13. Dezember 2013

"Schöpfung" als Gemeinschaftsleistung: Hermannstädter und Göttinger führen großes Oratorium auf

Im Alten Testament heißt es, Gott habe für die Schöpfung sieben Tage gebraucht. Kein Wunder, wenn der Mensch etwas länger daran arbeitet: Die Aufführung von Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ in einer Gemeinschaftsproduktion des Bachchores Hermannstadt mit der aus Deutschland angereisten Göttinger Stadtkantorei hatte eine Vorbereitungszeit von ungefähr einem Jahr.
Die von Bernd Eberhardt geleitete Stadtkantorei, einer der leistungsfähigsten Chöre der Universitätsstadt, hat gute Erfahrungen mit solchen grenzüberschreitenden Projekten, etwa mit Mendelssohns „Elias“ in einer Aufführung mit dem Bachchor aus Göttingens englischer Partnerstadt Cheltenham. Der Kontakt mit Chorleiter Kurt Philippi in Hermannstadt war rasch geknüpft, über Termine und Konditionen einigte man sich ebenfalls schnell: Die Göttinger brachten zwei Solisten mit, die Hermannstädter steuerten die Solosopranistin und als Orchester die Hermannstädter Staatsphilharmonie bei. Philippi hatte sich zuvor besorgt geäußert, dass er mit seinem Chor wohl kein großes Oratorium mehr aufführen könne. Umso glücklicher war er über diese unerwartete Kooperation.

Im September war Eberhardt zu einem Kurzbesuch nach Hermannstadt gekommen, um Chor und Orchester vor Ort bei der Probenarbeit kennenzulernen. Anfang Oktober reisten die Göttinger Gäste mit rund 60 Sängerinnen und Sängern an und vereinten sich in wenigen, konzentrierten Proben mit dem etwa gleich starken Hermannstädter Bachchor zu einem stimmstarken Zwei-Nationen-Ensemble. Philippis gründliche Vorbereitung trug schöne Früchte: Der in handwerklicher Kollegialität begonnene Weg führte schnell zu einem freundschaftlichen Miteinander. Vertieft wurden die Kontakte beim Gottesdienst in der Johanniskirche, den die Göttinger Gäste mit einigen Chorsätzen musikalisch schmückten.
Bachchor und Göttinger Stadtkantorei führten „Die ...
Bachchor und Göttinger Stadtkantorei führten „Die Schöpfung“ im Kulturhaus der Gewerkschaften in Hermannstadt auf. Foto: Michael Schäfer
Die freundschaftliche Atmosphäre war in der Aufführung trotz der kalten Nüchternheit des Gewerkschaftskulturhauses deutlich zu spüren. Eberhardt am Dirigentenpult musste nirgends seine Neigung zu frischen, lebhaften Tempi dämpfen, was dieser „Schöpfung“ mitreißenden Schwung verlieh. Die Instrumentalisten der Staatsphilharmonie zeichneten Haydns wunderbar einfallsreiche Partitur mit viel Klangsinn und Temperament nach. Matthias Schlachters zarter, flexibler Tenor harmonierte mit dem schlanken, beweglichen Bass von Jürgen Orelly. Helle Glanzlichter setzte Melinda Samson mit ihrem schön timbrierten, locker geführten Sopran. Wie gut die beiden Chöre zusammenarbeiteten, zeigte sich besonders in den klar durchgezeichneten polyphonen Stücken, die den Choristen eine ganze Menge Koloraturensicherheit abverlangen.

Tags darauf, am 7. Oktober, gab es eine zweite Aufführung der „Schöpfung“ in der Evangelischen Kirche in Mediasch, noch entspannter als bei der Hermannstädter Premiere (diese Zeitung berichtete). Es sei das schönste Konzert der letzten 50 Jahre in Mediasch gewesen, schwärmte ein Besucher. Und am Ende stand eine herzliche Gegeneinladung: Der Hermannstädter Bachchor ist, so Eberhardt, in Göttingen sehr willkommen.

Michael Schäfer

Schlagwörter: Musik, Hermannstadt, Chor

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