprachen außer dem Vorsitzenden der Akademie Eugen Simion auch die Akademiemitglieder Dan Berindei, Stefan Stefãnescu, Pompiliu Teodor, der damalige Unterrichtsminister Andrei Marga, die Professoren Dr. Walter König (Reutlingen) und Dr. Paul Philippi (Hermannstadt), danach Gernot Nussbächer (Kronstadt) und das Schlusswort hielt Bischof Dr. Christoph Klein (Hermannstadt). Die Texte der Vorträge wurden in den Memoiren der Rumänischen Akademie, Abteilung für Geschichtswissenschaften und Archäologie (Serie IV, Tom XXIV - 1999) im Jahre 2001 veröffentlicht. Der Beitrag von Gernot Nussbächer erschien auch in der Kronstädter Kulturzeitschrift Astra (Nr. 5/1999).
Erst nach dieser Gedenkveranstaltung erschienen die auf Initiative von Professor Dr. Paul Philippi vom Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien herausgebrachten Neuauflagen von Gernot Nussbächers Bildmonographie über Honterus in deutscher und rumänischer Sprache, die ältere Vorlagen (rumänisch 1977 und deutsch 1978) auf den neuesten Stand der Forschungen brachten.
Ein zweiter Forschungsaufenthalt in Budapest im Sommer 1999 erbrachte wieder neue Ergebnisse. Die „Széchényi“ Landesbibliothek in Budapest hatte im Mai 1999 verbunden mit einer wissenschaftlichen Tagung eine großartige Honterus-Ausstellung veranstaltet, die noch mehrere Monate zu sehen war (Karpatenrundschau Nr. 30 vom 31. Juli 1999). Ebenfalls im Sommer 1999 erschien der „Versuch einer Bibliographie der ausländischen Honterus-Ausgaben“ im Bande „Spiritualitate transilvanã si istorie europeanã“ (Bibliotheca Musei Apulensis, X, Alba Iulia). Als Ergebnis einer Korrespondenz mit der Krakauer Jagiellonen-Bibliothek konnten neue Feststellungen über die Krakauer Nachdrucke von Honters Sternkarten veröffentlicht werden (Karpatenrundschau Nr. 3 vom 22. Januar 2000).
Ein besonderes Ereignis für die Honterusforschung bedeutete im Mai 2000 das Erscheinen des siebenten Bandes von Prof. Dr. Dr. Hermann A. Hienz "Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen". Der Band enthält die bisher umfassendste Honterus-Bibliographie mit fast 450 Titeln aus den Jahren 1874 - 1999.
Ein weiterer Studienaufenthalt in Ungarn - in Budapest und Szeged - führte zu neuen Ergebnissen auch über Honterus und zum Einstieg in die Internetforschung, wobei ich gleich mehrere bisher in der Bibliographie nicht erfasste Ausgaben von Honterustexten feststellen konnte (Karpatenrundschau Nr. 33 vom 19. August 2000). Neue Beiträge zur Honterusforschung ergab auch eine Forschungsreise nach Klausenburg im September 2000 (Karpatenrundschau Nr. 39 vom 30. September 2000).
Auf Grund der Korrespondenz mit der Breslauer Universitätsbibliothek konnte festgestellt werden, dass in Breslau nicht nur die erste Kronstädter Fassung (1541) von Honters Weltbeschreibung 1542, sondern auch 1585 das vierte Buch der Endfassung von 1542 gedruckt wurde (Karpatenrundschau Nr. 46 vom 19. November 2000).
Ebenfalls durch Briefwechsel und Internetrecherchen konnten im Melanchthon-Haus in Bretten ein bisher nicht erfasster Nachdruck von Honters Text in Frankfurt am Main (1595) ermittelt und Kopien davon erworben werden (Karpatenrundschau Nr. 47 vom 25. November 2000). Einen Beitrag über die europäische Dimension von Johannes Honterus veröffentlichte die Kronstädter Kulturzeitschrift Astra (Nr. 9/2000), wobei auf die Ergebnisse der neueren Forschungen hingewiesen werden konnte.
Im Frühjahr 2001 führte ein Budapest-Aufenthalt zu neuen Ergebnissen betreffend Honterus, auch wenn die erhoffte Auffindung eines neuen Beweises seiner Tätigkeit in Basel nicht gelang (Karpatenrundschau Nr. 28 vom 14. Juli 2001). Zwei Deutschlandreisen im Herbst 2000 mit dem Besuch mehrerer großer Bibliotheken erbrachten zahlreiche Beiträge vor allem zur Dokumentation "Honterus in Nachschlagewerken" (Karpatenrundschau Nr. 41 vom 13. Oktober und Nr. 47 vom 24. November 2001). Dazu konnten durch Korrespondenz und Internetrecherchen erstmals Kopien von Nachdrucken von Honterus-Texten aus der Universitätsbibliothek Rostock sowie aus der Sächsischen Landesbibliothek Dresden erworben werden. (Karpatenrundschau Nr. 48 vom 1. Dezember 2001).
Die reiche Bilddokumentation soll zur Illustrierung des Sammelbandes von Aufsätzen zur Honterusforschung dienen, den die Heimatortsgemeinschaft (HOG) Kronstadt und der Förderverein der Siebenbürgischen Bibliothek in Gundelsheim im Jahr 2002 herausgeben wollen.
Zum Schluss dieser kurzen und sicher nicht vollständigen Übersicht möchte ich allen bestens danken, die in den letzten Jahren Honterusforschungen betrieben oder gefördert haben. Das erfreuliche Fazit dieser Zusammenfassung ist, dass die Honterusforschung weiter geht und gehen muss, da es noch viele ungeklärte Fragen zu erforschen gilt.

Gernot Nussbächer


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 1 vom 15. Januar 2002, Seite 7)

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