5. Mai 2015

Evakuierung 1944-1945: Von Wien nach Vöcklabruck

Nach dem Fall Budapests überschritt die Rote Armee am 29. März 1945 die damalige deutsche Reichsgrenze. Am 3. April begann die Schlacht um Wien. Die Sowjets verfügten über etwa 400000 Mann, 400 Panzer und 7000 Sturmgeschütze, Granatwerfer und Raketenwerfer. Wehrmacht und Waffen-SS kämpften mit den Resten der von Budapest zurückgezogenen Truppenteilen mit etwa 20000 deutschen Soldaten in Wien und ca. 8000 im Wienerwald sowie 52 intakten Panzern und Sturmgeschützen.
Ihr Einsatz war von Anfang an aussichtslos. Bis zur Einnahme von Wien am 13. April dürfte die Schlacht die deutsche Seite ungefähr 20000 Todesopfer, im Wienerwald (bis 23. April) etwa 5000, gefordert haben, davon etwa 20 Prozent Zivilisten. Heide Wellmann-Orendi, damals ein Kind, schreibt im Februar 2014 über die erfolgte zweite Evakuierung: In Wien wohnten wir bis Ostern 1945 bei Verwandten, wo wir auch viele Bombenangriffe erlebten. Dann hieß es, Frauen und Kinder müssen Wien verlassen. Die zweite Flucht gestaltete sich nicht mehr so einfach, da durch Bombenangriffe die Bahnstrecke einige Male unterbrochen war und wir einmal zwölf Kilometer, dann zehn Kilometer zu Fuß mit Rucksäcken und Taschen gehen mussten. Wir nahmen eine Schneestange vom Straßenrand und fädelten unser Gepäck darauf, so konnten wir alles leichter tragen. In Ybbs warteten viele hunderte Flüchtlinge bei Regenwetter bis tief in die Nacht auf einen Zug, der aber voll besetzt war. Die Wiener drängten sich vor und sagten: „Zuerst kommen wir und dann das Flüchtlingsgesindel.“ Mama hörte aus einem geöffneten Waggonfenster rumänisch sprechen und sprach die Rumänen an. Diese zogen uns durchs Fenster hinein, dann das Gepäck, zum Schluss Mama, da fuhr der Zug schon an. Erschöpft setzte sie sich auf unser Gepäck und schlief ein. Wir beide, meine Schwester Hanna und ich, glaubten, sie sei gestorben.

Textauswahl: Horst Göbbel

Schlagwörter: Evakuierung, Wien, Vöcklabruck

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