5. Dezember 2013

Den Weg zur interethnischen Verständigung finden: Interview mit Peter Maffay

Zusammen mit 2600 treuen Peter-Maffay-Fans auf der ausverkauften Queen Mary 2 waren Katharina und Herbert Liess fünf Tage lang von Hamburg nach Oslo und zurück unterwegs. Selbst orkanartige Böen mit Windstärke 7 und eine ziemlich raue Nordsee konnten die gute Stimmung auf dem 347m langen und 40m breiten, einst größten Passagierschiff der Welt nicht trüben. Bemerkenswert war auch die Verabschiedung in Hamburg. Als es nämlich „Leinen los“ hieß, ließ Kapitän James Rynt über die Bord-Lautsprecheranlage bekannte Maffay-Hits spielen und bescherte so auch den vielen Zaungästen vor der Elbphilharmonie und an den Landungsbrücken eine große Freude. Drei unvergessliche Konzerte gab Peter Maffay mit seiner Band auf See für seine fantastischen Fans im Royal Theatre, wobei Herbert Liess (Autor des Buches „Mit dem Bizykel unterwegs“) die Gelegenheit nutzte, das folgende Interview mit dem 64-jährigen gebürtigen Kronstädter zu führen.
Bei der Einweihung des Kinderheims am 9. Juli 2011 in Radeln hast du in der, ich zitiere, „längsten Rede deines Lebens“ unter anderem gesagt, dass beabsichtigt ist, in Radeln die Infrastruktur zu verbessern, ein Ärztehaus zu bauen, alte stattliche Gehöfte zu renovieren, eine Kläranlage in Betrieb zu nehmen u.v.a.m. Wie weit sind diese Projekte gediehen?

Ich kann das auch nur grob anreißen. Das Ärztehaus steht und arbeitet bzw. da ist eine Ärztin drin, die arbeitet. Eine Kläranlage ist gebaut. Da muss aber noch sehr viel mehr passieren. Es sind etliche Gebäude im Dorf hergerichtet worden durch die BayWa-Stiftung, zuletzt ein wunderschönes Haus, das Haus des ehemaligen Bürgermeisters Nr. 8, komplett von vorne bis hinten als Ökobauernhof. Wir haben ungefähr 16 Projekte im Dorf laufen, unser Stiftungshaus ist gebaut worden und dient als Stiftungssitz.

Peter Maffay will Kindern eine Perspektive ...
Peter Maffay will Kindern eine Perspektive bieten; hinten die Kirchenburg in Radeln. Foto: Steffen Leiprecht
Ist das Wasserproblem gelöst?

Und jetzt kommt es, und das ist das fette i-Tüpfelchen, die Bohrung hat stattgefunden, die Leitungen für die Wasserversorgung ins Dorf sind gelegt worden und jetzt beginnen wir mit den Anschlüssen für die einzelnen Häuser. Das heißt, die Dinge, die du gerade aufgezählt hast, sind alle eingetreten, und es sind noch zusätzlich andere initialisiert.

Als du Anfang 2008 einen Standort für ein künftiges Kinderheim in Siebenbürgen gesucht hast, standen wohl mehr als 150 Kirchenburgen zur Auswahl. Wieso ist deine Wahl ausgerechnet auf Radeln gefallen und nicht auf eine andere idyllische Ortschaft Siebenbürgens?

Man hätte in der Tat diverse Einrichtungen hernehmen können, um daraus dieses Projekt zu starten. Radeln erschien uns sinnvoll, weil es verkehrsmäßig gut liegt. Es liegt an der Hauptstraße, drei, vier Kilometer davon entfernt, es gibt keine Durchgangsstraße, deshalb bleibt es ruhig drinnen, der Ort ist klein, er ist nicht verbaut, es gibt keine Industrie. Er ist in seiner Konsistenz ungestört. Also wenn wir die Häuser dort wieder herrichten – und dabei sind wir gerade –, kriegen wir wieder ein richtig wunderschönes neues/altes Radeln wieder, so wie es mal war. Das sind so einige Gründe – nach Kronstadt ist es nicht weiter als nach Hermannstadt oder Schäßburg, wenn wir Kinder hinbringen, können sie den Ort leicht erreichen. Wir müssen immer auch daran denken, dass es mal Bedarf gibt an Krankenhäusern usw. Gott behüte, es müssen immer Versorgungsmöglichkeiten da sein, das schien uns in Radeln gegeben.

Du hast in den Kinderheimen auf Mallorca, in Jägersbrunn und Radeln ein großes Engagement für Kinder in Not gezeigt, Du hast die Peter Maffay Stiftung und die Tabaluga-Stiftung gegründet und konntest einiges bewegen. Woher kommt dein außergewöhnliches soziales Engagement für die Schwächsten in unserer Gesellschaft, die teilweise von der Ellenbogenmentalität überschattet wird?

