29. Juni 2012

Musikalischer Sommer im Burzenland

Was die Musikszene im Burzenland anbelangt, hat sich in den vergangenen Jahren vieles verändert. Zwar sind es nicht unbedingt die bekannten Formationen: die Burzenländer Blaskapelle, der Bachchor und der Jugendbachchor der Schwarzen Kirche, das Kinder- und Jugendensemble „Canzonetta“, die Kirchenchöre Zeiden oder Heldsdorf, seit einigen Jahren wieder auch die Kirchenchöre in Petersberg und in Honigberg u.a. – alle sind präsent und aktiv. „Was sich maßgeblich verändert hat, das sind die Instrumente“, sagt Dr. Steffen Schlandt, Kantor der Kronstädter Honterusgemeinde und Initiator zahlreicher Orgelrestaurierungsprojekte. „In den neunziger Jahren habe ich die Instrumente des Burzenlandes kennengelernt. Ihr Zustand war als traurig zu bezeichnen: Fast alle Orgeln waren verstaubt, verstimmt, restaurierungsbedürftig. Heute kann man wieder in beinahe jeder Kirche oder Kirchenburg im Burzenland die Orgel spielen.“
In der Tat wurden allein von 1997 bis 2012 insgesamt 14 Orgeln im Burzenland restauriert oder saniert – meist aus Mitteln der Kirchengemeinden selber, aber zunehmend auch aus Spenden von Firmen, Privatpersonen oder Unterstützungen des anwesenden Konzertpublikums. Die Ansiedlung einer Schweizer Werkstatt für Orgelbau in Honigberg trug dazu in entscheidendem Maße bei. Auch der Orgelbauer Hermann Binder aus Hermannstadt konnte etliche Instrumente im Burzenland restaurieren. „Damit ist das Einfachere getan“, sagt Steffen Schlandt. „Die Kirchen sind in verhältnismäßig gutem Zustand, die Orgeln sind spielbar.“ Doch wie bringt man neues Leben in alte Mauern? Wie macht man die Einheimischen und die Besucher auf die Sakralbauten und auf die Musik im Burzenland (wieder) aufmerksam?

Organist Steffen Schlandt leitet die Bachchöre ...
Organist Steffen Schlandt leitet die Bachchöre der Schwarzen Kirche seit 2004. Er hat die Reihe „Diletto musicale“ initiiert und koordiniert die musikalischen Projekte der Kronstädter Honterusgemeinde. Foto: Bela Benedek
Diese Fragen scheinen teilweise beantwortet zu sein, denn seit einigen Jahren wächst eine Sommerspielzeit des Burzenlandes zusammen, die landesweit einzigartig ist. Die älteste „Komponente“ und Grundlage ist die Orgelspielzeit in der Schwarzen Kirche, die ununterbrochen seit 1953 zu dem Sommerprogramm der Honterusgemeinde gehört und heuer ihr 60-jähriges Bestehen feiert. Dieses Jubiläum soll auch in die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit gelangen, und zwar am 4. August, mit einem feierlichen Nachtkonzert, das Spinett-, Virginal-, Pianoforte-, Klavier- und Orgelmusik umfassen wird und live aus der Schwarzen Kirche auf den Marktplatz übertragen werden soll.

