18. September 2014

Heimatfest in Zied – eine Gemeinschaft in der Verantwortung

Nach mehrjährigen Vorbereitungen fand das 17. Treffen der Heimatortsgemeinschaft Zied vom 9. bis zum 13. August erstmalig als Heimatfest in Zied statt. Der Termin für diese Veranstaltung wurde vom Vorstand der Heimatortsgemeinschaft (HOG) bewusst auf Anfang August 2014 gelegt als Erinnerung an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Gleichzeitig sind es auch 70 Jahre her, seit viele Zieder in den Kämpfen des Zweiten Weltkrieges ihren Blutzoll leisteten. Zu guter Letzt konnte auch die HOG in diesem Jahr ihren 35. Geburtstag feiern.
Als 1995 der letzte Siebenbürger Sachse Zied verließ, schien ein über acht Jahrhunderte altes Kapitel aus der Geschichte dieses Ortes ein Ende gefunden zu haben. Jahre darauf stellte sich heraus, dass dem nicht so ist. Immer mehr ehemalige Zieder kehrten als Sommerurlauber in ihre Häuser zurück und versuchten, deren Verfall, vor allem aber jenen der kirchlichen Gebäude zu verhindern. Was anfänglich Privatinitiative war, wurde ab 2004 unter der Leitung der HOG Zied und ab 2007 unter Mithilfe des Fördervereins „Zieder Kirchenburg e.V.“ bewerkstelligt. Heute deckt die Zieder Kirche ein neues Dach, der Speckturm und große Teile der Kirche wurden neu verputzt, das erhaltene Fragment der ehemaligen Burgbefriedung stabilisiert, das „Trauerhäuschen“ auf dem Friedhof aus Mitteln einer Spende renoviert und auch der Burgberg eingeebnet. Viele im Detail wichtige Reparaturen folgten ergänzend, so die Wiederherstellung des Zugangstors zur Burg, das „Schallendür“.

Vor dem eigentlichen Fest beteiligten sich viele Zieder Sachsen, aber auch Rumänen und Roma am Saubermachen der Kirche, des Gemeindesaales und des Friedhofs. Es sollte ein Fest für alle Bewohner von Zied werden und auch für viele auswärtige Gäste. Am Samstag, den 9. August, verkündeten die Kirchenglocken die Eröffnung des Festes, das über vier Tage gefeiert wurde. Werner Sedler, der Vorsitzende des Vorstandes der HOG Zied, eröffnete die Feierlichkeiten und betonte in seiner Ansprache: „Vor genau 35 Jahren wurde die Zieder Heimatortsgemeinschaft von etlichen Interessierten gegründet. Ihr Ziel war es, den in Deutschland und Österreich lebenden Landsleuten im Zweijahresrhythmus eine Zusammenkunft zu ermöglichen, vor allem um das Gemeinschaftsgefühl unter den neuen Lebensbedingungen zu stärken. Fünfzehn dieser Zusammenkünfte fanden im Laufe der vergangenen Jahrzehnte in Deutschland statt und ein Treffen in Österreich. Zwar gab es bereits früher Vorschläge, ein Treffen in der Heimat zu organisieren. Dies war aber vor der politischen Wende kaum zu bewerkstelligen. Nachdem viele glaubten, das Finis Saxoniae sei auch in Zied endgültig, haben sich heute ganz viele Zieder Sachsen und Gäste hier eingefunden, um auf einer anderen Ebene als der jahrhundertelang erprobten ihre Zugehörigkeit und die Verantwortung für das heutige Zied zu zeigen; dieses auch zur Freude der hier in Siebenbürgen lebenden Sachsen und sicher auch zur Freude der Menschen anderer Nationen, die heute hier leben und die in vielem gute und verlässliche Ansprechpartner geblieben sind.“
Beim ersten Treffen in Zied dankte der HOG ...
Beim ersten Treffen in Zied dankte der HOG-Vorsitzende Werner Sedler den Pfarrern Reinhold Boltres und Prof. Dr. Hermann Pitters für den Gottesdienst und Dienst an der Gemeinde.
Grüße überbrachten sowohl der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Kirchberg als auch Martin Müller, Mitglied des Landeskonsistoriums und erfolgreicher Unternehmer in Siebenbürgen. Am Nachmittag erfreute der Zieder Chor seine Zuhörer mit Liedern im altehrwürdigen Kirchengebäude, viele davon wurden in der vertrauten Mundart vorgetragen. Am Abend ging es im Gemeindesaal mit Tanz und Unterhaltung weiter.

