13. April 2015

Kilian Müllers Hommage an die „Hüter der Kirche“

Idyllische Dorflandschaften, bröckelnde Wände und alte, einsame Menschen, die sich um verlassene Kirchenburgen kümmern – all das hat der Fotograf Kilian Müller im vergangenen Jahr mit seiner Kamera in Siebenbürgen festgehalten und zum Thema seiner Abschlussarbeit an der Berliner Ostkreuzschule für Fotografie gemacht. Daraus ist die Ausstellung „Hüter der Kirche – ein fotografisches Essay“ resultiert, die bis Mitte April im Hermannstädter Begegnungs- und Kulturzentrum „Friedrich Teutsch“ gezeigt wird und überdies zu Pfingsten in Dinkelsbühl sowie im Herbst dieses Jahres im Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim zu sehen sein wird.
In den Fotos seien „kleine, leise Geschichten“ abgebildet, „die zum Nachdenken einladen und zum Gespräch anregen“, sagte Gerhild Rudolf, Leiterin des Teutsch-Hauses, bei der Vernissage im März. So zeigt das Bild auf dem Ausstellungsplakat eine „Kirchenhüterin“, die eine zerrissene Fahne in den Händen hält und resigniert in die Kamera blickt. Ähnlich starke Symbole, dokumentarisch festgehalten, sind für die gesamte Schau charakteristisch. Bescheidene Verhältnisse, ärmliche Küchen, verregnete Landschaften – der Fotograf scheint zunächst nur Traurigkeit und Öde in den siebenbürgischen Dörfern zu suchen. Doch entdeckt er gerade bei den „Hütern der Kirchen“ ein offenes Herz, viel Würde und einen leisen Beitrag zum Erhalt eines wertvollen Kulturguts, deren Träger heute fern der Heimat leben.
Kirchenhüterin in Siebenbürgen. Foto: Kilian ...
Kirchenhüterin in Siebenbürgen. Foto: Kilian Müller
Viele Fotografien sind mehr als nur eine Bestandsaufnahme des sächsischen Erbes und laden zum Verweilen ein: Kinder spielen mit bunten Plastikautos vor einem Altar, auf dem der Bibelvers zu sehen ist: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“. Eine junge Frau in sächsischer Tracht sitzt nachdenklich auf einer staubigen, verwitterten Kirchenbank. Bei einem Gottesdienst begleitet der Pfarrer selber die Lieder auf dem E-Piano. In einem Kirchenschiff sind Bänke, Möbel und Orgel mit Folie bedeckt, doch trotz der bevorstehenden Restaurierung strahlt das Gotteshaus Verlassenheit aus. Eine Touristengruppe lauscht aufmerksam den Geschichten und Erklärungen eines alten Mannes.

So ähnlich, als Besucher etwa, muss auch Kilian Müller Siebenbürgen kennengelernt haben, denn der in Württemberg aufgewachsene Fotograf hat keinen biografischen Bezug zu dem Thema seiner Arbeit. Ein Bekannter aus Reichesdorf machte ihn auf das siebenbürgisch-sächsische Kulturgut aufmerksam, daraufhin bereiste der in Berlin lebende Künstler mit dem Fahrrad die abgelegenen Dörfer im Mediascher Kirchenbezirk.

„Ich habe großen Respekt vor diesen Menschen, die trotz ihres Alters und ihrer isolierten Situation die Aufgabe stemmen, das kulturelle Erbe ihrer Herkunft zu verwalten“, erklärte Kilian Müller bei der Ausstellungseröffnung in Hermannstadt. „Meine fotografische Arbeit verstehe ich deshalb weniger als einen Abgesang auf die sächsische Kultur, sondern als Hommage an die Menschen, die in ihrer Haltung und ihrer Lebensform eben jene verkörpern und bewahren.“

Die Fotografien, die mit dem Profifoto-Förderpreis von Canon 2015 ausgezeichnet wurden, können im Teutsch-Haus bis zum 15. April wochentags von 10.00 bis 17.00 Uhr gesehen werden. Der Katalog mit Texten von David Hugendick und Hansotto Drotloff kann im Hermannstädter Erasmus-Büchercafé sowie online unter www.buechercafe.ro erworben werden (24,90 Euro).

CC

Schlagwörter: Ausstellung, Fotografie, Hermannstadt, Heimattag 2015

Bewerten:

16 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.