10. April 2001

Fragen und Antworten zum neuen rumänischen Restitutionsgesetz

Der Wirtschafts- und Siebenbürgenreferent der Landsmannschaft, Rechtsanwalt Detlef G. Barthmes, beantwortet an dieser Stelle und gegebenenfalls in weiteren Folgen dieser Zeitung die von Landsleuten am häufigsten gestellten Fragen im Zusammenhang mit der neuen gesetzlichen Regelung über die Rückgabe/Entschädigung enteigneter Häuser und Anlagen (ein ausführlicher Artikel des Rumänienexperten Michael Miess wurde bereits in der Ausgabe vom 30. März 2001 veröffentlicht). Wegen der Vielzahl der unterschiedlichen vom Gesetz geregelten Fälle sowie wegen unterschiedlicher Interpretationsmöglichkeiten und der sich erst nach und nach entwickelnden Praxis können diese Informationen - ebenso wie die telefonischen Auskünfte der Landsmannschaft und ihrer Referenten - lediglich eine erste Orientierungshilfe sein, eine im Einzelfall möglicherweise erforderliche anwaltliche Beratung jedoch nicht ersetzen.
Gilt die Frist bis zum 14. Mai 2001 auch für mich?
Zahlreiche enteignete Wohnungen und Wohnhäuser wurden aufgrund des Gesetzes 112/1995 an die damaligen Mieter veräußert. Nur in Ausnahmefällen besteht ein Anspruch auf Rückübertragung dieser Immobilien (dazu weiter unten). Sollte der jetzige Eigentümer die Immobilie jedoch vor Ablauf von zehn Jahren nach Erwerb verkaufen wollen, ist dies nur gegenüber dem früher enteigneten Eigentümer (oder dessen Erben) möglich. Beabsichtigt dieser, die Immobilie gegebenenfalls zu erwerben, muss er dies dem jetzigen Eigentümer bis spätestens zum 14. Mai 2001 anzeigen. Anzumerken ist, dass der jetzige Eigentümer allerdings nicht verpflichtet ist, die Wohnung zu verkaufen.
Kann ich einen Rückgabe-/Entschädigungsantrag auch nach dem 14. August 2001 stellen, falls ich die erforderlichen Informationen vorher nicht erhalte?
Der Antrag auf Rückgabe/Entschädigung muss innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten des Gesetzes (14. Februar 2001), also vor dem 14. August 2001, gestellt werden. Danach sind alle Ansprüche von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Jeder Berechtigte sollte diese Frist daher unbedingt auch dann wahrnehmen, wenn er bis dahin nicht alle erforderlichen Informationen beschaffen kann oder bezüglich der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens noch nicht ganz schlüssig ist. Der Antrag kann später immer noch zurückgenommen oder nicht weiter verfolgt werden. Er muss lediglich Namen und Anschrift des Adressaten, detaillierte Angaben zur Identität des Antragstellers, die genaue Bezeichnung der Immobilie und ihren frei geschätzten Wert enthalten. Die gesamte Dokumentation über das Grundstück, die Berechtigung und die Erbfolge können innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Antragsfrist nachgereicht werden.
An wen richte ich meinen Antrag?
Der Antrag kann sich nach den Bestimmungen des Gesetzes an eine Vielzahl möglicher Adressaten richten. Das einfachste Vorgehen ist, den Antrag zunächst an den jeweiligen Bürgermeister zu adressieren. Sollte eine andere Institution zuständig sein, muss die Stadtverwaltung dem Antragsteller dies grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen mitteilen. Aber Achtung: Erfolgt eine verbindliche Klärung der Zuständigkeit nicht, muss noch vor dem 14. September 2001 Klage gegen den Staat erhoben werden, da bei Unzuständigkeit der Stadtverwaltung sonst die Rechte verloren gehen.
Ist eine Antragstellung über den Gerichtsvollzieher auch dann erforderlich, wenn bereits früher ein Antrag gestellt und/oder wenn ein Antrag per Einschreiben/Rückschein gestellt wurde?
Der Antrag auf Rückgabe/Entschädigung ist zwingend über den zuständigen Gerichtsvollzieher einzureichen, der den Antrag dem Adressaten zustellt. Die Registrierung des Eingangs bei der Registratur des zuständigen Amtsgerichtes (dem der Gerichtsvollzieher angehört) ist für die Einhaltung der Antragsfrist maßgeblich. Dies gilt unabhängig davon, ob früher bereits Anträge gestellt wurden oder andere Verfahren bereits laufen.
