20. Juni 2015

Ausstellung „Mitgenommen – Heimat in Dingen“ im Haus des Deutschen Ostens (HDO)

Am 11. Juni wurde die Ausstellung „Mitgenommen – Heimat in Dingen“ des HDO im Adalbert Stifter Saal des Kulturforums im Sudetendeutschen Haus vor ca. 160 Gästen eröffnet. Ein Grußwort des Ministerialdirigenten Eugen Turi vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, ein Vortrag des HDO-Direktors Prof. Dr. Andreas Otto Weber über Flucht, Vertreibung und Deportation der Deutschen aus dem östlichen Europa vor 70 Jahren sowie ein Abriss seiner Stellvertreterin Brigitte Steinert über die Entstehung der Ausstellung standen auf dem Programm. Neville Dove, Studienleiter an der Königlichen Oper Dänemark, umrahmte die Eröffnung mit zwei Klavierstücken von Franz Liszt.
Die erste eigene Ausstellung des HDO – bisher wurden nur Auftragsarbeiten oder Wanderausstellungen gezeigt – steht unter der Schirmherrschaft von Emilia Müller, Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, und wurde von Prof. Dr. Andreas Otto Weber, Brigitte Steinert und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Patricia Erkenberg konzipiert. Die Schicksale von Flüchtlingen, Vertriebenen, Deportierten und Aussiedlern auf einer persönlichen Ebene darzustellen, war im wichtigen Gedenkjahr 2015 das erklärte Ziel der Ausstellungsmacher. Ein Aufruf zur Einsendung von Gegenständen, die im Flucht- und Vertreibungsgepäck mitgenommen wurden, und den dazugehörigen Geschichten stand am Anfang des Projekts.

Auf diese Weise wollte man, so Prof. Weber, „die Gäste des Hauses“ von Beginn an in die Ausstellung einbinden und diese nicht mit musealen Exponaten, sondern mit Dingen aus Familienbesitz bestücken, die für die Besitzer oder deren Nachkommen einen emotionalen Wert haben. Die Geschichten zu den Exponaten haben viele Leihgeber selbst aufgeschrieben. Das Thema habe viele Einsender und deren Familien berührt, erzählte Brigitte Steinert, und das Bedürfnis zu erzählen sei groß gewesen. Die Resonanz auf den Aufruf war so enorm, dass die Ausstellung doppelt so umfangreich hätte werden können. Nun sind es „nur“ drei Räume im HDO geworden – ein fast schon intimer und darum passender Rahmen für die privaten Stücke, die teils in Vitrinen, teils offen präsentiert und von Schautafeln und Roll-ups begleitet werden.
Blick in die Ausstellung; hinten rechts die ...
Blick in die Ausstellung; hinten rechts die Vitrine mit den siebenbürgischen Exponaten. Foto: HDO
Der erste Raum bietet einen Überblick über das Thema „Flucht, Vertreibung und Deportation der Deutschen aus dem östlichen Europa vor 70 Jahren“ sowie die betroffenen Regionen. Ausführlich behandelt wird die Flucht vor der Roten Armee aus Ostpreußen und Pommern. Im zweiten Raum stehen das Thema „Vertreibung“ und die Regionen Böhmen und Mähren im Fokus, der dritte Raum beschäftigt sich mit der Deportation von Deutschen und der Aussiedlung, u.a. aus der Bukowina und Siebenbürgen. Vier Exponate mit siebenbürgischem Bezug sind zu sehen: ein Satz „Postkarten aus dem Arbeitslager“, ein Exemplar von „Das große Kneippbuch“, ein Nachbarschaftszeichen aus Weidenbach und „Das Bild im Nudelbrett“. Letzteres ist eine Leihgabe von Maria Guni; die ausführliche Geschichte dazu, wie sie im ansprechend gestalteten begleitenden Katalog (erschienen im Volk Verlag München) nachzulesen ist, drucken wir im Folgenden ab.

Das Bild im Nudelbrett

Maria Guni schreibt: „Vom Bild ­eines kleinen Mädchens, das mit einem großen Nudelbrett auf unerlaubte Reise ging. In jener Zeit (… 1985 …) durften Arbeiten namhafter siebenbürgischer Künstler nicht außer Landes gebracht werden. Mir lag aber sehr viel an diesem Bild, für mich ein ,Kleinod‘, saß ich doch als Dreieinhalbjährige im Jahr 1936 selber Modell. Wie sollte dieses Bild nun über die Grenze kommen? Mein Schwager, ein findiger Schreiner, versprach, das gute Stück in ein Nudelbrett einzuarbeiten. Gesagt – getan! Bald konnte das Brett samt wertvollem Inhalt in einem Bus die Reise nach München antreten.

Das Bild im Nudelbrett. Foto: Christian Martin ...
Das Bild im Nudelbrett. Foto: Christian Martin Weiß
Ich erfreue mich auch heute noch, wie eh und je, an meinem Bild. 1966, 30 Jahre nach der Entstehung des Kunstwerkes, bin ich Trude Schullerus noch einmal begegnet. Sie hat mich angesehen und gesagt: Das ist die Stolzenburgerin mit den schwarzen Augen.“

Wer vor der Wende in Rumänien einen Ausreiseantrag gestellt hatte, musste eine Reihe von Repressalien in Kauf nehmen. Diese reichten vom Verlust der Arbeit, wenn man, wie Frau Guni, im Staatsdienst beschäftigt war, bis hin zum einjährigen Wiedereinreiseverbot nach der Aussiedlung.

Die siebenbürgische Malerin Trude Schullerus (1889-1981) studierte in München und arbeitete u.a. in Leipzig. Studienreisen führten sie durch Deutschland und Italien, ehe sie in ihrer siebenbürgischen Heimat erneut Fuß fasste und dort bis zu ihrem Tod lebte und arbeitete.

Doris Roth


Die Ausstellung „Mitgenommen – Heimat in Dingen“ im Haus des Deutschen Ostens (HDO), Am Lilienberg 5, 81669 München, läuft bis zum 9. Oktober und kann Montag bis Donnerstag von 10.00-20.00 Uhr sowie Freitag und in den Ferien von 10.00-15.00 Uhr besucht werden. Führungen mit den Ausstellungsmachern werden regelmäßig angeboten. Eine Anmeldung ist erforderlich unter Telefon: (0 89) 44 99 93-0 oder E-Mail: poststelle[ät]hdo.bayern.de. Weitere Informationen auf der Internetseite des HDO: www.hdo.bayern.de

Schlagwörter: Ausstellung, HDO, München, Flucht und Vertreibung, Deportation, Aussiedlung

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