7. Dezember 2008

Musik-CD in siebenbürgisch-sächsischer Mundart

Die „MEMORIES²“-Band hat ihre erste Musik-CD „Waram net saksesch!?“ in siebenbürgisch-sächsischer Mundart herausgebracht. Ziel der beiden Musiker ist es, wie auf der CD-Rückseite vermerkt, „die siebenbürgisch-sächsische Seele zu feiern und unseren einmaligen Dialekt in die Welt zu tragen“. Aus aktuellem Anlass befragte Horst W. Boltres die beiden zu ihrer Arbeit.
Der Name „MEMORIES“ ist vielen Landsleu­ten seit Jahren ein Begriff, ihr zwei seid echte Sieben­bürger Sachsen, Ingmar Eiwen aus Rosenau, Fritz Bretz aus Meschen. Wie kamt ihr dazu, eine CD herauszubringen?

Fritz: Man wird heutzutage von allen Seiten mit Musik berieselt mit mehr oder leider sehr oft weniger Qualität und Aussagekraft. Irgend­wann haben wir uns die berühmte „siebenbürgisch-sächsische“ Frage gestellt: „Sind wir eigent­lich dümmer als die anderen?“

Ingmar: Genau, und so haben wir uns zusammengesetzt, um das Liederschreiben zu probieren. Heraus kam „Briader Misch“. Zum Ro­senauer Skifahren im Winter 2007/2008 haben wir unsere Fans mit „Aff der Hütt“ überrascht, das sofort gut ankam. Anfangs war es schwierig, die richtige Mischung zu finden. Ein rumänisches Sprichwort belehrt uns allerdings, dass „der Hunger beim Essen kommt“; so entstand ein Lied nach dem anderen, irgendwann waren es sieben und da war der Weg zu einer CD mit zehn Titeln greifbar nahe.
Die CD heißt „Waram net saksesch!?“ Ihr habt Mundartlieder komponiert und eingesungen. Waram saksesch?

Ingmar: Es stellte sich die Frage: Was wollen wir eigentlich bewirken? Nur wenige Sieben­bür­ger Sachsen bringen ihrem Nachwuchs unseren Dialekt bei. Im Urlaub sprechen sie untereinander sächsisch, aber kaum kreuzen frem­de Pas­santen den Weg, flüchten sie ins Deutsche. Wa­rum eigentlich? Schämt man sich etwa des Dia­- lektes wegen? Es gibt überhaupt keinen Grund, nicht stolz auf seine Herkunft zu sein. Wir blicken auf eine Geschichte von über 850 Jahren zurück! Unser Volk hat Persön­lich­keiten hervorgebracht wie Johannes Honterus, Samuel von Brukenthal, Stephan Ludwig Roth, ohne Hermann Oberth wären die Amerikaner nie zum Mond geflogen. Faszinierend finde ich, dass es Siebenbürger Sachsen auch in der Gegenwart schaffen, als Persönlichkeiten anerkannt zu werden.

Fritz: Weiter fragten wir uns: „Was können wir tun, damit die Siebenbürger Sachsen wieder sächsisch sprechen?“ Um das zu bewirken, müssen vor allem die Jugendlichen mobilisiert werden. Die Tatsache, dass in den Siebenbür­ger Portalen im Internet sächsisch gechattet wird, es in der Siebenbürgischen Zeitung eine „Sachsesch Wält“, auf Radio RTI „Soxesch Ra­dio“ gibt, beweist das wieder erwachte Interes­se an unserer Sprache. Deswegen auch der rhetorische CD-Titel: „Waram net saksesch!?“.

Wird bei euch daheim sächsisch gesprochen?

Fritz: Klar! Die Schwierigkeit in der sächsischen Konversation mit den Kindern besteht darin, nach Kindergarten und Schule den inneren Sprachhebel auf Sächsisch zu stellen, da sie gewohnt sind, im Spiel und im Unterricht deutsch zu sprechen.

Ingmar: Selbstverständlich wird daheim säch­sisch gesprochen. Anfangs haben meine Jungs Sprache und Dialekt wild durcheinander gemischt, doch haben sie sehr schnell begriffen, dass es sich um zwei „Sprachen“ handelt. Heute wissen sie automatisch, wann sie deutsch und wann sie sächsisch sprechen müssen.
Cover der neuen Musik-CD in siebenbürgisch ...
Cover der neuen Musik-CD in siebenbürgisch-sächsischer Mundart.
Aus den besagten Internet-Foren kann man schließen, dass eure CD gut ankommt. Die unterschiedlichen Musikrichtungen und die lustigen Texte gehen sofort ins Ohr.

Ingmar: Es war eine Menge Arbeit, die damit honoriert wird. Ein weiteres Mysterium ist, dass wir Siebenbürger Sachsen kaum sächsisch singen. Bis auf ein paar alte Lieder ist kein sächsisches Liedgut beim jungen Volk bekannt. Des­wegen war für uns klar, dass wir über alle Ge­nerationen hinweg, mit zeitgemäßer Musik und unterschiedlichen Musikrichtungen möglichst alle Landsleute ansprechen wollen. Wieso die Texte lustig sind? Das Arbeitsleben ist traurig genug, spätestens samstags, wenn man sich bei einer Feier trifft, sollte der tägliche Stress vergessen sein. Genau dafür ist unsere CD entstanden!

