4. November 2011

Neuer Band von Wilhelm Ernst Roth: Zeitzeugenberichte zum Freikauf

Der für seine Sammlungen von Zeitzeugenberichten bekannte Landsmann Wilhelm Ernst Roth aus Augsburg hat einen neuen Band vorgelegt. In „Die Deutschen in Rumänien. Band II: von 1944 bis 2011. Heim zu den Wurzeln. Zeitzeugenberichte“ beleuchtet er ein äußerst ambivalentes Problem, das alle Deutschen, die seit 1944 Rumänien freiwillig verlassen haben, am eigenen Leibe erfahren mussten: den Verkauf der eigenen Staatsbürger verschiedener Ethnien (Deutsche, Juden und andere), die gegen Bares quasi über den Ladentisch in die Bundesrepublik „verschoben“ wurden. Ein „sozialistisches“ Land, in diesem Fall Rumänien, wegen seiner sprichwörtlichen Misswirtschaft in ständiger Geldnot, entdeckte die Ware Mensch und entwickelte damit einen schwungvollen Handel, der ihm viele hundert Millionen DM eingebracht hat.
Waren es zuerst primär Ausreisearrangements auf privater Ebene, die meistens über Beziehungen zu hochrangigen lokalen Machthabern zustande kamen, so ging diese Praktik mehr oder weniger in geregelte Bahnen über, nachdem 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem kommunistischen Rumänien diplomatische Beziehungen aufgenommen wurden. Der Verfasser des vorliegenden Bandes gibt an Hand von offiziellen Dokumenten sehr detaillierte Angaben über die immer wieder wechselnden Summen, die die rumänische Seite an die berufliche Qualifikation und andere Kriterien der Ausreisewilligen knüpfte, um auf diese Weise das „Kopfgeld“ zu erhöhen. Es waren zeitweilig schwierige Verhandlungen, die meistens nur mündlich fixiert und von der rumänischen Seite niemals unterschrieben wurden. Das war dem Umstand zuzuschreiben, dass die rumänische Seite niemals durch eine geleistete Unterschrift den Abmachungen mit der Bundesrepublik Deutschland einen offiziellen Charakter geben wollte. Das ist natürlich auch ein Hinweis darauf, dass Bukarest sich sehr wohl bewusst war, dass es in diesem Fall das allgemein anerkannte Völkerrecht wissentlich aufs Gröbste verletzte. Der Gesamterfolg dieser über viele Jahre hinweg dauernden Freikaufaktionen war letztlich dem Umstand zu verdanken, dass die rumänische Seite sich bemühte, die Abmachungen zu respektieren, um weiter von substantiellen Deviseneinahmen zu profitieren. Den verschiedenen Bundesregierungen, die von Anfang an den Freikaufaktionen positiv gegenüber standen, war bewusst, dass nur auf diesem Weg, die Deutschen aus Rumänien den Weg in ein menschenwürdiges, freies Leben finden würden.
Es gab auch Stimmen politisch naiver deutscher Kreise in Rumänien, die die Behauptung aufstellten, die Bundesrepublik werbe durch den Freikauf von Deutschen für Rumänien wichtige und qualifizierte Arbeitskräfte ab. Tatsächlich kaufte die Bundesrepublik alle ausreisewilligen Deutschen frei, auch Kinder und Rentner, und entlastete auf diese Weise sogar die Rentenkassen Rumäniens. Den Rumäniendeutschen, die so dem kommunistischen Unrechtsregime entkommen konnten, wurde ein Herzensanliegen erfüllt. Dem Autor sei Dank für die Sammlung und Verbreitung dieser Zeitzeugenberichte, denn wo erfährt man Geschichte authentischer dargestellt als bei denen, die sie unmittelbar am eigenen Leib erfahren haben. Die sich noch an diese schwerste Zeit der Deutschen in Rumänien nach 1944 Erinnernden sollten nicht zögern, das Erlebte schriftlich zu dokumentieren, denn dadurch tragen sie in einem wesentlichen Teil zur Geschichte der Deutschen in Rumänien bei. Die Zeit drängt! Zur Erinnerung sei erwähnt, dass Wilhelm Ernst Roth in seinem Buch „Zwangsarbeit in Rumänien 1950-1961. Oral History“ seine erste Zeitzeugensammlung herausgegeben hat. Sein zweites Buch „Die Deutschen in Rumänien 1943-1953. Oral History“ beinhaltet Aussagen zur schwersten Zeit der Deutschen in Rumänien.

Hans-Joachim Acker

Beide Bände sind wie „Die Deutschen in Rumänien. Band II: von 1944 bis 2011. Heim zu den Wurzeln. Zeitzeugenberichte“, Selbstverlag 2011, 232 Seiten, zum Preis von je 15 Euro erhältlich bei Wilhelm Ernst Roth, Wilhelm-Hauff-Straße 33, in 86161 Augsburg, Telefon: (08 21) 56 55 06, E-Mail: wilhelm.roth[ät]gmx.de.

Schlagwörter: Freikauf

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