13. Juni 2016

Schulleiter aus Leidenschaft: Gespräch mit Hermann Schmidt (90)

Direktor Hermann Schmidt, eine herausragende Persönlichkeit des Schullebens in Siebenbürgen und Ehrenbürger von Hermannstadt, feierte am 8. April seinen 90. Geburtstag. Zwischen 1956-1958 und von 1980 bis 1998 lenkte und prägte er mit seinem Wirken zunächst als stellvertretender Direktor und danach als Direktor des Brukenthal-Gymnasiums in Hermannstadt das Geschick dieser ehrwürdigen Bildungseinrichtung in entscheidendem Maße. Wie ein Manager hat es Prof. Hermann Schmidt immer verstanden, das Schüler- und Lehrerpotenzial an der Brukenthalschule optimal zu nutzen, um Lernleistung zu fördern und die Schule gleichzeitig als Plattform anspruchsvollen künstlerischen Wirkens für die Schüler zu gestalten. Das folgende Interview führte Dr. Ricky Dandel, bis 1989 Englischlehrer am Brukenthal-Gymnasium, mit dem Jubilar.
Als Direktor haben Sie ein Konzept geschaffen, das die Schule gleichzeitig zu einem Ort fordernden Lernens wie auch zu einer Oase für künstlerische Entfaltung machte. Worin liegt der Wert eines solchen Schulmodells?
Die beste Propaganda im guten Sinn des Wortes kann man nur mit Musik machen. Wir sind sieben Mal in Deutschland und Österreich aufgetreten und haben dabei bis zu 50 000 Zuschauer erreicht. Ich bin an jedem Schulanfang in alle Klassen mit einer Liste gegangen und habe den Wunsch geäußert, dass möglichst viele Schüler in unseren künstlerischen Formationen mitmachen. Das kostet Arbeit, aber für die Schüler ist es ein großer Gewinn. Es gibt insgesamt 28 Videokassetten mit unseren Schülerkonzerten und allen Auftritten in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Videokassette habe ich auch dem Bundespräsidenten Roman Herzog nach unserem Auftritt in Hermannstadt überreicht. Den Tanzkurs für Schüler habe ich bereits 1956 im Brukenthal-Gymnasium und später auch im „Gheorghe Lazăr Lyzeum“ eingeführt. Es gab da auch keine Blasmusik und wir haben eine gegründet. Ganz große Veranstaltungen habe ich auch in der Mittelschule Nr. 2 und im Päda organisiert.

Direktor Hermann Schmidt vor der Aula der ...
Direktor Hermann Schmidt vor der Aula der Brukenthalschule. Foto: Dan Sava
Welche Bedeutung hatte die 600-Jahr-Feier der Brukenthalschule?
Das zweifellos bedeutendste Ereignis in dieser Zeit war 1980 die Feier des Jubiläums zum 600-jährigen Bestehen der Schule. Doch das Zustandekommen der Feier war gefährdet, denn es gab Kräfte, die eine Annullierung der Feierlichkeiten anstrebten. Danach begannen die Schikanen: Es wurden Listen aller Teilnehmer gefordert und der Eintritt war nur aufgrund von Einladungen und Listen erlaubt. Zweitens sollten Gäste aus dem Ausland nicht eingeladen und die einheimischen Vertreter der Kirche von der Liste gestrichen werden. Es war viel Geschick notwendig, um einige dieser Forderungen zu umgehen. Diese Feier, an der 363 Schüler aktiv teilnahmen, hat eine Woche lang gedauert und war eine Gemeinschaftsarbeit von Lehrern, Schülern und Eltern. In der Kulturpolitischen Korrespondenz würdigte Alfred Coulin die 600-Jahr-Feier als „die seit vielen Jahren größte Feier in Siebenbürgen.“

Die Brukenthalschule wurde von insgesamt vier Staatspräsidenten der Bundesrepublik besucht. Welchen Eindruck haben diese Besuche bei den hohen Staatsgästen hinterlassen?
Die Staatspräsidenten Carl Carstens, Roman Herzog, Johannes Rau und Horst Köhler haben die Brukenthalschule bereits besucht, ein Besuch von Präsident Joachim Gauck folgt im Juni 2016. Der Besuch des Staatspräsidenten Carl Carstens fand zwei Jahre später als geplant statt, da Ceaușescu dagegen war, dass auch deutsche Siedlungen in Rumänien besucht werden. Anfangs wurde mir von der Kreisleitung vorgeschrieben, die Ansprache nur in rumänischer Sprache zu halten. Schließlich setzte ich es durch, diese auf Deutsch und Rumänisch zu halten. Nach seinem Besuch schrieb Bundespräsident Carstens mir: „Mit meinen herzlichen und aufrichtigen Wünschen für eine glückliche Zukunft der alten, ehrwürdigen und noch so lebendigen Schule.“ In einem persönlichen Brief schrieb mir der Bundespräsident Roman Herzog: „Das war eine denkwürdige Stunde in einer ehrwürdigen Schule! Danke!“ und Präsident Johannes Rau schrieb ins Gästebuch: „Ich bin dankbar und beeindruckt.“ Nach seinem Besuch in der Brukenthalschule lud der österreichische Vizekanzler Alois Mock den Kammerchor zu einem Konzert nach Österreich ein.

