27. November 2012

Kirchliche Trauung und Hochzeit in Hamruden nach altem Brauch

Am 8. August erfüllte sich ein Kindheitstraum und Gerhard durfte gemeinsam mit seiner Frau Lidia in der alten Heimat, in seinem geliebten Dorf Hamruden, die kirchliche Trauung mit anschließender Hochzeitsfeier nach siebenbürgischem Brauch in sächsischer Tracht feiern.
Am Tag vor der Hochzeit versammelten sich vormittags, bei knapp 40 Grad Celsius, viele junge Männer samt allen Kindern, um mit Pferdewagen und Traktor in den Wald zu fahren und Tannenzweige zu schlagen. Mit Freude und Begeisterung wurden hohe Tannenbäume bestiegen und Äste geschnitten, war es doch für viele Kinder und Teenies auch das erste Mal. Mit großem Hallo und Gesang kam die fleißige Truppe aus dem Wald zurück direkt vor das Haus, in dem das Brautpaar wohnte. Hier wurden sie und viele andere Dorfbewohner und Gäste mit frischer Hanklich und Striezel (Kliutsch) sowie mit kühlen Getränken und Pali empfangen. Nun machten sich die erfahrenen Männer daran, dass Hoftor des Brautpaares sowie den Eingang zum Saal, in dem das Fest am nächsten Tag stattfinden sollte, mit den Tannenzweigen zu schmücken. Nicht fehlen durfte auch das Brett, auf dem mit Tannenzweigen „Willkommen“ geschrieben stand. Bis spät in die Nacht wurde unter der großen alten Linde vor dem Pfarrhaus gefeiert. Als Überraschung tauchte kurz vor Anbruch der Dunkelheit eine 20-köpfige Blasmusikkapelle auf, die von den Komos (Kumpels) des Brautpaares organisiert worden war und viele schöne Stücke zum Besten gab.
Brautpaar vor dem Tor zur Kirchenburg. Foto: Eric ...
Brautpaar vor dem Tor zur Kirchenburg. Foto: Eric Scherer (Soxenfilmierer)
Am Hochzeitstag sah es überall im Dorf festlich aus. Viele Gäste und vor allem viele Jugendliche sah man in Tracht durch das Dorf Richtung Kirche laufen. Der Gottesdienst verlief feierlich, bekannte alte Lieder wurden gesungen und Pfarrer Siegmar Schmidt vollzog eine schöne Trauung. Das begleitende Orgelspiel wurde von Yvonne und Nadine Hallass übernommen.

Es war ein wunderschöner Anblick, die schönen Trachten, die volle Kirche. Nadine Hallas übergab mit einem passenden Text die brennende Hochzeitskerze an das Brautpaar. Tamara, Jessica, Viktor und Helena sangen dann ohne Orgelbegleitung das schöne Hochzeitslied „Nun legen Sie stille zum heiligen Bund“. Es war ein wunderschönes Erlebnis und am Schluss applaudierte die ganze Kirchengemeinde. Tief beeindruckt haben uns die Worte von Pfarrer Schmidt, als er sagte, dass er sich während seines Theologiestudiums eine sächsische Gemeinde in Siebenbürgen genauso vorgestellt hätte, wie er Hamruden in den letzten Tagen während des Treffens und jetzt zur Hochzeit kennengelernt habe.

Nach altem Brauch und Sitte ging es weiter: Die Musikanten rund um Hansi Müller begleiteten das Hochzeitspaar samt den vielen Trachtenpaaren mit Sang und Klang in den Saal. Es gab eine Straßensperre mit der Forderung nach einer Auslöse, die der Trauzeuge bezahlen musste. Am Eingang gab es für jeden einen Pali und/oder eine Vișinată und auch die Hühnersuppe, das Suppenfleisch aus der Suppe mit Püree und süßer Tomatensoße oder sauer Eingelegtes fehlten nicht. Anschließend eröffnete das Brautpaar den Tanz und es wurde fröhlich gefeiert, bis die Braut entführt wurde. Dann suchte der Bräutigam samt Musik und fast der ganzen Hochzeitsgesellschaft im Dorf. In einem kühlen Keller eines alten Bauernhauses wurde die Braut schließlich gefunden. Nachdem der Bräutigam die „Auslöse“ bezahlt und der Braut eine Liebeserklärung gemacht hatte, wurde das Tor geöffnet und alle wurden im Hof von Bretz Horst mit köstlichem Wein verpflegt. Zurück im Saal ging es heiter weiter und nach Mitternacht wurde auch der „Junge Frauentanz“ durchgeführt. Es gab zwischendrin immer wieder gutes Essen und die Musikanten sorgten stetig für eine volle Tanzfläche.

Für die jüngere Generation, viele davon hier in Deutschland geboren, war es sehr interessant zu erleben, wie eine Hochzeit früher auf dem Dorf in Siebenbürgen abgelaufen ist. Abschließend möchten sich Lidia und Gerhard Hallas ganz herzlich bei allen Helfern bedanken, die dazu beigetragen haben, dass ein Traum wahr wurde.

Annemarie Zultner

Schlagwörter: Hamruden, Hochzeit

Bewerten:

41 Bewertungen: ++

Neueste Kommentare

  • 27.11.2012, 10:38 Uhr von mutapitz: Bildunterschrift: "Brautpaar und Kinder vor dem Tor zur Kirchenburg". Wer, bitteschön, hat die ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.