23. Januar 2015

Evakuierung 1944-1945: Auch Nordsiebenbürger Deutsche werden deportiert

Im Herbst 1944 wurden aus Nordsiebenbürgen und dem Kokelgebiet etwa 40 000 Deutsche vorwiegend nach Österreich evakuiert. Zum Zeitpunkt des Einmarsches der Roten Armee (ab 13. Oktober 1944) lebten noch 867 Deutsche im Nösnerland (vorwiegend ältere Männer und Frauen). Der Bistritzer Historiker Viorel Rus beschreibt das „tragische Schicksal“ der örtlichen Siebenbürger Sachsen am Ende des Krieges, unter anderem auch die Deportation von – nach seinen Recherchen – etwa 150 von ihnen „in den sowjetischen Gulag“. Einer davon war Dr. Franz Payer, geboren 1923, damals Medizinstudent. Er schreibt u.a. in seinem Buch „Mein Leben“ (2002):
Dieser 13. Januar 1945, der Tag der Deportation, bedeutet für uns als Familie, für Tausende Unschuldige einen Weg ins Ungewisse, verbunden mit viel Leid, sogar Tod … Unser Transport bestand aus etwa 1 000 Mann, davon ca. 15% Sachsen, 10% Bukowinaer Zipser, 10% Arader Schwaben … Wir verließen Jassy Anfang Februar und unsere dreiwöchige Fahrt führte uns über Dnjepropetrowsk, Chárkow, Woronesch, Saratow, Sysran, Kuibyschew, Orenburg nach Kubandik im Südural, insgesamt eine Strecke von ca. 3 800-4 000 km. Unsere Verpflegung bestand aus fast ungenießbarem Kommissbrot, gesalzenem und geräuchertem Fisch und Wasser. …

Am 6. März empfing uns am Ziel ein erbarmungsloser Schneesturm, der durch Mark und Knochen drang. Die Türen unseres dreiwöchigen Kerkers wurden zur Seite geschoben und wir zum Empfangsraum getrieben, begleitet von dem nicht enden wollenden Geschrei unserer Bewacher „Dawai, dawai, bistro, bistro …“

Entkräftet und von Hunger geplagt erwarteten wir nach unserer Ankunft etwas Handfesteres serviert zu bekommen. Unsere Hoffnung erwies sich als fehl am Platze, denn als Begrüßungsgericht wurde uns (ich übertreibe nicht) ein Esslöffel gedünstetes Sauerkraut mit einer Schnitte Kommissbrot serviert!

Textauswahl: Horst Göbbel

Schlagwörter: Evakuierung, Deportation, Nordsiebenbürgen

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