Worin sehen Sie Ihren Beitrag zur Erhaltung der Identität der deutschen Minderheit in Rumänien vor der Wende?
Erstens einmal konnte ich als Universitätsassistent in Klausenburg Kandidaten unterstützen, die bei der Aufnahmeprüfung sonst durchgefallen wären, weil sie von deutschsprachigen Schulen kamen und den Unterrichtsstoff in rumänischer Sprache nicht beherrschten. Viele sind durchgekommen, aber fragen Sie mich nicht wie. In den Jahren 1950 und 1951 habe ich an der Universität Klausenburg mehrere zukünftige Lehrer geprüft. Einige dieser Studenten wurden später Direktoren, z. B. in Schäßburg und an der Honterusschule. Allerdings musste ich bei deutschen Studenten mit den Zehner-Zensuren vorsichtig sein. Des Weiteren konnte ich in meiner Position als stellvertretender Generalschulinspektor die Mitglieder der Prüfungskommission für die Matura bestimmen. Dabei ging es darum, die fähigsten Lehrer dafür auszusuchen und davon haben schließlich die Schüler profitiert.

Fleiß, Disziplin und Ordnung sind Tugenden, die Sie stets eingefordert haben. Sollten diese Tugenden auch heutzutage für junge Menschen wegweisend sein?
Auf jeden Fall. Sie sind heutzutage umso wichtiger, denn ohne sie können wir nicht weiterkommen. Das fängt in der Grundschule an und das gilt bis hinauf zur Universität. In Schäßburg habe ich als älterer Schüler die jüngeren bis zur Quarta unterrichtet, weil damals Lehrermangel herrschte. Wolfgang Breckner war in der zwölften Klasse der beste Schüler an der Brukenthalschule. Als Universitätsprofessor war er einer der strengsten Professoren und ist zunächst Dekan und letzten Endes Vizerektor der Universität Babeș-Bolyai geworden. Disziplin und Fleiß spielen dabei eine tragende Rolle. Er schrieb mir in Bezug auf meine Amtsführung im Vergleich zu meinen Vorgängern: „Es kam Schwung in die Schule.“

Zurzeit schreiben Sie ein Buch. Was sind die Schwerpunkte darin?
Ich habe in diesem Buch versucht, ehemalige Schüler zu würdigen. Erst einmal beachtliche Ergebnisse der Brukenthalschüler, aber nicht nur zu meiner Zeit. Ich glaube insgesamt einhundertfünfzig unter ihnen sind Wissenschaftler und Spitzen der Forschung geworden, so wie z. B. Ihr Bruder (Prof. Dr. Michael Dandel) an der Charité in Berlin oder die Brüder Pop-Eleches, die an der Harvard Universität studiert haben und da unterrichten. Ein anderer Schüler war Milan Hoda, der 1898 an der Brukenthalschule absolviert hat und von 1935 bis 1938 Ministerpräsident der Tschechoslowakei war.

Seinerzeit haben Sie ein Angebot, an der Universität Bukarest zu lehren, abgelehnt und sich stattdessen für Hermannstadt entschieden. War das die richtige Entscheidung?
Ja. In Bukarest kann man sich nicht behaupten. Unter keinen Umständen. Ich war im Führungsrat des Unterrichtsministeriums, aber in der damaligen Periode habe ich in Siebenbürgen mehr für die deutsche Minderheit bewirken können. In Bukarest hätten die mir schon am Zeug geflickt. Mircea Malița hatte mich freundschaftlich davor gewarnt, nach Bukarest zu gehen, und ich befolgte seinen Rat.

Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Lehrer aus?
Erstens einmal können gute und sehr gute Lehrer den Schülern beruflich große Chancen eröffnen. Man kann die Schüler nicht nur nach ihren Noten bewerten, denn man kann sich täuschen, da auch schwächere Schüler es weit gebracht haben. Bei Lehrern ist zunächst das Fachwissen wichtig, dann die Art des Unterrichts. Ein guter Lehrer befasst sich nicht nur mit den guten Schülern. Ganz gleich wie die Schüler sind, man muss jeden Einzelnen fördern. Und ich glaube, dass es eine sehr gute Art war, die ich angewendet habe, dass auch schwächere Schüler in den künstlerischen Formationen mitgemacht haben und auf diesem Weg auch ins Ausland gekommen sind. Es gibt viele Arten, etwas zu lernen.

Herr Direktor Schmidt, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Schlagwörter: Kultur, Schule, Brukenthalschule, Hermannstadt

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