23. Juli 2008

Sorben zu Gast beim Kronenfest in Herzogenaurach

Hervorragendes Wetter bescherte Petrus den Herzogenaurachern bei ihrem diesjährigen Kro­nenfest am 22. Juni. Bereits zum neunten Mal veranstaltete die Siebenbürgische Volkstanz­grup­pe ihr „weit über die Region hinaus beliebtes Kro­nenfest“, wie die Lokalpresse schrieb. Zahlreiche Besucher hatten sich am Weihersbach eingefunden, um gemeinsam mit dem Veranstalter das Fest zu feiern, das mit einer kirchlichen Andacht startete, die Pfarrer Georg Felmer hielt.
Der Got­tesdienst wurde musikalisch begleitet von einem Posaunenchor, bestehend aus Teilnehmern der Kinder-, Jugend- und Erwachsenen-Tanzgruppe unter der Leitung von Tobias Krempels. Mit einem fröhlichen Aufmarsch unter dem Kronenbaum eröffneten viele Trachten- und Volkstanzgrup­penmitglieder das Fest. Den Besuchern bot sich ein vielfältiges und farbenprächtiges Bild verschiedener siebenbürgischer, fränkischer und sorbischer Trachten. Angesichts des Eifers, mit dem die Kinder mitmachten, schlug so manches Oma- und Opa-Herz schneller. Die jüngste Tän­zerin war Amelie Schuster (vier Jahre) von der Kindertanzgruppe Nürnberg.
Mitglieder der Siebenbürgischen Volkstanzgruppe ...
Mitglieder der Siebenbürgischen Volkstanzgruppe Herzogenaurach und der Sorbischen Volkstanz­gruppe Zeißig winken den Besuchern des Kronenfestes von der Bühne zu. Foto: Carla Mattern
Zu den mitwirkenden Gruppen gehörten die Kindertanzgruppe der Siebenbürger Sachsen Nürnberg unter der Lei­tung von Annette Folkendt, die Kindertanzgrup­pe Herzogenaurach unter der Leitung von Rein­hold Burkart, die Jugendgruppe Herzogen­aurach unter der Leitung von Brigitte Krempels, die Fränkische Volkstanzgruppe im Gebirgsverein Loisachthaler unter der Leitung von Koni Gein­zer, die Siebenbürgisch-Sächsische Tanzgruppe Stuttgart unter der Leitung von Sunny Mai, die Sorbische Volkstanzgruppe Zeißig unter der Lei­tung von Gabriele Linack und die von Heidi und Martin Mehburger geleitete Alzener Tanzgruppe. Für die musikalische Untermalung und Unterhal­tung sorgte wie immer die Siebenbürgische Blas­kapelle Nürnberg unter der Leitung von Hans Welther und Richard Taub.

Unter dem Kronenbaum begrüßte der Vorsit­zende der Tanzgruppe Herzogenaurach, Gerhard Berner, die zahlreichen Teilnehmer und Ehren­gäste. „Brücken über Grenzen“ – das Motto des Heimattags 2008 galt auch als Motto des Herzo­genauracher Kronenfestes. In seiner Festrede zitierte Berner den Hermannstädter Bürgermeister Klaus Johannis: die befestigten und bewach­ten Gren­zen seien durch die Europäische Union über­wunden; nun gelte es, die verbleibenden Gren­zen, die in uns Menschen liegen, zu überwin­den. Wir alle müssen mithelfen, diese Barrie­ren zu überwinden, Brücken zu bauen.

Das Kronenfest ist in Herzogenaurach schon längst zu einem festen Bestandteil geselligen Frohsinns geworden. Wieder einmal hatten sich zahlreiche Vertreter aus Politik und Wirtschaft eingefunden, um gemeinsam mit den Ehrengästen des Kreisverbandes Nürnberg die Faszination dieses Festes zu erleben. Die Landtagsabgeord­nete Christa Matschl (CSU) bekundete bei ihrer Gruß­rede ihre Verbundenheit mit den Sieben­bürgern und nannte das Fest einen kulturellen Höhe­punkt in Herzogenaurach.
Kinder beim Aufmarsch des Kronenfestes in ...
Kinder beim Aufmarsch des Kronenfestes in Herzogenaurach. Foto: Brigitte-Berner
Herzogenaurachs neuer 1. Bürgermeister Dr. German Hacker zeigte sich in seiner Rede vor allem von dem außergewöhnlich guten Zusam­menhalt und der inneren Freude der Volks­grup­pe beeindruckt. Es war ihm eine besondere Freu­de, zum ersten Mal als „Hausherr“ die Gäste aus der näheren und ferneren Umgebung zu begrüßen. Der Siebenbürgische Tanzgruppe, die an vielen Veranstaltungen der Stadt teilnimmt, sei es hervorragend gelungen, eine Brücke zwischen älteren und jüngeren Gruppen zu schlagen, einen Spagat zwischen Tradition, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu spannen.

