15. Mai 2015

Verdienstvoller Agrarwissenschaftler: Klaus Kurt Millim zum 80.

Der erste Lebensabschnitt unseres Jubilars, Dipl.-Ing. agr. Dr. rer. agr. Klaus Kurt Millim, ist charakteristisch für die nordsiebenbürgische Generation der 1930er Jahre: Flucht vor der Roten Armee, Heimkehr und Enteignung, Auflösung des deutschen Schulwesens. Am 13. Mai 1935 in Bistritz, dem kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum des Nösnerlandes und des Deutschtums Nordsiebenbürgens, geboren, wurde Klaus Kurt Millim als drittes von sechs Kindern der Eheleute Friedrich Millim (Absolvent der Handelsschule Wien) und der Magda, Tochter des Rechtsanwaltes Dr. E. Kisch und Nichte des Sprachwissenschaftlers Prof. Dr. Gustav Kisch), geboren.
Nach einer unbeschwerten Kindheit und dem Besuch der ersten drei Klassen der Deutschen Elementarschule Bistritz folgte im September 1944 die Evakuierung durch die deutsche Wehrmacht in das damalige Deutsche Reich. Das Kriegsende 1945 überraschte die Familie in der russischen Besatzungszone (Österreich), worauf die Rückführung in die alte Heimat (nun Rumänien) erfolgte. Die Heimkehrer wurden enteignet, als staatenlos und „vogelfrei“ erklärt und so wurde jedwede wirtschaftliche Erhaltungsgrundlage der Familie entzogen (Strickwarenbetrieb sowie 35 ha landwirtschaftliche Fläche).

Bis zur kommunistischen Schulreform 1948 besuchte Millim das rumänische Gymnasium „Alexandra Odobescu“, heute „Colegiul Liviu Rebreanu“, das sich als Nachfolgerin des Mitte des 16. Jahrhunderts gegründeten Deutschen Gymnasiums Bistritz versteht, um anschließend 1953 das Fachabitur an der Technischen Gartenbauschule (Nachfolgerin der 1870 gegründeten ersten Ackerbauschule Siebenbürgens) abzulegen. Der junge Absolvent fand nun durch seine Anstellung an der Obstbauversuchsstation Bistritz des Forschungsinstitutes für Gartenbau und Weinbauforschung Bukarest den Weg direkt zur Forschung, im Bereich Biochemie und Technologie der Obstproduktion (bis 1959). In dieser Zeitspanne erlangte er durch Fernstudium am Institut für Agrarwissenschaften in Bukarest die Qualifikation eines Diplomingenieurs für Agrarwissenschaften. Nun sollte er den Weg beschreiten, den verdienstvolle nösnerländische Pomologen entlang der Jahrhunderte vorbereitet hatten, wie der Apotheker Albert Wachsmann (1849-1928), Ackerbauschuldirektor Michael Englisch (1880-1959), Prof. Dr. Andrei Gherghi u.a. Hier sollte er zahlreiche Forschungsergebnisse erzielen und in Fachzeitschriften veröffentlichen, wie: „Das Problem der Ausdünstung im Zusammenhang mit der Qualität und Lagerfähigkeit von Äpfeln“, „Der Einfluß von Bodenbearbeitungsverfahren auf Wachstum und Ertrag der Obstbäume“ u.a.m.

Dipl.-Ing. agr. Dr. rer. agr. Klaus Kurt Millim ...
Dipl.-Ing. agr. Dr. rer. agr. Klaus Kurt Millim
Als im Sommer 1961 nach einem ZK-Beschluss die radikale Umwandlung aller niederen Kollektivierungsformen erfolgte und im Frühjahr 1962 die Kollektivierung der rumänischen Landwirtschaft als abgeschlossen galt, wurden zahlreiche Fachkräfte aus Lehre und Forschung an LPGs zwangsversetzt. So kam Millim in die Region Maramuresch; hier wurde er Chefingenieur (Technischer Leiter) der LPG Sanislău, Rayon Carei, der größten dieser Gegend (5000 ha). Unter den hier mitwirkenden Fachkräften befand sich auch seine Institutskollegin aus Bukarest, Elena Vlăsceanu; sie heirateten im September 1962, aus der Ehe gingen die Kinder Klaus (Maschinenbauingenieur) und Corina (Philologin) hervor. Zu den vielseitigen Aufgaben der jungen Eheleute, wie Entwässerungsarbeiten, Neubauten, Wasserversorgungsanlagen etc., gehörte auch die Pflanzung einer 200 ha großen Erwerbsobstanlage auf einem bisher unproduktiven Gelände. Dazu hörten beide nach Jahren immer wieder das Lob der Bukarester Forscherkollegen: „Ihr habt den Menschen von dort einen wahren Schatz in die Hand gegeben.“