Ich denke, es hat immer zu tun mit den Leuten, denen man begegnet, und der Hinterlassenschaft der Menschen, die einem begegnen. Ich hatte das Glück, einen Mann kennen zu lernen, Jürgen Herrieden, der in Tutzing eine sensationelle Einrichtung leitet für traumatisierte Kinder. Der hat uns von dieser Idee überzeugt. Dann kommt hinzu, dass wir einen gemeinnützigen Verein umgewandelt haben in eine Stiftung, weil der gemeinnützige Verein sehr verschiedene Projekte unterstützt, und wir wollten uns konzentrieren auf eines. Die Bekanntschaft mit Jürgen Herrieden brachte die Kinder in den Fokus und ab da war klar, dass wir uns dem gleichen Thema widmen würden.

Beim Heimattag 2011 in Dinkelsbühl hast du gesagt. „Ich habe einen kleinen Sohn, der ist acht Jahre alt. Wenn der so wird wie die jungen Leute, die ich gestern Abend gesehen habe, habe ich keine Angst.“ Welche Erfahrungswerte gibst du deinem Sohn Yaris auf seinen Lebensweg?

Ich würde mir wünschen, und das ist keine Utopie, dass er ein aufrechter kleiner Mann wird, dass er keine Angst hat vor anderen und immer genügend Mut, seine eigene Meinung kund zu tun, ich wünsche mir, dass er aufwächst in einer Demokratie, die das ermöglicht. Wir alle haben ja noch die Zeit des Kommunismus in Erinnerung und der Diktatur damals, ich hoffe, das bleibt ihm erspart. Ich wünsche ihm, dass er in einer Gesellschaft aufwächst, die stark genug ist, radikalen Normen entgegen zu wirken. Rechtsradikalismus findet z.B. auf der ganzen Welt statt, Terror. Ich wünsche ihm eine Zukunft, die nicht eingeschränkt ist durch religiöse Auseinandersetzungen und durch allzu große Armut. Im Grunde genommen lauter Dinge, die viele Kinder im jetzigen Europa genießen können, und wir alle wissen, was für einen Wert das für das heutige Europa hat, in dem es keine kriegerischen Auseinandersetzungen mehr gibt, von Jugoslawien mal abgesehen, das schlimm genug war, so etwas wie die Weltkriege haben sich nicht noch mal wiederholt – Gott sei Dank – und das ist etwas, was ich ihm wünsche, dass er von solchen Konflikten verschont bleibt. Ich wünsche ihm, dass er Respekt hat vor wichtigen schönen Dingen im Leben, vor Freunden, vor der Natur, vor Menschen, die ihm bedeutungsvoll sind, und vor allem, dass er gesund ist.

Ebenfalls in Dinkelsbühl hast du die Jugend aufgefordert, auf Entdeckungsreise nach Rumänien zu gehen, auf ihr Herz zu hören und ihrem Instinkt zu vertrauen. Was könnte dabei herauskommen? Gibt es eine Vision, die hinter diesem Appell steht?

Ich glaube ausgemacht zu haben, dass viele junge Leute, die die Wurzeln in Rumänien haben, anders an Rumänien ‘rangehen als dies die Generationen davor gemacht haben, die waren sehr betroffen von der Vergangenheit, und daher verständlicherweise eine andere Haltung einnehmen, sicher nicht alle, aber immerhin. Ich möchte erleben, dass junge Leute nach Rumänien reisen, nicht mit revanchistischen Gedanken, indem sie sagen, wir wollen uns alles zurückholen, was unsere Vorfahren besessen haben. Das wird nicht gehen. Wir leben in einer freien Landschaft. Aber sie sollen nicht vergessen, wo sie herkommen, und das sollen sie frei genießen. Es ist schön, zu dieser Kultur sich zu bekennen, wenn man das nicht verbindet mit einem Anspruch, der nicht gerechtfertigt ist. Wir müssen den Weg finden, zwischen den verschiedenen Ethnien eine Verständigung zu erzeugen, welche durch verschiedene Kriege gestört war. Wir müssen den ganzen Hass begraben, der noch in verschiedenen Herzen vorhanden ist. Wir müssen zu Lösungen kommen, die nicht eingeschränkt sind durch Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, nationale Zugehörigkeit usw. Wir müssen kapieren, dass Rumänien genauso wie Deutschland auch zu Europa gehört, und dass es ein geeintes Europa gibt.

Wir sind gerade auf See. Du warst vor ca. zehn Jahren der Erste, der auf der Mall of Fame in Bremen seine Hand im Beton verewigte, und nun bist du der erste Star, den Cunard innerhalb des neuen Projektes Stars at Sea verpflichtet hat. Wie kam es eigentlich dazu?

Ja, wenn meine Hand damals im Beton kleben geblieben wäre, würde ich heute nicht hier spielen können. Das war ein Glücksfall. Irgendwo ist immer irgendjemand der Erste. Ich glaube, dass alles gut verlaufen ist. Wir haben unsere Musik gemacht, den Leuten hat es gefallen und ich denke, dass es zu Nachahmungen kommen wird. Wenn man so will, Udo (Lindenberg) hat lange vor mir schon auf Schiffen gespielt, aber noch nicht auf diesem großen. Ich messe dem keine so große Bedeutung bei. Ich glaube trotzdem, dass es allen soviel Spaß gemacht hat, dass man das wiederholen kann.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Schlagwörter: Musik, Maffay, Kronstadt, Kinder

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