Landrat Eberhard Irlinger unterstrich in seinem Grußwort, dass die Siebenbürger mit ihrem Volkstum und ihren Bräuchen eine Bereicherung für die hiesige Gesellschaft seien, in die sie sich durch ihr Engagement längst integrieren konnten. Sie leisteten einen bedeutenden Beitrag zum wirtschaftlichen Wohlstand in der neuen Heimat in dieser Region. Er äußerte seine Bewunderung, wie hier „Gemeinschaft gelebt wird, wie gut hier Integration und Eingliederung erfolgen“.

Inge Alzner, Vorsitzende des Kreisverbandes Nürnberg, dankte den Mitgliedern der Tanz­gruppe für ihr Engagement, das sie im Laufe der Jahre immer wieder aufbringen, um diese hervorragenden Bedingungen für ein solch gelunge­nes Fest zu schaffen. Mit dem Kronenfest gelinge es den Herzogenau­rachern, einen Teil der Kultur zu zeigen, zu bewahren und weiter zu geben, so Alzner. Gleichzeitig hätten sie damit einen Ort der Begegnung von Bekannten, aber auch immer öfter Unbekannten geschaffen. Durch die eingeladenen Tanzgruppen aus Stuttgart, Nürnberg, Welkenbach und aus der Lausitz kämen interessante Gespräche zustande und würden neue Freundschaften geschlossen.

Brigitte Schramm, Vorsitzende der Domowina, Dachverband aller sorbischen Vereine und Ver­einigungen, bedankte sich ganz herzlich für diese Einladung und nutzte die Gelegenheit, um den Anwesenden die bikulturelle Lausitz etwas näher zu bringen, in der heute ca. 60 000 Sorben leben. Sie sprach die Grußworte in Sorbisch und in Deutsch. Die Sorben sind ein kleines westslawisches Volk, das in Deutschland als nationale Minderheit anerkannt ist. Die Heimat der Sorben ist die Ober- und Niederlausitz in den deutschen Bundesländern Sachsen und Brandenburg. Letz­tes Jahr war die Siebenbürgische Volkstanzgruppe Herzogenaurach zu Gast bei den Sorben, beim Hoffest in Zeißig und beim 10-jährigen Jubiläum der Tanzgruppe Zeißig.

Andreas Roth, der Stellvertretende Landesvor­sitzende in Bayern, betonte in seiner Grußrede die frühere Bedeutung des Kronenfestes im bäuerlichen Alltag und wünschte dem „Altknecht“ trockene Hände und einen langen Atem. Zudem gratulierte er Horst Göbbel zur Verleihung der Bayerischen Europa-Medaille.

Wolfgang Finger, der Ortsvorsteher von Zeißig, überbrachte schönste Grüße aus seinem Heimat­ort und betonte die Begeisterung und Freude, mit der er bereits zum zweiten Mal an dem Kronenfest in Herzogenaurach teilnehme.

Der Höhepunkt war natürlich das Erklimmen des zehn Meter hohen Kronenbaumes durch den Altknecht. Diese Ehre hatte in diesem Jahr Hans Schobel. In seiner Rede dankte er den Bauern, dass sie das Feld so tüchtig bestellt haben, und bat um gutes Wetter und eine reiche Ernte. Dann erfreute er die unter der Krone harrenden Kin­der mit Süßig­keiten. Zuletzt wünschte er aus der Höhe auch der deutschen Nationalmannschaft viel Erfolg im Halbfinale. Nach dem Abstieg tanzte er den Ehrenwalzer mit der diesjährigen „Altmagd“ Anna Gherghel, Mitglied der Jugend­tanzgruppe Herzogenaurach, und eröffnete den Tanz. Mit der „Reklich Med“, getanzt von allen Trachtenträgern, endete der erste Teil des kulturellen Programms.

