16. Oktober 2014

„Verfemte Musik“ vom 16. bis 30. Oktober in Siebenbürgen

Am 16. Oktober wird in Hermannstadt die dritte Auflage der Konzertreihe „Musica Suprimata“ eröffnet, die an den Beginn des Ersten Weltkrieges erinnert. Auf dem Programm steht Musik von Viktor Ullmann, Norbert von Hannenheim, Erwin Schulhoff und Rudolf Karel, für deren Biografien und Werke der Große Krieg einen gemeinsamen Nenner darstellt.
Herzstück der diesjährigen Konzertreihe ist die Aufführung der Oper „Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“ von Viktor Ullmann, und zwar als Figurentheater-Neuinszenierung des Regisseurs Herbert Gantschacher in Zusammenarbeit mit dem Salzburger „ARBOS“-Ensemble. Die Oper entstand 1943 bis 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt und wurde erst drei Jahrzehnte später in Amsterdam uraufgeführt. Das inzwischen in Europa und Amerika bekannte Werk wird nun im Rahmen von „Musica Suprimata“ erstmals in Rumänien gezeigt.

Der Schönberg-Schüler Viktor Ullmann ist dem siebenbürgischen Publikum dank „Musica Suprimata“ schon seit den Festivalauflagen 2011 und 2012 bekannt, als seine Klaviersonaten und Lieder von internationalen Künstlern dargeboten wurden. 2014 bildet sein Bühnenwerk Op. 49 auch deshalb den Kern des Programms, weil sich zwei tragische Momente seiner Biografie zum 70. Mal jähren: am 16. Oktober 1944 musste er in Theresienstadt den Transportzug nach Auschwitz besteigen, der 18. Oktober ist der mutmaßliche Tag, an dem er und sein Librettist Peter Kein ermordet wurden.

Doch soll laut Veranstalter der Konzertreihe nicht die erschütternde Biografie, sondern die Musik im Fokus stehen – „die Schönheit und Wahrheit der Komposition“. „Musica Suprimata“ lädt die Musikliebhaber in Siebenbürgen vom 16. bis 30. Oktober zu fünf unterschiedlichen Konzertprogrammen ein. „Der Kaiser von Atlantis“ wird am 16. Oktober im Hermannstädter „GONG“-Theater und am 18. Oktober im „Tranzit“-Haus in Klausenburg gezeigt. Am 19. und 21. Oktober folgen in der Klausenburger Musikakademie bzw. dem „Thalia“-Saal in Hermannstadt Lieder und Klavierstücke von Ullmann, Adrian Pop, Rudolf Karel, Gabriel Iranyi, Norbert von Hannenheim und Cornel Țăranu. Interpretiert werden sie von Irena Troupová und Jan Dušek, die bereits in vergangenen Konzerten von „Musica Suprimata“ mitgewirkt hatten. Genauso auch der Pianist Moritz Ernst, der am 22. Oktober in der Klausenburger Musikakademie und am 26. Oktober im „GONG“-Theater Hermannstadt auftritt. Er spielt Klaviersonaten von Norbert von Hannenheim und Viktor Ullmann, eingegliedert in Werke von Ferruccio Busoni, Arthur Lourié und Ludwig van Beethoven. Moritz Ernst gestaltet ein weiteres Konzertprogramm mit, in Begleitung des Rezitators Oskar Ansull. Der Abend trägt die Überschrift „Drama, Dichtung und Musik“, umfasst Texte und Musikstücke aus und über den Ersten Weltkrieg und steht am 23. Oktober in Klausenburg (Ethnographisches Museum) und am 25. Oktober in Hermannstadt („GONG“) auf dem Spielplan. Das Programm wird abgerundet von dem Duo, bestehend aus Marianne Boettcher (Violine) und Björn Lehmann (Klavier), die am 28. Oktober im „Thalia“-Saal und am 30. Oktober in der Musikakademie in Klausenburg konzertieren. Sie spannen den Bogen von Johannes Brahms über Franz Schreker und Paul Richter zu Erwin Schulhoff, Gabriel Iranyi und Béla Bartók. Im Mittelpunkt des Abends steht jedoch eine Violinsonate von Norbert von Hannenheim, die seine Nichte Marianne Boettcher zum ersten Mal interpretiert. Die Konzerte – alle mit freiem Eintritt – beginnen um 19.00 Uhr.

Informationen zu der Tätigkeit des 2013 offiziell aus der Taufe gehobenen Vereins Musica Suprimata e.V. sind auch online unter www.musica-suprimata.eu zu finden. Der Verein engagiert sich „für die ehemals verfolgte, verdrängte und dann weitgehend vergessene Musik“, ganz gleich ob diese vom nationalsozialistischen Regime als „entartet“ oder später von der kommunistischen Obrigkeit als „formalistisch“ gebrandmarkt worden ist. In allen Musikprogrammen seit 2011 werden Werke Viktor Ullmanns und des Hermannstädters Norbert von Hannenheim präsentiert, hinzu kommen im Wechsel andere Komponisten aus der Avantgarde, denen ebenfalls die Teilnahme am öffentlichen Konzertleben verweigert wurde.

Christine Chiriac

Schlagwörter: Konzertreihe, Siebenbürgen, Weltkrieg

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