15. Juli 2014

Humor-Veranstaltung mit Hans Bergel und Doris Hutter

„Das kann ja heiter werden“, kündigte die Siebenbürgische Zeitung die Veranstaltung „Humor bei den Siebenbürger Sachsen“ von Pfingstsonntag, dem 8. Juni, an. Und es wurde heiter: Vom politischen Witz über den pointenreichen Bericht und die Moritaten-Laudatio bis hin zu Schmunzel-Versen reichte das Spektrum der gelesenen Beiträge im Evangelischen Gemeindehaus St. Paul in Dinkelsbühl.
Dass eine tiefschürfend bis humoristisch illustrierte Abhandlung des Heimattagmottos „Heimat ohne Grenzen“ dabei war, verdankten wir Hans Bergel und dessen Manuskript „Das Donnerwetter am Kap der Guten Hoffnung“, worin es um Begegnungen mit Siebenbürgern von Kanada bis Neuseeland, von Hamburg bis zum Kap der Guten Hoffnung geht. – Am besten wir lassen den Doktor honoris und humoris causa zumindest auszugsweise zu Wort kommen:

„Auf etlichen der Reisen, die ich in zurückliegenden Jahren unternahm, begegnete ich siebenbürgischen Landsleuten. Ich bin nicht der Erste, aber ich werde wohl zu den Letzten gehören, denen ein solches Vergnügen beschert sein wird. Der Grund dafür ist offenkundig: Es wird immer weniger Siebenbürger meiner Muttersprache geben. Sie werden mittlerweile als Nachkommen in westlichen Ländern geboren, und ihr Bewusstsein von Siebenbürgen als einem verbindenden Lebensraum wird unweigerlich schwinden. Daher genieße ich es als ein spätes Geschenk meiner Geburtsheimat, an Orten, an denen ich es nicht vermute, einem oder einer von ihnen zu begegnen. […]

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Nicht allein sächsischen Landsleuten begegnete ich auf Reisen. Gemeinsam mit meinem Bruder Erich, der im Herbst 1987 in Wellington auf Neuseeland zwei Konzerte der dortigen Philharmonie dirigiert hatte, durchfuhren wir von Te Kao im Norden bis zum Milford Sound im Süden die wunderschönen immergrünen Insellandschaften. Im Hotel vor dem herrlichen Fjord in der gebirgigen Küste vor der Tasmanischen See fand sich kein freies Bett mehr. Ein Angestellter gab uns den Tipp: in einem nahen Tal vermiete der Besitzer eines Berghauses Ferienwohnungen. Kurz vor Dunkelwerden fanden wir die Unterkunft. Außer uns gab es keine Gäste im Haus. Der Besitzer war ein etwa 30-jähriger hellblonder freundlicher Dickwanst namens Bill.
Dannerwädder am Kap der Guten Hoffnung: Hans ...
Dannerwädder am Kap der Guten Hoffnung: Hans Bergel während der Lesung „Humor bei den Siebenbürger Sachsen“. Hinten Moderator Siegfried Habicher und Doris Hutter, die erste „Siebenbürgische Ritterin wider den tierischen Ernst“. Foto: Konrad Klein
Das weiträumige Erdgeschoss des großen Blockhauses mit Bar und Schanktisch, mit Ledersesseln und niedrigen Tischchen in allen Winkeln und Ecken fiel uns durch eine Besonderheit sofort auf: der Fußboden war nicht durchgehend eben, er war gleichsam in Terrassen angelegt. Wollte einer den Raum durchschreiten, musste er nach wenigen Schritten bald eine Stufe hinauf-, bald eine hinabtreten. Bill erklärte es uns beim gemeinsamen Abendessen. Der unebene Felsengrund, auf dem das Haus stehe, habe den einfallsreichen Baumeister mit der Begründung dazu veranlasst: der Raum erhalte dadurch eine Note des Anheimelnden, ‚homelike‘, sagte Bill. Womit er recht hatte. ‚Im Übrigen’, rief er, ‚ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich den Baumeister, einen guten und zuverlässigen Freund und Nachbarn, herbeirufe, er wohnt in der Nähe.‘ Nein, wir hatten nichts dagegen.

