21. Juni 2012

Stiftung für Schutz und Erhalt des sächsischen Kulturerbes gegründet

Durch den Gerichtsbeschluss Z. 1714 vom 29. März 2012 und das Zertifikat 1/18. April 2012 vom Gericht Hermannstadt erfolgte die rechtmäßige Eintragung der Stiftung Patrimonium Saxonicum – Stiftung zur Erhaltung des sächsischen Kulturerbes in Siebenbürgen. Ihr Vorsitzender Dr. Hermann Fabini, Träger des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises 2007, stellt die Stiftung im Folgenden vor.
Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Erhaltung des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes zu leisten. Darunter verstehen wir bewegliche und unbewegliche Güter, die als Zeugnis siebenbürgisch-sächsischen Lebens wichtig und erhaltenswert sind. Diese Stiftung konzentriert sich auf den Teil des sächsischen Kulturerbes, der sich heute in Siebenbürgen befindet. Ausgehend von der in Jahrhunderten auf Grund typischer politischer, sozialer und ethnischer Strukturen entstandenen siebenbürgischen Kulturlandschaft erscheint der sächsische Beitrag wichtig als Teil einer Vielstimmigkeit, die gut in den Zusammenhang der Herausbildung europäischer Identität passt. Dieser Beitrag, schon in der städtebaulichen Gestaltung der deutschen Gründungen Siebenbürgens klar erkennbar, sollte über die weitgehende Abwanderung der sächsischen Bevölkerung hinaus erhalten bleiben. Da das in Rumänien befindliche materielle sächsische Kulturerbe sich zum heutigen Zeitpunkt größtenteils im Besitz der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien befindet, beabsichtigt unsere Stiftung, die kirchlichen Institutionen bei der Erhaltung des Kulturguts zu unterstützen. Für die praktische Umsetzung dieses gemeinsamen Zieles bietet die „Kulturerbe-Stiftung“ Kompetenzen besonders in den Bereichen Denkmalpflege, Öffentlichkeitsarbeit sowie Rechtsfragen an.

Das Logo der Stiftung. Graphik: Mark Fabini ...
Das Logo der Stiftung. Graphik: Mark Fabini
Vor der politischen Wende von 1989 konnte unter den Bedingungen des totalitären kommunistischen Regimes die Pflege der kirchlichen Baudenkmäler relativ gut durch die kirchliche Verwaltung organisiert werden. Damals gab es in der Bauabteilung des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A.B. eine Handwerkergruppe, die die Arbeiten vor Ort, zusammen mit den meist ungelernten Kräften der Gemeinden, durchgeführt hat. Unter den Bedingungen der heutigen Marktwirtschaft kann dieses Modell nicht mehr vergleichbar effizient funktionieren, da die Erwerbsmöglichkeiten, die sich gut qualifizierten Arbeitern bieten, schwerlich von der kirchlichen Verwaltung auf Dauer geleistet werden können. Die Diasporasituation der siebenbürgischen evangelischen Kirche, zahlreiche Rückgaben von enteigneten Immobilien an die Kirche, die Liberalisierung des Arbeitsmarktes nach Rumäniens Beitritt zur EU und andere Faktoren der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Situation in Rumänien überfordern den vorhandenen kirchlichen Verwaltungsapparat, vor allem weil dieser vornehmlich auf die seelsorgerliche Betreuung der Gemeinden ausgerichtet ist. In den Bereichen bautechnischer, denkmalpflegerischer und tourismusfördernder Leistungen haben Stiftungen, Vereine oder GmbHs wesentlich bessere Entfaltungsmöglichkeiten. Solche Aktivitäten mit technischem und wirtschaftlichem Charakter können durch unsere Stiftung, möglicherweise auch gewinnbringend, in enger Zusammenarbeit mit der Kirchenleitung, zum Schutz des Kulturerbes der Siebenbürger Sachsen organisiert werden.

Konkrete Ziele und Kompetenzen der Stiftung

1. Förderung der touristischen Nutzung sächsischer Baudenkmäler durch: Veröffentlichungen, wie Denkmalführer, Postkarten, Faltbogen, Denkmalkarten etc. in verschiedenen Sprachen; Vereinheitlichung und Vernetzung der Angebote der Mitarbeiter vor Ort, also der Burghüter, Kuratoren und Verwalter; Publizieren und Pflegen einer Liste mit Adressen und Telefonnummern dieser Ansprechpartner vor Ort.

2. Beratung der Eigentümer in Fragen der Denkmalpflege: Einhaltung der rumänischen Vorschriften im Denkmalschutz, Besonderheiten und typische Vorgehensweisen an siebenbürgisch-sächsischen Baudenkmälern und Kunstobjekten. Planung von Vorhaben, die den Zielen der Stiftung entsprechen. Durchführung von Ausschreibungen und Vergabe von Aufträgen. Vermittlung von kompetenten Partnern mit Erfahrung im Bereich Restaurierung, Abrechnungen.