Am Sonntag gestalteten Prof. Dr. Hermann Pitters und der Agnethler Pfarrer Reinhold Boltres den Festgottesdienst. Für ausnahmslos alle, auch für die orthodoxen Teilnehmer, war die Teilnahme daran ein erbauliches, besinnliches Erlebnis. Prof. Pitters ließ in seiner Predigt Erinnerungen an seine Pfarrtätigkeit Mitte der 1950er Jahre in Zied lebendig werden: „Am schönsten war für mich die Begegnung mit der damaligen Jugend, mit ihrer Ordnung in Bruder- und Schwesternschaft, mit dem geordneten, regelmäßigen Kirchgang, mit der freiwilligen Disziplin bei gemeinsamen Arbeiten, das begeisterte Chorsingen. Ich denke an die besonderen feierlichen Beichtgottesdienste vor dem Abendmahlsgang, wie die Männer vor dem Altar und im Chor der Kirche knieten, die Frauen und Mädchen in den Kirchenbänken – ein Bild tiefster Andacht und gelebter Frömmigkeit! Die Gemeinde Zied, wie sie vor einem halben Jahrhundert lebte, in der wir mit meiner jungen Familie ein Zuhause gefunden hatten und viel an Lebenserfahrung lernen durften, ersteht heute vor unseren Augen. Es ist eine versunkene Welt, sie gehört der Vergangenheit an.“ Und doch lebt vieles im Heute auf einer anderen Ebene weiter. Geschlossen ging die Festgemeinde anschließend auf den Friedhof, auf dem beinahe alle Gräber neu bepflanzt worden waren. Hier wurde unter den Klängen der Blaskapelle unter der Leitung von Wilhelm Ehrlich der hier Ruhenden gedacht, auch der Toten des Ersten Weltkrieges. Die zwölfjährige Katharina Rothmann las den in ihrer Familie aufbewahrten Brief des 22-jährigen Johann Ehrlich, eines Zieder Kriegsteilnehmers, an seine Eltern vor. Dass er diese darin um Verzeihung bat, ließ seine Todesahnungen erkennen. Die versammelte Gemeinde fand über diese rührenden Worte den emotionalen Zugang zu dem längst vergangenen Leid. Am Nachmittag wurde im Park vor der Schule eine Linde gepflanzt als Erinnerung an dieses Fest und an die Toten des Ersten Weltkrieges.

Am Montag und Dienstag wurde gebacken, viele Gäste fuhren aber auch nach Albota, wo der Eigentümer Martin Müller eine Führung durch sein Anwesen vornahm. Am Mittwoch bot die Blaskapelle von Reinhardt Reißner aus Neuburg an der Donau ein Konzert, zudem führten unter der Leitung des Kirchberger Bürgermeisters Chirion Stanulet Kinder rumänische Volkstänze vor.

Das Erste Zieder Heimatfest war sicher für alle Teilnehmer ein einmaliges Ereignis, für die heutigen Bewohner von Zied aber gleichzeitig ein Zeichen, dass die Siebenbürger Sachsen noch weiterhin zu diesem Dorf gehören. Es führte zudem den hier Weilenden die auch weiterhin notwendige Verantwortung für das Schicksal der denkmalgeschützten Kirche und Burg vor Augen, ein beeindruckendes Zeugnis sächsischer Geschichte des Ortes. Im Namen des Vorstandes der HOG Zied möchten wir allen Teilnehmern, vor allem aber auch jenen fleißigen Händen, die den Gemeindesaal und den Kirchenraum für die Feierlichkeiten so ansprechend hergerichtet hatten, unseren besonderen Dank aussprechen. Desgleichen auch der Firma Albota, die für das leibliche Wohl der Festteilnehmer gesorgt hat; letztlich allen heute in Zied Lebenden oder wieder Dazugekommenen, die das Fest auch jenseits der Kirchbergumfriedung ins Dorf hinausgetragen haben. Das Fest, das im Zeichen einer gelungenen Baurenovierung stand, bleibt letztlich ein Anfang in einer Verantwortung, von der man sich wünscht, dass auch kommende Generationen junger Menschen mit Zieder Wurzeln sie übernehmen und weiterführen.

Zum Zieder Treffen wurde eine Festschrift herausgegeben. Diese ist unter: info[ät]HOG-Zied.de erhältlich. Das Erste Rumänische Fernsehen drehte unter der Leitung von Christel Ungar-Țopescu eine hochinteressante Reportage. Diese ist unter TVR 1 Akzente, 21. August 2014 im Internet abrufbar.

Werner Sedler

Schlagwörter: Zied, Treffen, Kirchenrenovierung

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