13. November 2005

Meeburger Flügelaltar in der Schäßburger Bergkirche

Der im Jahr 1513 in Schäßburg in der Werkstatt des Meisters Johann Stoß, Sohn des Nürnberger Bildhauers Veit Stoß, hergestellte Meeburger Flügelaltar befindet sich heute in der Schäßburger Bergkirche. Nach der Wende Anfang der neunziger Jahre hatte die ev. Landeskirche beschlossen, den wertvollen gotischen Flügelaltar aus Sicherheitsgründen abzubauen und ihn an einen sicheren Ort zu bringen, nachdem mehrere Einbrüche in Kirchen Siebenbürgens stattgefunden hatten (die Siebenbürgische Zeitung berichtete). Der Altar gelangte schließlich in die Klosterkirche nach Schäßburg und wurde im Sommer 2005, nach seiner Restaurierung, in der renovierten Schäßburger Bergkirche aufgestellt.
Ermöglicht wurde dies nicht zuletzt dank des großen Engagements des Schäßburger ev. Stadtpfarrers Hans Bruno Fröhlich, eines Nachkommen des Predigers Johann Meburger. Johann Meburger war Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts jahrzehntelang als Predigerlehrer in der Meeburger Gemeinschaft stark engagiert. Um 1900 wurde unter seiner Leitung die evangelische Schule neben der Meeburger Kirchenburg errichtet. Heute ist diese Schule beispielhaft renoviert. Meburger war auch der Namensgeber der so genannten Predigerverwandtschaft in Meeburg.
Der Meeburger Flügelaltar wurde in der renovierten Schäßburger Bergkirche aufgestellt.
Der Meeburger Flügelaltar wurde in der renovierten Schäßburger Bergkirche aufgestellt.


Der Meeburger Flügelaltar gehört zu den wertvollsten Altären Siebenbürgens, gemeinsam mit dem Schäßburger Martinsaltar, und den Altären von Schweischer und Radeln sowie dem Tobsdorfer Flügelaltar, der sich heute in Mediasch befindet, alles gotische Altäre aus der Werkstatt des Meisters Johann Stoss. Die einzelnen Tafeln des Meeburger Flügelaltars sind in der Meeburger Ortsmonographie detailliert beschrieben. Die Festtagsseite verdeutlicht in vier Bildern die Leidensgeschichte der heiligen Ursula, Tochter des Königs der Bretagne, die vor ihrer Hochzeit mit dem englischen Königssohn den Segen des Papstes empfangen wollte: 1. Fahrt mit dem Schiff rheinaufwärts, 2. Kirchgang in Rom, 3. Einsegnung durch den Papst, 4. Märtyrertod in Köln nach ihrer Rückkehr. Die Werktagsseite stellt in acht Bildtafeln die Leidensgeschichte Jesu dar.

Der Wert des Meeburger Flügelaltars liegt jedoch nicht nur in der bildhaften Darstellung der Kreuzigung Jesu und der Leidensgeschichte der heiligen Ursula, sondern auch in der seltenen Darstellung Jesu als Weltherrscher (zentrale Holzstatue mit Weltkugel). Der besondere Wert des Flügelaltars besteht darin, dass er von einer berühmten deutschen Künstlerfamilie stammt, die als Brückenbauer zwischen West- und Osteuropa betrachtet werden kann: Der Künstler Veit Stoß, Vater des Meisters Johann Stoß - dem der Mühlbacher Altar zugeschrieben wird -, war nämlich nicht nur ein Zeitgenosse Albrecht Dürers, sondern auch einer seiner Nürnberger Mitarbeiter, der schon vor mehreren Jahrhunderten die Verbindung zwischen Süddeutschland und Siebenbürgen aufrecht erhielt.

Meeburg gehörte jahrhundertelang bis in die ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg zum Schäßburger Bezirk, und zwar zum so genannten oberen Schäßburger Stuhl mit dem Vorort Keisd. Somit war die Verbindung der Meeburger zu Schäßburg stets eng, ähnlich wie zum Repser Lädchen, dem sich Meeburg heute verwaltungsmäßig und mundartlich verbunden fühlt. Die Aufstellung des Meeburger Flügelaltars in der Schäßburger Bergkirche ist zu begrüßen. Vor allem, weil dort dessen Ausstrahlung am wirkungsvollsten zur Geltung kommt, um weiterhin Kunstliebhaber von nah und fern zu beeindrucken. Die Internetseite der evangelischen Kirchengemeinde Schäßburg informiert u.a. über die Öffnungszeiten.

Michael Schuller


Bewerten:

6 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.