Wie schätze ich den Wert meiner Immobilie?
Das Gesetz sieht weder eine Schätzmethode noch Konsequenzen einer fehlerhaften Schätzung im Zusammenhang mit der Antragstellung vor. Demnach kann die Schätzung frei nach den verfügbaren Erfahrungswerten erfolgen. Sollten hier Durchführungsbestimmungen bekannt werden, die eine bestimmte Schätzmethode vorschreiben, werden wir berichten.
Ist das neue Gesetz für mich von Bedeutung, wenn ich mein Eigentum bereits zurückerworben habe?
Bereits zurückerhaltenes Eigentum wird durch dieses Gesetz nicht mehr in Frage gestellt. Ein neuer Antrag ist in diesem Fall nicht mehr erforderlich.
Habe ich auch als nichtrumänischer Staatsangehöriger eine Chance?
Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen rumänischen und nichtrumänischen Staatsangehörigen. Somit können auch von nichtrumänischen Staatsangehörigen sowohl Häuser und Anlagen zurückverlangt als auch die sonstigen Entschädigungsleistungen in Anspruch genommen werden. Lediglich das Eigentum an den Grundstücken kann (anders als das Eigentum an Gebäuden) nicht erworben, sondern lediglich im Zusammenhang mit der Nutzung eines rückübertragenen Gebäudes dauerhaft ebenfalls genutzt werden.
In welchen Fällen kann ich Immobilien zurückfordern, die vom Staat bereits weiterveräußert wurden?
Bereits vom Staat weiterveräußerte Immobilien können in den drei folgenden gesetzlich vorgeschriebenen Fällen zurückverlangt werden (in den anderen Fällen wird nur eine Entschädigung gewährt): (a) wenn die Enteignung ohne Rechtsgrundlage erfolgte und der Erwerber nicht gutgläubig war, (b) in den Fällen, in denen das Vermögen aus politischen Gründen eingezogen wurde und (c) wenn die Veräußerung gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstieß. Voraussetzung ist - außer der Antragstellung vor dem 14. August 2001 - die Erhebung einer entsprechenden Klage vor dem 14. Februar 2002. Ob aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten oder aufgrund völkerrechtlicher Normen auch in anderen Fällen ein Rückgabeanspruch besteht, müsste im Einzelfall sorgfältig geprüft und entsprechend gerichtlich (gegebenenfalls vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte) geklärt werden. Auch wenn der Berechtigte dies beabsichtigt, ist die fristgemäße Antragstellung und die Ausschöpfung der sonstigen gesetzlichen Verfahrensmöglichkeiten zwingend erforderlich.
Müssen Lastenausgleichsleistungen zurückgezahlt werden?
Grundsätzlich ja, und zwar insoweit als durch die Rückübertrag/Entschädigung ein Ausgleich für den Schaden erfolgt, für den Lastenausgleich gewährt wurde. (Darauf ist in dieser Zeitung mehrfach hingewiesen worden.)
Kann ich meine Ansprüche ohne eigenes Risiko einem guten Zweck im Rahmen der Siebenbürgischen Gemeinschaft zukommen lassen?
Grundsätzlich müssen Ansprüche, welche die Berechtigten nicht mehr durchsetzen wollen, nicht verfallen, sondern können einer gemeinnützigen Institution zu einem guten Zweck abgetreten werden. Ob dies sinnvoll ist, kann nur für jeden Einzelfall gesondert geklärt werden. Die Landsleute, die hierzu bereit sind, werden gebeten, sich an den Wirtschafts- und Siebenbürgenreferenten unter der unten angegebenen Anschrift zu wenden.

Detlef G. Barthmes



Weitere schriftliche oder telefonische Auskünfte erteilt unverbindlich der Wirtschafts- und Siebenbürgenreferent der Landsmannschaft, Rechtsanwalt Detlef G. Barthmes, Ramersdorfer Straße 1, 81669 München, Telefon: (089) 68 90 77 0, Telefax: (089) 68 90 77 77, E-Mail: barthmes@kbk.to. Unter der gleichen Anschrift können Musteranträge in rumänischer Sprache (mit deutscher Übersetzung), Checklisten, nützliche Anschriften und weitere Informationen als Hilfestellungen für die eigene Antragsbearbeitung zu einem Kostenbeitrag von 40 DM angefordert werden.

Schlagwörter: Eigentumsrückgabe, Restitution

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