18. April 2002

Sanktionen im rumänischen Fußball

Erstmals wurden in der höchsten rumänischen Profiliga (Divizia A) Sanktionen wegen Spielabsprachen verhängt. Ausgangspunkt der unerwartet energischen Vorgehensweise gegen die Korruption im rumänischen Fußball war die Art und Weise wie Ceahlaul Piatra Neamt das Heimspiel am 10. März gegen Tabellenführer Dinamo Bukarest verloren hatte.
Obwohl Steaua-Trainer Victor Piturca vor dem Spiel öffentlich gemutmaßt hatte, der Ausgang des Spiels stehe von vornherein fest, agierten mindestens drei Ceahlaul-Spieler so offensichtlich unter ihren Möglichkeiten, dass der Rumänische Fußballverband (FRF) eine offizielle Untersuchung einleitete. Der Vorfall erregte nicht nur die rumänische Fachpresse und Öffentlichkeit, sondern wurde auch im Ausland diskutiert - der Informationsdienst onefootball.com berichtete ausführlich und wiederholt. Auf Druck der öffentlichen Meinung sorgte der FRF für einen Präzedenzfall im rumänischen Profifußball und stellte nach eingehenden Untersuchungen „erdrückende Beweise“ für eine Absprache des Ergebnisses fest. Gegen die beiden Fußballklubs wurden daraufhin Geldstrafen von je 20 000 Euro und ein Punktabzug von drei Punkten verhängt. Die Ceahlaul-Spieler Marian Purica, Angelo Alistar und Florin Axinia wurden für jeweils drei Ligaspiele gesperrt. Allerdings ordnete das Sport- und Jugendministerium am 4. April aufgrund von Formfehlern eine neue Untersuchung des Falles durch den FRF an.
Sowohl Spieler als auch Vereinsbosse bestreiten vehement, dass Ceahlaul sein Heimspiel an Dinamo „verkauft“ habe. Blickt man einige Jahre in die Geschichte der beiden Vereine zurück, scheint das wenig glaubhaft: Ceahlaul Piatra Neamt wurde im November 2000 von der UEFA aufgrund des „Prostituierten-Skandals“ für ein Jahr von allen Wettbewerben ausgeschlossen. Hintergrund war, dass Präsident Gheorghe Stefan dem französischen Schiedsrichter des UEFA-Intertoto-Matches Ceahlaul gegen Austria Wien die Dienste von Prostituierten auf Vereinskosten als Gegenleistung für ein gutes Ergebnis seines Klubs angeboten hatte. Stefan wurde als Hauptverantwortlicher für ein Jahr von allen Funktionen innerhalb der UEFA ausgeschlossen. Auch Dinamo ist in der Vergangenheit nicht immer durch Fair Play aufgefallen. So ist es ein offenes Geheimnis, dass nicht jedes der 46 Tore, die Dudu Georgescu die Auszeichnung „Soulier d‘Or“ als erfolgreichster Torschützenkönig Europas der Saison 1976/77 einbrachten, korrekt zustande gekommen ist. Ähnliche Anschuldigungen gab es bei der Verleihung derselben Auszeichnung an die Dinamo-Stürmer Rodion Camataru (1986/87) und Dorin Mateut (1988/89). Aufgrund dieser schwer nachweisbaren Manipulationen hat France Football den Vergabemodus für den „Soulier d‘Or“ geändert.
Da die wiederholten Korruptionsskandale für die Nichtqualifikation Rumäniens bei der im Mai beginnenden Fußball-WM in Südkorea und Japan mitverantwortlich gemacht werden, scheinen die Liga- und Verbands-Funktionäre erstmals gewillt energisch gegen die Spielabsprachen in der „korruptesten Liga Europas“ (so Der Spiegel) vorzugehen. Inzwischen im Ausland spielende Nationalspieler wie Ioan Viorel Ganea, Gheorghe Popescu und Viorel Moldovan mahnten bisher erfolglos ein rigides Vorgehen der FRF-Funktionäre an, Trainer wie Mircea Lucescu, Laszlo Bölöni und Gheorghe Hagi nannten sogar Namen (fast immer den von Gheorghe Stefan), ohne dass Maßnahmen ergriffen wurden. Erst seit Mircea Sandu im vergangenen Jahr mit dem Versprechen einen „Krieg gegen die Korruption“ in der Divizia A führen zu wollen als Präsident des Rumänischen Fußballverbands wiedergewählt wurde, scheint sich ein Umdenken anzubahnen.

Christian Zgârdea

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