So kam es, dass der Baumeister mit Namen John Mokane schon bald nach Bills Anruf den Raum betrat. Er war ein hochgewachsener, grauhaariger Mann von gelassenem sportlichem Habitus. Kaum hatte er ein paar Schritte ins Licht der Deckenlampe getan, als wir uns schon in den Armen lagen. Mister John Mokane war ein alter Bekannter von mir. Er stammte aus der Vorstadt Scheiu in Kronstadt. Wir hatten uns beim Schilaufen auf dem Schuler kennengelernt. John Mokane war niemand anders als der Bau-Ingenieur Ion Mocanu. Zu Beginn des Jahres 1981 war ihm die Flucht aus seinem Heimatland geglückt; ein entfernt Verwandter hatte ihn nach Neuseeland geholt, wo eine stattliche Gemeinde emigrierter Rumänen lebt. Den Abend unter dem mehr als 3000 Meter hohen Mount Aspiring verbrachten wir in fröhlicher Runde. Bill musste sich unsere nicht endenden, erinnerungsseligen Lobgesänge auf das einmalig schöne Siebenbürgen anhören, bis er, den Kopf auf der Tischplatte, einschlief, erschöpft von transsilvanischen Legenden ebenso wie vom starken Wein. – Bisweilen geschieht es, dass wir uns bei solchen Begegnungen selbst begegnen, dass im Anderen, der irgendwo auf Erden unerwartet vor uns steht und sich als Landsmann zu erkennen gibt, ein Stück Siebenbürgen, ja mehr noch: ein Stück von uns selbst auf uns zukommt und uns plötzlich unsere Herkunft bewusst macht. […]

Gleichviel, aus welchem Winkel des schönen Landes zwischen den Ost-, Süd- und Westkarpaten alle diese Menschen kamen: die älteren Jahrgänge unter ihnen behielten, ob’s ihnen bewusst war oder nicht, ob sie der exquisiten römischen Gesellschaft angehörten oder in Kanada Bären jagten, die Färbung ihrer Herkunft – in der Art, die Welt zu begreifen, die Dinge des Lebens abzuwägen, das Menschliche einzuschätzen. Es ist, denke ich, nicht die schlechteste Art. Solange sie einer in sich trägt, soll er kein Hehl daraus machen. Und unsere immer gleichförmigere Welt sollte ihm dafür dankbar sein. Mich zumindest überkam ein herzerwärmendes Gefühl der Heimatverwurzelung, als ich an Afrikas Kap der Guten Hoffnung das „Dannerwädder!“ unseres Landsmannes hörte.“

Auf die Eigenart Bergelscher Texte war einführend schon hingewiesen worden: „gerade in Bergels ernstesten Büchern blitzt immer wieder der Humor als witziger Einfall oder souveräne Ironie auf.“ Dem Thema Humor hatte der Moderator Siegfried Habicher sich mit Hilfe politischer Witze aus der Festschrift „25 Jahre Foederatio Saxonica Transsilvana“ genähert. Mit Sigmund Freud ging er dann auf das Phänomen des Lachens ein und schloss mit der Feststellung der modernen Forschung: „Lachen scheint ein Universalheilmittel zu sein. Es macht sympathisch, baut Stress ab, lindert Schmerzen und Depressionen, verbessert die Durchblutung und stärkt das Immunsystem mit Auswirkungen bis in die Krebsheilung. Lachen macht also nicht nur Spaß – es ist auch noch gesund!“

Den Beweis dieser These trat dann auch Doris Hutter, die studierte Mathematikerin, an. Sie las Teile aus ihrer Laudatio auf Dr. Bernd Fabritius vom 30. Januar 2010, da sie annahm, dass die Hörerschaft gerne einige seiner Moritaten erfahren möchte … Und bot u.a. auch Verse zum Schmunzeln, in Mundart und Hochsprache, wie z.B. das Gedicht: „Der Frühaufsteher“.

Ergänzt und fortgesetzt wird das Wirken des Kulturvereins Foederatio Saxonica Transsilvana durch die Rubrik „Sachen zum Lachen“, die seit dem 5. Februar 2014 in der Siebenbürgischen Zeitung zu lesen ist. Seit dem laufenden Jahr wird darin für den Humor als erstrebenswerter Form der Lebensbewältigung geworben.

S. H.

Schlagwörter: Heimattag 2014, Humor, Lesung, Foederatio Saxonica Transsilvana

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