Außer der Forschungsarbeit, die er hier leistete, war Dr. Millim auch externer Mitarbeiter des „Zentralen Laboratoriums für Pflanzenquarantäne" Bukarest. Auch hier veröffentlichte er in rumänischen Fachzeitschriften mehrere Forschungsberichte, wie: „Die Verwertung der Sandböden aus dem nordwestlichen Teil des Rayons Carei durch Obstanlagen“ u.a. Als 1968 in Bukarest das Forschungs- und Projektierungsinstitut für Obst- und Gemüseverwertung gegründet wurde, sollte sein Wunsch in Erfüllung gehen, endlich wieder als Forscher (Gruppenleiter) tätig zu werden. Die hier gesammelten Forschungsergebnisse machte er der Fachwelt bekannt in seiner Doktorarbeit „Die Technologie der Birnenlagerung im frischen Zustand“ (1979) unter der Betreuung des Ehrenmitglieds der Akademie, Prof. Dr. I. F. Radu. Von besonderer Bedeutung war zu jener Zeit die Erarbeitung der rumänischen Standardnormen für die Lagerung von Birnen, Zitrusfrüchten etc., zudem die Qualitätsnormen für Birnen, Johannisbeeren, Quitten, Erdbeeren u.a. Da das Institut, an dem er nun wirkte, für die Herstellungsprojekte der landesweiten Investitionen im Gemüse- und Obstvermarktungsbereich zuständig war, hat Klaus Kurt Millim die Planung der Kühllagerhäuser Rumäniens erstellt, so in Bukarest, Satu Mare, Klausenburg, Neumarkt (Târgu Mureș), Bistritz, Jassy, Fălticeni u.a.m. Als rumänische Premiere ist die Planung und Inbetriebnahme (1980) des Lagerhauses Bukarest für 1500 Tonnen Südfrüchte mit entsprechenden Reifekammern für Bananen anzusehen. Seine weitgefächerten Erfahrungen auf internationalem Stand sammelte er sowohl im Ausland (München), als auch dank seiner zahlreichen Beiträge bei internationalen Tagungen in Halle (1971), Jerusalem (1973), Venedig (1979), Sofia (1982), Paris (1983), Leipzig (1984) etc. Seine fachschriftstellerische Tätigkeit umfasst rund 200 wissenschaftliche Publikationen, darunter vier Fachbücher, „Lagerung und Vermarktung von Obst und Gemüse“ (Bukarest 1973) u.a.

Schwer erkrankt, erhielt er 1987 die Ausreisegenehmigung zu seiner Mutter nach Gummersbach. Zwei Jahre darauf (1988) verstarb seine Frau in Bukarest und so fand die Zusammenführung mit seinen Kindern endgültig 1989 statt. Wegen Erwerbsunfähigkeit trat Dr. Millim 1990 in den Ruhestand, der für den einst hochaktiven Fachmann eine viel abverlangende Lebensumstellung bedeutete, bei der ihm jedoch seine zweite Gattin Waltraud, geborene Rottmann tatkräftig zur Seite stand. Die Gattin hat inzwischen ihre Apotheke aufgegeben und beide genießen nun ihre aktiven Rentenjahre mit Malen, Basteln und intensiver siebenbürgischer Familienforschung. Im Namen seiner Jugendfreunde und auch so mancher Mitglieder des Vereins Deutscher Diplomagraringenieure aus dem Banat und Siebenbürgen wünschen wir dem Jubilar noch viele, gesunde Lebensjahre.

Rudolf Rösler

Schlagwörter: Porträt, Agrarwissenschaft, Bistritz

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