10. März 2016

Ein Sportlerleben für das Kunstspringen: Nachruf auf Herbert Wittenberger

Mit Herbert Wittenberger ist am 31. Januar 2016 einer der erfolgreichsten Wasserspringer und Sportpädagogen aus Siebenbürgen aus dem Leben geschieden. Auf seinem letzten Weg begleiteten ihn in Mühlacker seine Tochter Edda Wittenberger-David, seine beiden Enkelkinder, ein Urenkel, Verwandte und Freunde.
Die Kindheit und Jugend verbrachte der Sohn von Agnes und Richard Wittenberger (stellvertretender Bankdirektor der Bodenkreditanstalt) zusammen mit seinen Geschwistern Richard, Klaus und Grete in Hermannstadt. Von den Nachwirkungen des Krieges blieb er nicht verschont, die deutschen Schulen wurden 1948 aufgelöst und Herbert wechselte in ein rumänisches Fachgymnasium in Mediasch, das er mit Abitur und Textilqualifikation absolvierte.

Schon im gleichen Jahr wurde der sportliche Junge, dem es das Wasserspringen angetan hatte, mit seinem Bruder Klaus und Norbert Hatzack zu den Landesmeisterschaften in Bukarest eingeladen. Es war eine Reise mit Speck und Brot auf einem offenen Lkw (Hermannstädter Zeitung Nr.91/1969). Für alle drei war das auch der Beginn einer wunderbaren Sportkarriere. Die Teilnahme an den Jugendfestspielen in Sofia (1953), Warschau (1955) und Moskau (1957) mit vielen Medaillen machte vor allem Herbert bekannt. Und das Foto der drei Athleten im Synchronsprung vom Turm ging durch die Presse und prägte auch für uns Hermannstädter Wassersportler und Strandbadfans das Bild vom mutigen, talentierten Sportler. Als Emil Fischer den Sprung der drei Turmspringer vom 10-Meter-Turm im ersten olympischen Strandbad Rumäniens fotografierte, gab es die Sportdisziplin Synchronspringen noch nicht, es war eine Erfindung der drei Kunstspringer aus Hermannstadt.
Synchronsprung vom Fünf-Meter-Turm in Bukarest, ...
Synchronsprung vom Fünf-Meter-Turm in Bukarest, 1952, Foto auf der Titelseite der "Stadion" Zeitung (Rumänien) mit den "Meistern des Sports" Klaus Wittenberger, Norbert Hatzack und Herbert Wittenberger (von links nach rechts).
Von 1952 bis 1958 wurde Herbert acht Mal Landesmeister Rumäniens und als „Meister des Sports“ wurde er zusammen mit seinem Bruder Klaus (†1996) und Norbert Hatzack (†2005) zum Begründer einer Springerelite in Hermannstadt, deren Ableger bis in die 70er Jahre reichen sollte. Die Landesmeister/innen dieser Etappe kamen aus ihrer Schule: Magda Schneider, Nora Miess, Ghita Banu und Ion Ganea.

Eine glückliche Fügung war es für den Kunstspringer, aufgrund der konstanten Leistung in den Armeeklub CCA in Bukarest aufgenommen zu werden (1951-1954). Fast parallel dazu absolvierte er per Fernstudium die Sporthochschule in Bukarest 1959, hatte die Gymnasiallehrerin und Philologin Lieselotte, geb. Heitz, geheiratet und 1956 kam Tochter Edda zur Welt.

Seine Laufbahn als Diplomsportlehrer begann er 1957 in der Sportschule Hermannstadt, die bis zu seiner Ausreise (1973) anhielt. In dieser Lebensphase war er vier Jahre lang stellvertretender Direktor der Schule, veröffentlichte wissenschaftliche Beitrage zu seiner Sportdisziplin und das Buch „Schwimmen und Kunstspringen für Schüler“ in rumänischer Sprache. Auf seine Initiative geht die Einführung des Pflichtfachs Schwimmen für die Klassen 2 und 5 an den Hermannstädter Grundschulen zurück.
Herbert Wittenberger (Erster von links) mit der ...
Herbert Wittenberger (Erster von links) mit der Wettkampfgrupppe Hermannstadts bei den Jugendmeisterschaften im Schwimmen 1958.
Nach den üblichen Anerkennungsverfahren in Deutschland begann in Mühlacker am Theodor-Heuss-Gymnasium ein neuer Lebensabschnitt bis zu seiner Pensionierung. Seine Kompetenz, Erfahrung, seine herzliche Art im Umgang öffnete ihm die Herzen seiner Schüler, mit denen er im Rahmen des bundesweiten Projekts „Jugend trainiert für Olympia“ in Berlin bis in finale Wettkämpfe im Schwimmen und Volleyball gelangte. Als Trainer der „Wasserfreunde Mühlacker 1920 e.V.“ war er federführend bei der neu eingerichteten Schwimmschule der Stadt Mühlacker. Die Brüder Wittenberger machten auch auf Bundesebene aktiv als Senioren (Altersklasse 50) mit. Die heute Masters genannten Wettkämpfe von 1984 und 1985 waren ein beachtenswerter Erfolg. Klaus „ersprang“ Bronze vom 1-m-Brett und Herbert wurde in beiden Jahren Deutscher Seniorenmeister vom Turm, in der Kombination vom 1-m-, 3-m- und 10-m-Turm und stand 1985 vier Mal am „Treppchen“.

Privat kamen auch die alten Freundschaften nicht zu kurz. Bei den Treffen der Sportlehrer seiner Hermannstäter Zeit nahm er teil, ob in Mannheim (organisiert von Georg Reherkamp-Bodescu) oder Freiburg (Nora Huber).

43 Jahre nach seiner Ausreise aus Hermannstadt verstarb er nach längerer Krankheit im Kreise seiner Lieben, die zusammen mit Freunden, Sportsfreunden, ehemaligen Schülern, denen er Vorbild war, ihn vermissen und sein Andenken bewahren werden.

Der Dichter Franz Johannes Bulhardt widmete ihm anlässlich seines Erfolgs 1985 ein Gedicht, aus dem die 1. Strophe zitiert sei: „Zum Himmel steigen steile Sprungturmsprossen/ Und eine Brücke scheint in Blau zu ragen/ Dort steht ein Standbild aus antiken Tagen/ Vom vollen Licht der Sonne übergossen.“

Nora und Manfred Huber

Schlagwörter: Sport, Nachruf, Hermannstadt

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