18. April 2015

Überwachungsakten als Quelle und Waffe: Konferenz und Podiumsdiskussion in Berlin

Vom 28. bis 30. April 2015 findet im Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums der Humboldt-Universität zu Berlin (Geschwister-Scholl-Straße 3) die Internationale Konferenz „Aus den Giftschränken des Kommunismus – Methodische Fragen zum Umgang mit den Überwachungsakten in Südost- und Mitteleuropa“ statt. Die vom Institut für deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin, dem Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München (IKGS) und dem European Network Remembrance and Solidarity (ENRS) veranstaltete Konferenz widmet sich zentralen Fragen der Aufarbeitung kommunistischer Geheimdienstarchive in Ostmittel- und Südosteuropa: Was sagt der Inhalt einer Überwachungsakte tatsächlich über die kommunistische Epoche und ihre Akteure aus? Lassen sich Opfer- und Täterrollen immer eindeutig zuordnen? Wo endet die Aufarbeitung zum Wohle der Gesellschaft und wo beginnen persönliche Rachefeldzüge? Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Es ist keine Anmeldung erforderlich. Der Eintritt zur wissenschaftlichen Tagung und zur Podiumsdiskussion ist frei. Der Eintritt zur Lesung im Literaturhaus beträgt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro.
Ein Höhepunkt der Veranstaltung wird die öffentliche Podiumsdiskussion „Opfer! Täter! Volksverräter! – Die Aufarbeitung geheimdienstlicher Archivbestände in Ostmittel- und Südosteuropa“ sein, die am 28. April um 19.30 Uhr im Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums der Humboldt-Universität zu Berlin stattfindet. Es diskutieren der Autor Uwe Kolbe (Hamburg), die Literaturwissenschaftlerin Michaela Nowotnick (Berlin), die Bürgerrechtlerin und Brandenburger Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur Ulrike Poppe (Potsdam), der Theologe und Präsident des Instituts für die Erforschung der Verbrechen des Kommunismus Radu Preda (Bukarest) und der Zeithistoriker Krisztián Ungváry (Budapest).

Die europäische Dimension des kommunistischen Erbes


Der Schwerpunkt der Konferenz liegt auf den Ländern Ostmittel- und Südosteuropas. Hinterfragt und von rund 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kritisch diskutiert wird der Aussagewert der Überwachungsakte als Quelle für die Forschung. Über Aktenfälschungen spricht in der Keynote Lecture der rumänische Dissident, Politikwissenschaftler und Publizist Gabriel Andreescu zum Thema The Manipulation of the Political Police Archive – Why and How?

Der erste Teil der Tagung ist der europäischen Dimension der Aufarbeitung des kommunistischen Erbes gewidmet: Führende Experten aus Albanien, Deutschland, der Republik Moldau, Rumänien, der Slowakei, der Tschechischen Republik und Ungarn berichten über die Situation der Aufarbeitung und der Zugänglichkeit der einschlägigen Archive in ihren Ländern, unter ihnen Marianne Birthler, Bundesbeauftragte a. D. für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, und Dragoș Petrescu, Vorsitzender des rumänischen Nationalen Rats für das Studium der Archive der Securitate.

Minderheiten und Randgruppen im Fokus

Um den Blick für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Akten „aus den Giftschränken des Kommunismus“ zu schärfen, liegt ein inhaltlicher Schwerpunkt der Veranstaltung auf der Erforschung von Minderheiten und Randgruppen. An zeithistorischen Beispielen aus der DDR, Tschechien, Rumänien und Ungarn werden Probleme diskutiert, die heute wieder aktuell sind: das Verhältnis zu Gemeinschaften, die für illoyal oder gar gefährlich gehalten werden, und das Ausmaß staatlicher Kontrolle zugunsten (vermeintlicher) äußerer und innerer Feinde.

Autorenlesung


Als Rahmenveranstaltung findet am Mittwoch, dem 29. April, um 19 Uhr im Literaturhaus Berlin eine Autorenlesung mit Susanne Schädlich statt, die aus ihrem 2014 erschienenen Buch „Herr Hübner und die sibirische Nachtigall“ (Droemer Verlag) lesen wird.

Nachwuchsförderung


An der Veranstaltung nehmen mit finanzieller Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) fünfzehn Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa teil. Im Anschluss an die Konferenz werden in Zusammenarbeit mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) mehrere Workshops durchgeführt.


Konzept und Organisation: Dr. Florian Kührer-Wielach, Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Michaela Nowotnick, Institut für deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin Konzept und Programm unter www.giftschrank.net. Informationen zur Lesung: www.literaturhaus-berlin.de/veranstaltung/262.html. Rückfragen unter Giftschrank[ät]ikgs.de.

Schlagwörter: Konferenz, Berlin, Geheimdienst, Osteuropa, Securitate

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