2. Juni 2010

Heimat durch Bräuche lebendig geworden

„Siebenbürgische Bräuche im Jahreszyklus“ - so war die Brauchtumsveranstaltung des Heimattages 2010 im Programmheft angekündigt worden. Was dann am Pfingstsamstag in der Schranne geboten wurde, ist dem Thema der Überschrift in hervorragender Weise gerecht geworden: In knapp zwei Stunden hatten die Darsteller vor den Augen ihres dankbaren Publikums ein ganzes Jahr mit seinen siebenbürgisch-sächsischen Bräuchen vorbeiziehen und in der Erinnerung lebendig werden lassen. Den verantwortlichen Landesgruppen ist unter Federführung von Brigitte Schneider, Kulturreferentin der Landesgruppe Berlin/Neue Bundesländer, eine gefällige und gleichzeitig informative Veranstaltung gelungen.
Die zahlreichen Lieder, die den gesanglichen Rahmen der Darbietung bildeten, wurden von der Siebenbürger Singgruppe Berlin unter der Leitung von Brigitte Schneider vorgetragen. Von Brigitte Schneider stammte auch der Begleittext, anhand dessen die Sprecher, Anneliese Botian, geb. Orend aus Meschendorf und Klaus Barth aus Hermannstadt, durch das Brauchtumsjahr führten. Brigitte Schneider sprach die Einleitungsworte und zitierte dabei den Volkskundler Adolf Schullerus, der 1926 geschrieben hatte: „Den vollen Pulsschlag des Volkslebens [...] tragen die kirchlichen Feste im Kreislauf des Jahres ...“.
Im Hintergrund die Singgruppe Berlin/Neue ...
Im Hintergrund die Singgruppe Berlin/Neue Bundesländer, vorne überbringt Carolin Knuff (Kindertanzgruppe Pfungstadt) Neujahrswünsche. Foto: Hanne Schuller
Anschließend lud sie zum gemeinsamen Gang durch das Jahr ein. Nach dem Läuten der Neujahrs-Glocken trug die Singgruppe den Kanon „Det Nåjohr as kun“ vor. Zu einem Erwachsenenpaar auf der Bühne kamen Kinder, trugen ihre Verse als Glückwunsch zum neuen Jahr vor und wurden dafür von den Erwachsenen beschenkt.

Bis 1945 war der Blasi der größte Festtag der sächsischen Schuljugend und wurde am 2. Februar, dem Marientag, gefeiert. Zum Blasi wurde von der Siebenbürgischen Kindertanzgruppe Pfungstadt (Hessen), Leitung Hilda Zall, die „Reklich Med“ getanzt.

Der wohl bekannteste und inzwischen auch im schwäbisch-alemannischen Raum integrierte Fastnachtsbrauch der Sachsen ist der Urzelnlauf. Ortwin Gunne, Vorsitzender der Landesgruppe Rheinland-Pfalz/Saarland, erschien mit einigen Urzeln, die auf der Bühne ihren Schabernack trieben und an die Zuschauer Krapfen verteilten. Für Uneingeweihte äußerst lehrreich schilderte Gunne Geschichte und Verlauf des Urzelntages. Mit dem traditionellen „Hirräi!“ verließ die Gruppe die Bühne.

Am Palmsonntag fand in Siebenbürgen die Konfirmation statt. Dazu sang die Singgruppe das Lied „Erhör die jungen Herzen“, Nr. 130 im alten siebenbürgischen Gesangbuch. Oster-Freude erklang im Lied „Eilt zueinander und jauchzet, der Herr ist erstanden!“, Nr. 56 im alten siebenbürgischen Gesangbuch. Während an die Kindertanzgruppe Osterhasen verteilt wurden, sang die Singgruppe „Die Lerche stieg am Ostermorgen“. Zum 1. Mai spielte Marc Trein auf dem Saxophon die Melodie „Der Mai ist gekommen“.

Bereits 1644 wurde in England der Muttertag gefeiert, doch erst nach dem Ersten Weltkrieg setzte er sich in Europa durch. In Siebenbürgen wurde Muttertag in der Kirche gefeiert. Die Singgruppe sang nun das Lied „Motterhärz, ta Ädelstin“ (Worte und Weise von Georg Meyndt). Kinder verteilten Blumensträuße an die Mütter im Saal. Pfingst-Sonnabend musste der Tanzplatz hergerichtet werden, die Kirche wurde mit Maibäumen geschmückt, ebenso wollte doch jeder Bursche seinem Mädchen einen Maibaum aufstellen. Die Singgruppe sang das Lied „Schmückt das Fest mit Maien“, im alten siebenbürgischen Gesangbuch Nr. 70.

Das letzte Fest vor dem Beginn der schweren Arbeit in der Erntezeit war das Kronenfest, am Johannestag (24. Juni) oder Peter-und-Pauls-Tag (29. Juni) gehalten. Im Schrannensaal wurde nun ein schöner Kronenbaum auf die Bühne gebracht. Klaus Barth hielt die Kronenrede - allerdings vom Rednerpult aus. Zum Tanz unter der Krone marschierten die Karpatentänzer Wolfsburg unter der Leitung von Gerhard Schunn, Vorsitzender der Kreisgruppe Wolfsburg, und die Tanzgruppe Kokeltaler, Wolsburg, unter der Leitung von Harald Hermann auf.

Vor Beginn der adventlichen Fastenzeit war die letzte Tanzveranstaltung der Kathreinenball Ende November. Als Beitrag zum Thema Kathreinenball tanzten die Karpatentänzer den „Lüneberger Windmüller“. In Erinnerung an den Totensonntag forderte der Sprecher zu einer Schweigeminute für unserer Toten auf.

Trotz der Fastenzeit gab es allerlei Kurzweil in der Rokestuw, wenn nach 20 Uhr auch die Burschen dazu kamen. Ein Freudenfest, vor allem für die Kinder, war Weihnachten. Sie sangen in der Kirche Lieder, trugen Gedichte vor und freuten sich über Geschenkpäckchen. Passend dazu sang die Singgruppe „E sachsesch Chrästlied“ von Ernst Helmut Chrestel.

Damit war der Gang durch das Brauchtumsjahr beendet. Die Geschwister Marc, Gero und Finn Trein spielten „Mer wälle bleïwen, wåt mer sen“, Satz von Heinrich Bretz. Doris Hutter richtete im Namen des Bundesvorstands, aber sichtlich bewegt auch im eigenen Namen, herzliche Dankesworte an alle Beteiligten, ganz besonders an Brigitte Schneider, der die Gesamtleitung dieser Veranstaltung so gut gelungen war. Dem Vorstand der HOG Wurmloch wurde für die Überlassung des Bühnenbildes gedankt. Mit Begleitung durch die Geschwister Trein wurde zum Abschluss gemeinsam das Lied „Af deser Iërd“ (Worte Ernst Thullner, Weise Hermann Kirchner) gesungen. Man könnte sicher noch mehr sächsische Bräuche und Feste aufzählen. Die hier gebotene Auswahl war jedoch ein reicher Blumenstrauß, den wir dankbar mitgenommen haben.

Bernddieter Schobel

Schlagwörter: Heimattag 2010, Brauchtumspflege

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  • 04.06.2010, 11:03 Uhr von der Ijel: Brauchtum ist passé Herr Schobel die Zeit hat alles wechgehobelt. Wechgeblasen ist der ... [weiter]

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