1. März 2012

Berliner Veranstaltung zur Situation der Kirchenburgen in Siebenbürgen

Einst waren die siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen ein Ort des Schutzes; hinter ihren Mauern war Leib, Glaube und Speck wohl verwahrt. Bis zum großen Exodus sollte ihnen dieser Charakter bleiben. In den letzten Jahrzehnten haben sie allerdings in der Wahrnehmung einen gewaltigen Wandel vom zuverlässigen Ort des Schutzes zum Ort der Melancholie des Ruinösen durchgemacht. Die Burg von einst ist die Halbruine von heute, die lebendige Dorfkirche ein Denkmal einer prekären Lage. Stiftungen und Heimatortsgemerinschaften, private Initiativen und eine eher schwerfällige staatliche Denkmalschutzbehörde, EU und UNESCO, besonders aber die evangelische Landeskirche, in deren Obhut die Kirchenburgen heute sind, kümmern sich darum, zu retten, was zu retten ist.
Im Jahr 2007 wurde die „Leitstelle Kirchenburgen“ eingerichtet, deren Leiter Philipp Harfmann am 17. Februar 2012 im Rumänischen Kulturinstitut „Titu Maiorescu“ in Berlin eine Präsentation halten sollte. Da er aus persönlichen Gründen verhindert war, wurden die Bilder von Hermine Sophia Untch von der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft Berlin und dem bekannten Filmemacher Günter Czernetzky kommentiert, wobei rege und durchaus kontroverse Diskussionen mit dem Publikum entstanden. Dabei deckten die Wortbeiträge das gesamte Spektrum kunstpolitischer Betrachtung ab: Von Beiträgen resignativer Haltung bis hin zu kritischen Bemerkungen über die Tätigkeit der Leitstelle Kirchenburgen beteiligte sich das Publikum an der Beantwortung der Frage, wie angesichts geringer finanzieller Mittel dem unerbittlichen Lauf der Geschichte Einhalt geboten werden kann, zumal die Gegend von ihrer angestammten Bevölkerung weitgehend verlassen wurde.

In seiner ihm typischen Weise, stets das Positive zu sehen, bot Czernetzky in einer anschließenden Präsentation, die unter seiner Leitung von Studenten der „Lucian Blaga“ Universität Hermannstadt filmisch gestaltet worden war, einen melancholisch-positiven Blick auf einige Ortschaften im siebenbürgischen Harbachtal, die mit einer versöhnlich stimmenden Berichterstattung über ein Dorffest in Alzen endete.

Wie geht es weiter mit unseren Kirchenburgen? Soll man sich auf einige „Leuchtturmprojekte“ konzentrieren, teilweise der Übereignung in andere Hände zustimmen und Unrettbares verloren geben? Mit dem Versprechen, dem abwesenden Referenten bei einer anderen Gelegenheit zur Beantwortung all dieser Fragen zu geben, endete die Veranstaltung in den herrschaftlichen Räumen in Berlin-Grunewald, wobei ein kleiner Umtrunk im Anschluss den Beteiligten noch die Gelegenheit zu weiteren Gesprächen bot.

Jürgen Schlezack

Schlagwörter: Berlin, Kirchenburgen

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Neueste Kommentare

  • 02.03.2012, 19:42 Uhr von kfb2010: Die Ausführungen von Jürgen Schlezack kann ich nur bestätige, eine sehr gelungene Veranstaltung. ... [weiter]

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