19. Juli 2014

Edwin Konnerth war einer der journalistischen Gründungsväter Baden-Württembergs

Zehn Jahre ist es her, da machte der damals 84-jährige Edwin Konnerth die Redaktion der Siebenbürgischen Zeitung auf namhafte siebenbürgische Journalisten aufmerksam. In seinem Schreiben bemerkt der gebürtige Hermannstädter mit selbstironischem Lästerton: „die ‘siebenbürgische Mafia‘ im deutschen Medienwesen war sprichwörtlich, zumal in der Nachkriegszeit“. Zu den von ihm angeführten Vertretern der schreibenden Zunft zählen der Mitbegründer und jahrzehntelange Stellvertretende Chefredakteur des Stern, Victor Schuller, Hermann Otto Bolesch, Dankwart Reissenberger, Harald Hermann (jahrelang Vorsitzender der Bundespressekonferenz), Stibbes Coulin (Chef vom Dienst bei den Stuttgarter Nachrichten), Kurt Gebauer (stellvertretender Büroleiter und Auslandskorrespondent der Deutschen Presse-Agentur / dpa), Bruno Morawetz, Hans Hartl, Horst Sander (dpa-Büroleiter in Köln und Mannheim), Walther Kuntze, Fritz Feder (Ressortleiter für Politik bei der Rheinpfalz) und nicht zuletzt er selbst. Edwin Konnerth ist am 23. Juni im Alter von 95 Jahren in Stuttgart gestorben. Der Landsmann erwarb sich hohe Meriten als Berichterstatter über die baden-württembergische Landespolitik, leitete das Stuttgarter Büro der Südwest Presse und wurde mehrfach ausgezeichnet.
Geboren wurde Edwin Konnerth am 2. Juni 1919 in Hermannstadt, wo der Apothekersohn auch das Brukenthal-Gymnasium absolvierte. Statt Pharmazie zu studieren entschied er sich für den Journalismus. In Stuttgart, wo er 20-jährig bereits bei einer Zeitung volontiert hatte, ließ sich Konnerth nach Kriegsende, inzwischen verheiratet, mit seiner Familie nieder. Hier nahm seine Karriere Fahrt auf. So schrieb er u. a. für die Heidenheimer Zeitung, das Schwäbische Tagblatt und hauptsächlich für die Badische Zeitung. Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete er von 1952 bis 1976 aus Stuttgart. In der baden-württembergischen Landeshauptstadt war der Journalist seit 1968 für die Südwest Presse tätig (zeitweise mit 27 Partnerzeitungen und einer Gesamtauflage von 340 000 Exemplaren). Zum Ressortleiter für Landespolitik in der gemeinsamen Redaktion der Stuttgarter Nachrichten und der Südwest Presse wurde er 1971 bestellt (bis 1974). Bis zu seinem Ruhestand 1984 leitete er die Stuttgarter Redaktion der Südwest Presse und der Rhein-Neckar-Zeitung. Auch nachher blieb Konnerth journalistisch aktiv als Parlamentsberichterstatter für den Staatsanzeiger. Er ist Mitbegründer der Landespressekonferenz, war 1964 einer der Mitinitiatoren des Landespresseballs.

Journalistischer Gründungsvater Baden-Württembergs


Als auf die Landespolitik spezialisierter Berichterstatter mit dem für Qualität bürgenden Kürzel „ko“ war Konnerth ein Mann der ersten Stunde. In dem vom Präsidenten des Landtags von Baden-Württemberg herausgegebenen Landtagsspiegel 2001/2002 erzählt der Journalist in einem Interview die Anekdote, wie er das für die Gründung des Landes Baden-Württemberg entscheidende Treffen der Landesvertreter von Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und (Süd-)Baden am 2. August 1948 auf dem Hohenneuffen belauscht hat. Mit einem Kollegen spazierte er gerade um die Burg, als er „die sonore Stimme von Theodor Heuss hoch oben aus dem Fenster dringen“ hörte: „Und da ein hoher Baum davor stand, bin ich hinaufgeklettert, bis fast in die Krone. Ein Polizist, der auf Kontrollgang war, entdeckte mich.“ Der Lauscher musste zwar aus luftiger Höhe heruntersteigen, freilich hatte er „das Wesentliche notiert“, dass nämlich die Entscheidung zugunsten eines Gesamtzusammenschlusses zu einem Südweststaat gefallen sei. Ein beruflicher Triumph für den 29-jährigen Journalisten: „Ich war der Einzige, der am nächsten Tag auf der ersten Seite berichten konnte“.
Edwin Konnerth im Januar 2009. Foto: Konrad Klein ...
Edwin Konnerth im Januar 2009. Foto: Konrad Klein
Weitere landespolitische Ereignisse von historischer Bedeutung sollten dem exzellenten Landtags-Experten in späteren Jahren noch Hochleistungen abverlangen. Auszeichnungen und Ehrungen ergaben sich als logische Konsequenz des geleisteten Qualitätsjournalismus. 1984 wurde ihm vom Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse verliehen, und zudem die Silbermedaille das Landes Baden-Württemberg als höchste Auszeichnung, die der Landtag zu vergeben hat. Anlässlich seiner Verabschiedung in den Ruhestand 1984 würdigte ihn die Südwest Presse: „Er war ein kritischer Betrachter, den man zu den journalistischen Gründungsvätern Baden-Württembergs zählen darf“.

Seiner Heimat Siebenbürgen blieb der „Wahl-Schwabe“ zeitlebens treu und er engagierte sich auch in diesem Sinne. Bei der Gründungsversammlung der späteren Landesgruppe Baden-Württemberg am 11. Dezember 1949 in Stuttgart gehörte Edwin Konnerth zum Kreis der gründenden Mitglieder.

Über ihren Großvater weiß Enkelin Stefanie Konnerth zu berichten, dass er noch im Alter von 80 Jahren journalistisch tätig gewesen sei: „Da er sich weigerte, sich in die Technik eines Computers einzuarbeiten, schrieb er bis zuletzt seine Artikel auf einer alten Schreibmaschine am heimischen Esstisch. Bald aber schon ließen die Augen nach und das Arbeiten wurde schwer und dann auch unmöglich. So verbrachte er Tag um Tag im Ohrensessel neben dem Kachelofen mit Leselupe und einem Berg von Zeitungen.“ Zusammen mit seiner Frau Marianne zog er 2009 in ein Wohn- und Pflegeheim. „Sein Tod ist für uns ein großer Verlust“, beklagt Enkelin Stefanie. Einer aus der Riege der bedeutenden siebenbürgischen Journalisten ist von uns gegangen.

Christian Schoger


Schlagwörter: Nachruf, Journalist, Konnerth, Baden-Württemberg, Stuttgart

Bewerten:

40 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.