27. Juli 2002

Donaufest mit Schwerpunkt Rumänien

Das 3. Internationale Donaufest in Ulm und Neu-Ulm ist am 14. Juli mit einem Besucherrekord zu Ende gegangen. Unter dem Motto „Donau - Traumfluss nach Europa“ fanden sich etwa 110 000 Menschen ein. Sie strömten auf den Markt der Donaustädte, der an beiden Flussufern aufgebaut war, und erfreuten sich an landestypischen Spezialitäten.
„Das dritte Donaufest ist das Ergebnis der Zusammenarbeit mit anderen Donauländern und –städten. Das Netzwerk Donau, das von Ulm aus gestrickt worden ist, steht und trägt ein solches Festival“, erklärte Peter Langer, der ins Ulmer Donaubüro wechselte und daher bei der dritten Auflage des Donaufestes letztmals der verantwortliche Leiter war. Der Länderschwerpunkt habe sich bewährt, berichtet die Südwestpresse: Die Resonanz auf die Angebote aus Rumänien sei gut gewesen. 12 000 zahlende Besucher wurden bei Veranstaltungen in Sälen und Hallen gezählt, 713 Künstler aus allen zehn Donauländer gestalteten das Programm mit. „Anspruch und Charakter des Donaufestes, das Schaufenster der Donauländer und Ort der Begegnung von dort und hier sein wolle, seien eingelöst worden“, erklärte Langer.

Gleich drei Literaturveranstaltungen im Flussmeisterschuppen zu Neu-Ulm waren dem Schwerpunkt Rumänien gewidmet. Bei einem Gespräch am 12. Juli schilderte Moderator Thomas Rietzschel (Frankfurter Allgemeine Zeitung), was er zu hören bekam, als er Kronstädter Schüler nach ihren Zukunftsplänen befragte. Die Schüler sagten wie aus einem Munde: Wir wollen nach Deutschland. Die Autoren, die Rietzschels Gesprächspartner waren, sind mit Ausnahme von Eginald Schlattner längst im deutschen Sprachraum angekommen. Catalin Dorian Florescu hat Rumänien als Fünfjähriger verlassen und lebt in der Schweiz. Trotzdem sagt er: „Ich bin und bleibe ein Rumäne“ – ein Rumäne freilich, der nicht rumänisch, sondern deutsch schreibt. Der Literaturkritiker und Übersetzer Georg Aescht lebt seit 1984 in Deutschland, Rodica Draghincescu (Jahrgang 1962) ist gerade dabei, in Süddeutschland sesshaft zu werden.

Oskar Pastior, geboren 1927 in Hermannstadt, wurde nach dem Krieg in die Sowjetunion deportiert, in den sechziger Jahren wurde ihm dann „die Gnade der frühen Ausreise“ in die Bundesrepublik zuteil. Als Virtuose im Umgang mit dem Sprachmaterial zeigte sich Pastior bei einer Lesung am 13. Juli. Ein Beispiel: Pastior schaut dem Wort Donau so lange in die Buchstaben, bis er dort die Auen des Don entdeckt und damit tolle Spielereien anstellt.

„Der interessanteste, aufregendste Gast der Abende war Eginald Schlattner“, so die Südwestpresse weiter. Der 69-Jährige lebt als Gefängnispfarrer in Rothberg bei Hermannstadt. Trotz unterschiedlicher Horizonte der Völker und Glaubensbekenntnisse sei in Siebenbürgen eine neue Nachbarschaft entstanden, man rede miteinander. Seine Frau zögere schon, ihn Milch holen zu lassen. „Bis du zurückkommst, ist die Milch sauer.“

Bei einer Lesung am 13. Juli bezeichnete Schlattner seinen Roman „Rote Handschuhe“ als „Bekenntnisroman“. Allerdings befremde ihn die Heftigkeit der Versuche, das Dokumentarische herauszufilten und den Roman nur als Bekenntnis zu rezipieren. Der Schauspieler Michael Degen hatte zuvor aus dem Buch gelesen. Degen fand einen wunderbaren Ton: gewichtig, nachdenklich, dunkel, abgetönt, ohne in Bombast und falsche Dramatik wegzurutschen.

Mit Beethovens 2. Klavierkonzert verzauberten die Musiker der Universität Kronstadt und der Ulmer Fachhochschule das Publikum im Scharff-Haus. Zwischen den beiden Orchestern besteht seit einem Jahr eine Partnerschaft. Unter Dirigent Virgil Bunea ernteten die Musiker tosenden Applaus auch für George Enescus „Rumänische Rhapsodie Nr. 1“. Den Schlusspunkt des Donaufestes setzte am 14. Juli im Ulmer Theater das Radu-Stanca-Ensemble aus Hermannstadt, das das Stück „Reisfleisch und Eselsduft“ aufführte.

S. B.


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 12 vom 31. Juli 2002, Seite 6)

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