3. Beratung der Eigentümer in Rechtsfragen, besonders Baurecht: Ausarbeitung von Modellverträgen für Verpachtung, Vermietung und Veräußerung von denkmalgeschützten und anderen Immobilien, rechtliche Fragen zur Bewirtschaftung von Immobilien.

Entsprechend diesen Aufgabengebieten folgen einige Einschätzungen der aktuellen Situation und der Möglichkeiten für einen aktiven Schutz unseres Kulturerbes. Nachdem in vielen ländlichen Ortschaften durch die Auswanderung der sächsischen Dorfbewohner die Kirchen kaum noch gemäß ihrer ursprünglichen Bestimmung als Gotteshäuser genutzt werden, bleibt doch ihr kultureller Wert, im Sinn der eingangs beschriebenen Perspektive, bestehen. Allerdings hängt ihr Denkmalcharakter – ihre Botschaft – auch mit dem Erhaltungszustand zusammen. Einige wichtigere Baudenkmäler, wie z.B. die Kirchenburgen in Birthälm, Tartlau, Deutsch-Weißkirch, Wurmloch, Heltau, Trappold und Honigberg, wurden in den letzten Jahren zunehmend sowohl von Einzeltouristen als auch von Busreisegruppen besucht. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, ist es nötig, das touristische Angebot zu vereinheitlichen und vor Ort über Informationstafeln sowie gedruckte Publikationen dem Besucher die nötigen Auskünfte zu vermitteln, da andernfalls der Eindruck von mangelndem Interesse und Inkompetenz entstehen könnte. Wie ein solches Aufgabenfeld effektiv umgesetzt werden kann, ist bei den Moldauklöstern zu sehen, wo der von Nonnen verwaltete Massentourismus vielerorts annähernd reibungslos funktioniert.

Einen der wichtigsten Bestandteile der Marktwirtschaft stellt die transparente Konkurrenz dar, die im Bauwesen durch Wettbewerbe und Ausschreibungen erreicht wird. Die heutige Gesetzgebung Rumäniens ermöglicht eine korrekte Durchführung von Ausschreibungen zur Planung und Ausführung von Bauvorhaben. Da Baufirmen zumeist dauerhaft sichtbare Objekte realisieren, kann der Auftraggeber sich vor allem durch Analyse und Auswertung von Referenzobjekten ein Bild über die Kompetenz der Bewerber machen. Erfolgt diese Überprüfung nicht unter strengen technischen und moralischen Kriterien, besteht, da oft beträchtliche finanzielle Mittel im Spiel sind, ein sensibler Angriffspunkt für Korruption. Absprachen oder Manipulation der eingereichten Unterlagen lassen sich vergleichsweise schwer nachweisen.
Die Kirchenburg in Eibesdorf. Foto: Dr. Hermann ...
Die Kirchenburg in Eibesdorf. Foto: Dr. Hermann Fabini
Die Frage nach Moral und Kompetenz stellt sich im Bereich der Denkmalpflege noch aus einem weiteren Grund: Immer wieder ist zu entscheiden, wie viel Originalsubstanz ersetzt werden muss, um ein Baudenkmal möglichst originalgetreu zu erhalten. In der Praxis ist das Ersetzen alter Bausubstanz durch neue Materialien viel einträglicher als die arbeitsaufwändige Reparatur oder Instandsetzung der alten Substanz. Dementsprechend wird auf manchen Baustellen bei Beginn der Arbeiten möglichst viel abgerissen – der Bauherr kann nachher nur mit großem Aufwand den Beweis erbringen, dass die alte Substanz hätte erhalten werden können, was natürlich den Verlust auch nicht rückgängig macht. Eine andere Möglichkeit der Gewinnmaximierung ist das Aus­dehnen der Bauzeit, was durch zahlreiche Argu­mente motiviert werden kann: aufwändige Fachstudien, zusätzliche Untersuchungen, komplizierte, kostspielige Lösungen, Überschreitung der vorgesehenen Mittel u.a. Um hier sachgerecht zu entscheiden ist technische Kompetenz, vor allem aber Verantwortungsgefühl gefragt. Als Beispiel bietet sich die Baustelle einer unserer Stadtpfarrkirchen an, wo seit über 20 Jahren gearbeitet wird und aus heutiger Sicht ein Ende der Arbeiten nicht abzusehen ist.

