12. Dezember 2004

Flucht im Faltboot

Viele Erlebnisberichte über Siebenbürgen gab es schon zu lesen, aber ein Buch, das die Flucht über die grüne Grenze in den Mittelpunkt stellt, hat Seltenheitswert.
Karl-Rudolf Brandsch, 1931 in Kronstadt geboren, schildert in seinem Buch „Flucht aus dem Reich Ceausescus. 40 km im Fluß Timisch“ seine abenteuerliche Flucht mit einem selbst gebauten Faltboot, die ihn 1970 von Rumänien nach Jugoslawien und letztendlich auch nach Deutschland führt. Bis dorthin ist es allerdings ein langer und steiniger Weg.

Eindrücklich beschreibt Brandsch die lange Nacht im Fluss, den Aufenthalt im jugoslawischen Gefängnis, die Auslieferung nach Rumänien, die dortige Gefängnisstrafe und schließlich die doch noch geglückte, legale Ausreise nach Deutschland. Die Formalitäten und endlosen Behördengänge, die es zu bewältigen gilt, werden vielen Lesern bekannt vorkommen. Brandsch allerdings hat eine neue Perspektive zu bieten: die des Flüchtlings, der die Grenze bereits überschritten hat und durch unglückliche Umstände zur Umkehr gezwungen wird. Diese Perspektive verleiht der Geschichte eine gewisse Brisanz und gleichzeitig Spannung. Wie man mit „Verrätern“, die heimlich über die Grenze fliehen, umgeht, kommt sehr deutlich zum Tragen – im positiven ebenso wie im negativen Sinn. Die Schilderung der Zustände in den rumänischen Gefängnissen der 70er Jahre ist beeindruckend drastisch, und auch die Schikanen der zuständigen Behörden haben ihren Platz in der Geschichte.






Leider ist nicht zu erkennen, dass sich ein Lektor mit dem Manuskript beschäftigt hat, was die Freude beim Lesen etwas trübt. Dennoch ist „Flucht aus dem Reich Ceausescus“ ein gutes, ein spannendes und auch ein wichtiges Buch, weil es sich mit einem Thema beschäftigt, das bisher in der Literatur zu kurz gekommen ist.

Doris Roth


Karl-Rudolf Brandsch: „Flucht aus dem Reich Ceaușescus. 40 km im Fluß Timisch“, Helios Verlag, Aachen, 2004, 183 Seiten, 13,60 Euro, ISBN 3-933608-86-4.

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