6. November 2014

Geschichten aus einer Zeit voll Eisen und Blut

Besprechung der Neuerscheinung „Die eiserne Zeit. Siebenbürgen im 17. Jahrhundert“ von Wilhelm Andreas Baumgärtner, Schiller Verlag, Hermannstadt und Bonn 2014, 244 Seiten, gebunden, 15,80 Euro, ISBN 978-394452942-4, zu bestellen im Buchhandel oder direkt über die Erasmus Buchhandlung in Hermannstadt.
„Siebenbürgen zündelte und Europa brannte.“ – Innerhalb des Dreißigjährigen Krieges, in dem Kaiser Ferdinand II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die Einheit der Kirche wiederherstellen wollte und dieser Krieg schließlich ein reiner Machtkrieg wurde, hatte der Siebenbürgische Fürst Bethlen eine entscheidende Rolle gespielt. Dem Autor gelingt es geschickt, sowohl die Taktiken des Fürsten darzustellen, die dazu führten, dass der frisch gekrönte Kaiser aus Wien fliehen musste, als auch das diplomatische Geschick des Fürsten, das ihn veranlasste, nur den Titel des gewählten Königs von Ungarn anzunehmen, nicht aber die Krone.

Es gibt spannende Episoden, wie die Darstellung des Prager Fenstersturzes oder der Schlacht am Weißen Berg, „die kürzeste im Dreißigjährigen Krieg“. In Prag feierte man den Sieg der kaiserlichen Truppen. Anschaulich wird aus den Quellen zitiert: „Dreifach wurde eine Gans auf den Tisch gebracht, wunderbar dick und fett“ (Pater Drexel). Die in 196 Kisten verpackten Handschriften und Bücher der „Bibliotheca Palatina“ fanden ihren Weg nach Rom. Maximilian I. von Bayern dankte dem Papst für seine finanzielle Hilfe. Spannend liest sich auch die Verfolgung der Protestanten in Böhmen, Mähren, Schlesien, Ober- und Niederösterreich. Als weibliche Leserin hätte man sich vielleicht noch weitere Ausführungen über die etwas glücklose Regentschaft Katharinas von Brandenburg, der Witwe Gabriel Bethlens, gewünscht.

Beeindruckend ist die Darstellung der Einnahme Magdeburgs, „eine der blühendsten Städte Deutschlands“, die völlig vernichtet wurde durch General Tilly, sowie der militärischen Erfolge König Gustav Adolfs und schließlich der berühmtesten Schlacht bei Lützen. Interessant sind auch die Ereignisse um Kolman Gotzmeister und Katharina Stein, die den Aufstand im Jahre 1645/46 in Hermannstadt auslöste, wobei Katharina zeitgemäß wegen Ehebruchs stärker bestraft wurde, nämlich zum Tode, als Kolman.

Sehr deutlich wird Rákóczi als Rebell gegen den Kaiser herausgestellt, andererseits aber auch seine Abhängigkeit von der Pforte, sowie die seines Sohnes, der schließlich die Strafexpedition gegen Siebenbürgen 1658 provozierte. Lesenswert der Angriff der Türken und Tataren; Kronstadt konnte sich loskaufen und Hermannstadt musste finanziell bluten. In dem beginnenden Bürgerkrieg zwischen Rákóczi und dem Gegenfürsten Barcsai wurde Hermannstadt von den Türken, den Verbündeten des Gegenfürsten, verteidigt. Das Abschlachten und Morden, so grauenvoll es war, wird spannend beschrieben. Beim Fall Neuhäusels im Oktober 1663 musste der Fürst Siebenbürgens an der Seite der Türken, Tataren und Kosaken mitkämpfen. In der Schlacht bei Mogersdorf kam die Wende. Die Verbündeten des Kaisers, Italiener, Franzosen, ja Schweden und Deutsche siegten. Doch dem Leser stellt sich die Frage: Wo blieb der Siebenbürgische Fürst mit seinen Truppen, der heimlich mit dem Kaiser sympathisierte? Am Schluss erfährt man dann, dass der Kaiser den von den Türken eingesetzten Fürsten Michael Apafi anerkannte.

Insgesamt war es eine gute Idee, literarische Mottos den Kapiteln voranzustellen. Man freut sich auch als literarisch interessierte Leserin, über die Beschreibung Rainer Maria Rilkes der Schlacht in der Puszta in „Die Weisen von Liebe und Tod des Cornets Christof Rilkes“.

Es ist ein beeindruckendes, spannendes, gelungenes Buch, das versucht, ein breiteres Publikum zu gewinnen! Ein eleganter, flüssiger, klarer Stil motiviert den Leser, immer weiter zu lesen. Der Genauigkeit des Autors, was Personen und Schauplätze betrifft, fällt der Leser allerdings manchmal zum Opfer.

Heidemarie Bonfert

Schlagwörter: Rezension, Geschichte

Bewerten:

17 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.