Dass Korruption bei der Auftragsvergabe durchaus vermieden werden kann und dass es geschickte und engagierte Handwerker entgegen einer verbreiteten Meinung in Rumänien noch gibt, soll im Folgenden durch ein Gegenbeispiel belegt werden. 2009 entschied sich die Stadtpfarrgemeinde Mediasch anstelle einer 1990 für Hilfsgüter erbauten Lagerhalle ein Gemeindehaus zu errichten. Die Erlangung der Baugenehmigung gestaltete sich schwierig, da der Bauplatz sich in denkmalgeschützter Zone befand und in der ersten Genehmigung der Denkmalbehörde das Verwenden von Solartafeln auf dem Dach des Hauses untersagt wurde. Eine zweite Eingabe bei der Bukarester Zentrale hatte Erfolg. Auch in Bezug auf das Konzept der Heizung – bedingt durch die Rückgabe von Wäldern an das Bezirkskonsistorium ist eine Zentralheizung mit Holz für Gemeindehaus, Pfarrwohnungen und Büros geplant worden – waren zusätzliche Planungsleistungen nötig. Alle Arbeiten, sowohl Bauwerk als auch Installationen, sind ausgeschrieben worden und die eingereichten Angebote von einer Kommission, bestehend aus Vertretern der Kirchengemeinde und entsprechenden Fachleuten, bewertet worden. Entscheidend bei der Beurteilung war außer dem finanziellen Angebot die Besichtigung von Referenzobjekten, die es ermöglichte, die professionelle Kompetenz der in Frage kommenden Firmen zu beurteilen. Die Vergabe erfolgte im Frühjahr 2010 mit Termin November 2010. Da noch Änderungen seitens der Bauherrschaft gewünscht wurden und die Arbeiten im Winter sich verzögerten, erfolgte im Einvernehmen von Bauherrschaft und -firma der Abschluss der Arbeiten am Gemeindehaus im April 2011. Diese Arbeit kann als Beispiel dafür dienen, dass unter den gegebenen Voraussetzungen in Rumänien sowohl das Mitspracherecht der Gemeinde als auch die Transparenz von Investitionsleistungen gewährleistet werden können.

Bei der Verwaltung der kirchlichen Immobilien stellt sich immer wieder die Frage: Kann ein Objekt erhalten werden oder ist es besser, es zu veräußern, um seinen Erhalt in Zukunft zu sichern? Das trifft besonders auf Pfarrhäuser zu, die zusammen mit den Kirchen meistens eine Einheit bilden. Hier lohnt es sich, einen Modellvertrag – in Anlehnung an in Deutschland übliche Erbpachtverträge – zu erarbeiten, die sowohl einem potentiellen Investor die nötige Garantie für seine Investitionen als auch der Kirche die Möglichkeit einer Einflussnahme auf das Objekt in der Zukunft gewährleistet.
Die Schwalbennestorgel in Reps. Foto: Dr. Hermann ...
Die Schwalbennestorgel in Reps. Foto: Dr. Hermann Fabini
In dem Vorwort zur englischen Ausgabe unseres Buches „Die Kirchenburgen der Siebenbürger Sachsen“ (Monumenta-Verlag Hermannstadt, 2009) beschreibt der englische Thronfolger Prinz Charles in bewegenden Worten seine Begegnung mit dem siebenbürgischen Kulturerbe: „Seit meinem ersten Besuch in dieses Gebiet Rumäniens, es war 1997, bin ich vom kulturellen Reichtum und von der wundervollen, naturbelassenen Landschaft der sächsischen Dörfer Siebenbürgens fasziniert gewesen; darüber hinaus von den außergewöhnlichen mittelalterlichen Kirchenburgen, die immer noch die alten Städte und Dörfer beherrschen und einen Mittelpunkt für das Überleben des Erbes der Architektur, Kunst, des Handwerks und der einheimischen Tradition darstellen. Als mächtige Symbole achthundertjähriger Entschlossenheit, von Mühen und häufigen Drangsalen, überleben sie als sichtbare Verkörperung des wichtigen deutschen Beitrags zur Entwicklung des mittelalterlichen Zentral- und Osteuropa.“

Ein von außen Betrachtender schildert hier eindringlich, wie im siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbe viel vom Leben und der Haltung unseres Volkes erkennbar bleibt. Über Generationen bildet es für uns einen „Identitätsspeicher“, kann aber auch Nichtsachsen bereichern, so wie Kirchenbauten über ihre religiöse Funktion hinaus beeindrucken können. Diese seelische Bereicherung sollte das hohe Maß an Verantwortung bestimmen im Kampf gegen materielle Bereicherung, falls diese zu Schädigung oder Verfälschung von Kulturgütern führt. Unbestechliche, fachlich fundierte Kontrolle ist bei der Vergabe von Teilen des Planungs- und Restaurierungsprozesses unerlässlich. Um solche Aufsicht und Beratung zu leisten, hat unsere Stiftung als Nachfolgeinstitution des Architekturbüros Fabini optimale Voraussetzungen. Wir sind der Meinung, dass es einer Anstrengung wert sei, sich für das sächsische Kulturerbe, das „Patrimonium Saxonicum“ einzusetzen; pflanzen wir also auf diesem Gebiet, zusammen mit anderen, die sich für diese Idee begeistern lassen, Luthers sprichwörtliches Apfelbäumchen in Siebenbürgen.

Dr. Hermann Fabini

Schlagwörter: Kulturerbe, Stiftung, Gründung, Siebenbürgen

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Neueste Kommentare

  • 22.06.2012, 13:04 Uhr von Rampelt: Bemerkenswertes Vorhaben. Damit eine Stiftung helfen kann muss aber zu erst ihr geholfen werden, ... [weiter]
  • 21.06.2012, 19:54 Uhr von Melzer, Dietmar: Es wäre sehr schön, wenn auch die Kirchenburg aus ... [weiter]

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