Nach einer kurzen Pause begeisterten die teilnehmenden Gruppen auf der Bühne am Weihers­bach die Zuschauer mit gekonnten Tanzvorfüh­rungen. Dieser Programmteil wurde von Anne Draser und Tobias Krempels moderiert. Im An­schluss an die gekonnten Darbietungen tanzten die Gäste zu den Klängen der Blaskapelle bis in den Abend hinein. Für das leibliche Wohl war reichlich gesorgt mit siebenbürgischen Köstlich­keiten und kühlem Bier vom Fass. Für das eindrucksvolle Gelingen dieses Kro­nenfestes setzten sich zahlreiche Helfer ein, bei denen die Tanzgruppe sich auf diesem Wege herzlich bedankt. Ein großes Dankeschön geht auch an die zahlreichen Trachtenträger, die uns trotz Hitze mit ihren prächtigen Trachten erfreuten, sowie an alle Gäste, die gerne in Herzo­genaurach das Kronenfest feiern.

Gerlinde Gross; Brigitte Berner

Sorbische Volkstanzgruppe Zeißig dankt

Für uns Mitglieder der Sorbischen Volkstanz­gruppe Zeißig e.V. war das Kronenfest der Sieben­bürgischen Volkstanzgruppe Herzogenaurach der erste Besuch bei den Siebenbürger Sachsen in Mittelfranken. Die Tänzerinnen und Tänzer um den Vorsitzenden der Volkstanzgruppe, Gerhard Berner, waren für uns schon gute Bekannte, denn sie waren im vergangenen Jahr zu Gast bei unserem Hoffest in Zeißig (Sachsen). Nun stand also der Gegenbesuch auf dem Programm. Neu­gierig auf das traditionelle Kronenfest, das Wie­dersehen mit den Herzogenaurachern und auf ihre neue Heimat hatten wir uns auf den Weg gemacht. Unsere Erwartungen wurden um ein Vielfaches übertroffen! Wir wurden so herzlich empfangen, so exzellent mit siebenbürgischen und fränkischen Spezialitäten bewirtet und in den Familien der Tänzer schon wie liebe Freunde aufgenommen: Wir waren überwältigt!

Eine fachkundige Stadtführung durch Herzo­genaurach, ein stimmungsvoller Stadtbummel durch das sehenswerte Bamberg und ein Besuch der Adidas-Arena brachten viele neue Ein­drücke. Dieses Vorprogramm war aber nichts im Ver­gleich zum Kronenfest selbst. Schon am Vortag halfen die Zeißiger Frauen beim Schmücken der Krone und ihre Männer beim Aufstellen des Kro­nenbaumes. Wir erlebten den schweißtreibenden Probe-Kletterakt des Altknechts in die Krone und bewunderten unsere Gastgeber, die mit viel Freude und Fleiß das Fest vorbereiteten.

Bei gut 33 Grad feierten rund 1 000 Gäste beim Kronenfest mit. Auch viele prominente Gäste waren gekommen. Uns Sorben schlug eine nie vorher erlebte Welle der Sympathie entgegen. Wir mussten über das kleine slawische Volk, Tra­ditionen und das heutige Leben mit dem Kampf um den Erhalt unserer Sprache und unserer sorbischen Einrichtungen wie den Domowina-Ver­lag, das Sorbische Nationalensemble, das Sorbi­sche Institut und Museum usw. berichten. Sogar nach unserem neuen sächsischen Ministerpräsi­denten Stanislaw Tillich, der ein Sorbe ist, wurden wir gefragt. Mit viel Applaus wurde uns für die Tänze gedankt.

Als wir am Sonntagabend in unseren Bus stiegen und wieder in Richtung Lausitz fuhren, waren wir uns einig: Das war unsere schönste Fahrt bisher. Vielen Dank noch einmal an unsere Gast­geber aus Herzogenau­rach! Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen!

Carla Mattern

Schlagwörter: Nürnberg, Kronenfest, Minderheiten

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