Fritz: Wir wollen unseren Dialekt wieder „salonfähig“ machen, das geht nur, wenn die Musik im Auto und auf besagten Feiern läuft. Nur so kann man unsere Jugend mobilisieren. Das bes­te Beispiel gibt das Lied „Aff der Hütt“: Aus einer kleinen Gruppe jugendlicher und junggebliebener Rosenauer Skifahrer ist eine stetig wachsende Schar geworden, die jeden Winter beim Après-Ski mit uns und unserer Musik feiert – das ist der richtige Weg!

Wer schreibt die Texte, wer die Musik? Wel­ches war eure größte Herausforderung?

Fritz: Wir haben beides gemeinsam vollbracht. Klar hat jeder seine Stärken. Wenn’s darum geht, den letzten fehlenden Reim zu finden, fällt Ingmar irgendwann schon was ein.

Ingmar: Und wenn’s darum geht, den Liedern den letzten Schliff in Sachen Harmonie zu geben, ist Fritz der Meister an der Klaviatur. Die größte Herausforderung waren die vielen unterschiedlichen Dialekt-Nuancen. Es ist äußerst schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Als zur Hälfte Durleser habe ich hierbei einen großen Vorteil: sowohl „Burduzisch“ als auch „Hosmokisch“ zu beherrschen. Dement­sprechend haben wir uns nicht auf einen ortsspezifischen Dialekt festgelegt, sondern bunt gemischt.

Für die Leser, die eure CD noch nicht kennen: Worum geht es in den Liedern?

Fritz: „Briader Misch“ handelt vom Zerwürf­nis unseres Volkes, in der Heimat zu bleiben oder auszuwandern und letztendlich von der Tatsache, dass trotzdem die zweite Heimat gefunden wurde, wo man die alten Traditionen aufleben lässt. „Waram net saksesch“ ist die Er­kenntnis, dass es keinen Grund gibt, nicht sächsisch zu reden und zu singen. Ab Lied 3 wird es lustig und das Tanzbein juckt. Die „Treurich Trejn“ ist das Paradebeispiel einer alten Jung­fer. „Mir sejn nichen Superstars“ – das sind wir: einfache sächsische Adjuvanten, aus siebenbürgischer Eiche gehauen. Spätestens bei „Kut dunzen“ sollte keiner mehr sitzen. „Fun Boien uch Blommen“, also „Von Bienen und Blumen“ ist, wie Ingmar meint, die sächsische Antwort auf „I Do It For You“ von Brian Adams.

Ingmar: Das vorletzte Lied, „Derheem“, ist eine Ballade für all diejenigen, die genau wie wir so oft weit weg von daheim sein müssen. Mit dem letzten Titel „En Lejd fiur Dech“ danken wir unseren Liebsten, die viel Verständnis für unser Hobby aufbringen müssen.

Die CD macht einen professionellen Eindruck, seid ihr hauptberufliche Musiker? Wieso habt ihr diesen kostspieligen Aufwand betrieben?

Ingmar: Nein, Musik ist nur unser Hobby. Warum wir keinen Aufwand gescheut haben? Nun, das beruht auf unserer siebenbürgischen Seele: Wenn wir etwas machen, dann etwas Richtiges! Mit einer ohne viel Feinschliff aufgenommenen CD in der Tasche haben wir ein geeignetes Tonstudio gesucht. Nachdem auch der dritte Tontechniker meinte: „Das klingt ja interessant, irgendwie deutsch und doch anders“, haben wir beschlossen, eine professionelle CD aufzunehmen. Diese ist beim Deutschen Rund­funkarchiv in Wiesbaden hinterlegt und kann somit im Radio gewünscht werden. Hierzu genügt es, bei den Sendern anzurufen und unter Angabe der Band (Memories²), des Albums (Waram net saksesch), des LC-Codes (14696-12) den Titel zu wünschen (z. B. „Treurich Trejn“). Anfangs werden die Redakteure noch komisch gucken; je mehr Leute anrufen, desto größer ist die Chance, die Neugierde zu wecken. Wäre doch gelacht, wenn wir es nicht schaffen, im Ra­dio sächsisch zu hören!

Ihr bietet die CD für zehn Euro an. Davon kann man offenbar nicht reich werden. Wo kann man mal reinhören, wo ist die CD erhältlich?

Ingmar: Die CD ist das ideale Weihnachts­geschenk für Siebenbürger Sachsen. Gespielt werden die Lieder auf dem Internetradiosender RTI (www.rti-radio.de), DanceFox4You (www.dancefox4you.de). Reinhören kann man auf www.siebenbuerger.de/medien/audio-video/musik/memories2. Erhältlich ist die CD in unserem Internet-Shop www.memories2.de. Zudem konnten wir einige siebenbürgische Metzger für den Vertrieb gewinnen: Sonntag in Heilbronn, Hermann in Esslingen, Depner in Augsburg, Dootz in Langenzenn und Mooser in Nürnberg.

Euch beiden weiterhin viel Erfolg, auf dass es nicht die letzte CD ist, die es von euch zu hören gibt. Danke für das Gespräch.

Schlagwörter: Musik, Saksesch Wält, CD, Rosenau

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