Die Kammermusikreihe „Diletto musicale“, die seit 1999 in der Tartlauer Kirchenburg stattfindet, ist viel jünger und trotzdem ein Publikumsrenner. Sie war quasi der erste Versuch, die hochkarätigen Konzerte aus Kronstadt aufs Land zu „exportieren“ und somit das Kulturgut der umgebenden Dörfer ins Scheinwerferlicht zu rücken. Das schöne Gotteshaus in Tartlau, die Kulisse der Kirchenburg, die gute Akustik, das einzigartige Musikprogramm, die guten Verbindungen nach Kronstadt – all das hat zum Erfolg beigetragen. Diesen Erfolg wollen nun auch andere Burzenländer Gemeinden weiterführen. So haben im Sommer 2010 die beiden Kirchenmusiker Steffen Schlandt und Paul Cristian die Reihe „Musica Barcensis“ ins Leben gerufen, die den erklärenden Untertitel „Geistliche Konzerte in Kirchen des Burzenlandes“ trägt und heuer zum dritten Mal in Weidenbach, Honigberg und Rosenau ausgetragen wird. „Gleichaltrig“ ist der „Bartholomäer Konzertsommer”, der von Paul Cristian, dem Bartholomäer Hausorganisten, koordiniert wird. Unabhängig von diesen Musikreihen gibt es auch Konzerte in Zeiden, Petersberg und Honigberg, gelegentlich in Neustadt, Wolkendorf und Heldsdorf.
Nach einem Sommerkonzert in Rosenau mit ...
Nach einem Sommerkonzert in Rosenau mit Barockmusik aus Südamerika: der Jugendbachchor und Steffen Schlandt, die Sängerin Theresia Bothe, das Gitarrenduo Olivia Iancu und Claudiu Lobonț sowie das „Codex“-Ensemble.
Gerade in Zusammenhang mit diesen „etwas jüngeren“ Konzertreihen oder den einzelnen Musiknachmittagen stellt sich die Frage des Publikumsinteresses. „Das Publikum ist eine der schwierigsten weil unberechenbaren Komponenten“, sagt Steffen Schlandt. „Wir bemühen uns, ein Publikum ‚aus dem Nichts’ neu zu erschaffen oder zu ‚erziehen’, das kulturelle Erbe zu pflegen und weiterzugeben. Leider ist nicht das sächsische Publikum der tragende Pfeiler, man freut sich aber, wenn man merkt, dass sich auch Menschen, die nicht zur Kirchengemeinde gehören, für die Konzerte interessieren.“ Insgesamt werden diesen Sommer in den Burzenländer Kirchen und Kirchenburgen etwa 60 Konzerte stattfinden, und zwar in den Monaten, wenn alle anderen musikalischen Institutionen der Stadt Sommerpause haben – für die ganze Gegend nicht nur ein Ausgleich, sondern vor allem ein Mehrwert.

Ebenfalls vor einem Jubiläum stehen die Festspiele „Musica Coronensis“: Die zehnte Auflage ist für den 10. bis 14. Oktober vorgesehen und widmet einen Teil ihres Programms dem Komponisten Norbert Petri, dessen 100-jähriges Jubiläum gefeiert wird. Im Rahmen der Konzertreihe soll die frisch restaurierte Orgel in Reps wieder eingeweiht werden. Das Besondere an „Musica Coronensis“ ist sicherlich die Entdeckungskomponente von vergessenen oder unbekannten Werken aus Kronstadt. Diese Pflege der eigenen Musikgeschichte wird durch Kronstädter Musiker betrieben und findet in möglichst vielen Kultureinrichtungen der Zinnenstadt statt.

Für die Zukunft kann man sich eigentlich nur noch wünschen, dass das Bestehende weiter wächst, dass sich die Musikreihen profilieren und ihr Publikum auf Dauer treu bleibt, „dass man sich vernetzt und das Burzenland auch auf dem musikalischen Gebiet als Ganzes präsentieren kann“, wie Steffen Schlandt hervorhebt. „Gemeinsam haben wir viel mehr Möglichkeiten uns als Kulturregion ein eigenes Publikum zu sichern.“

Christine Chiriac


Musik im Burzenland

Orgelspielzeit in der Schwarzen Kirche – 60. Auflage
• Im Juni und September jeweils dienstags, 18.00 Uhr
• Im Juli und August jeweils dienstags, donnerstags, samstags, 18.00 Uhr
• 4. August, 20.00 Uhr: Feierliches Konzert

Bartholomäer Konzertsommer – 3. Auflage
• Konzerte am 1., 8., 15., 17., 22. und 29. Juli
• Kammermusik im Pfarrhaus am 28. September, 26. Oktober, 23. November

„Musica Barcensis“ – 3. Auflage
www.musica.barcensis.ro
• Konzerte in Honigberg: 6. Juli, 3. August
• Konzerte in Rosenau: 14., 20., 28. Juli, 4.,11., 18., 25. August
• Konzert Weidenbach: 21. Juli, 18. August

„Diletto musicale“ – 14. Auflage
www.diletto-musicale.ro
• Konzerte: 29. Juli, 5., 12., 19., 26. August, 17.00 Uhr, Tartlauer Kirchenburg

„Musica Coronensis“ – 10. Auflage
www.musica.coronensis.ro mit Audio-Archiv der bisherigen Auflagen
• 10.-14. Oktober 2012; u.a. Uraufführung einer Symphonie von Norbert Petri (100 Jahre seit der Geburt), Einweihung der restaurierten Orgel aus Reps.

Änderungen vorbehalten.

Schlagwörter: Konzert, Burzenland, Musik, Termine

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