16. März 2016

Großes Verdienstkreuz für Nobelpreisträger Stefan Hell

Der Banater Schwabe Stefan Hell (53) wurde von Bundespräsident Joachim Gauck am 24. Februar 2016 in Berlin mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Stefan Hell sei in Temeswar aufs deutsche Lenau-Lyzeum gegangen, auf dieselbe Schule wie auch Herta Müller, die deutsche Nobelpreisträgerin für Literatur, erinnerte Bundespräsident Gauck. „Was für eine erstaunliche Koinzidenz: Die einzige deutsche Schule, die auf zwei Nobelpreisträger aus ihren Reihen stolz sein kann, steht in Temeswar, in Rumänien. Dort behauptet man übrigens, es sei sogar die einzige Schule der Welt mit zwei Nobelpreisträgern.“

Hell sei nach seinem Physikstudium und seiner Promotion in Heidelberg zunächst ins Ausland, nach Finnland gegangen, „weil er mit seiner frühen wissenschaftlichen Intuition im eigenen Land zunächst nicht recht ankam“, bis es dann geklappt habe. 1997 kam er ans Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, 2002 wurde er zum Direktor am Institut ernannt. Auf sein Bauchgefühl habe er bei seiner Entdeckung gehört, zitierte der Bundespräsident Stefan Hell, und anschließend ziemlich dickköpfig seine Erkenntnisse vertreten. Nobelpreisträger könne man nicht züchten, so Gauck. „Es sind freie Geister, Abenteurer mit Unternehmungslust – durchaus auch im ökonomischen Sinne, Stefan Hell zum Beispiel war 2015 ‚Entrepreneur des Jahres‘, und Menschen, die zwar sehr teamfähig sind und die auch jetzt wissen und sagen, was sie anderen zu verdanken haben, die aber letzten Endes ihren eigenen Weg gehen und so richtig in kein System passen.“

Der Banater Schwabe Stefan W. Hell wurde mit dem ...
Der Banater Schwabe Stefan W. Hell wurde mit dem Nobelpreis für Chemie 2014 ausgezeichnet.
Wissenschaft brauche nichts so sehr wie Freiheit, betonte der Bundespräsident. „Politische und ideologische Gängelung sind deswegen genauso Gift für die Wissenschaft wie ökonomische Not und bürokratische Fesseln.“ Er zitierte Stefan Hell mit den Worten: „Wenn jemand eine Idee hat zu etwas, was die Menschheit wirklich weiterbringen würde, dann braucht er Freiraum. Man muss Räume schaffen, in denen jemand seiner Idee frei nachgehen kann.“ Man könne nur hoffen, so Gauck, „dass das im deutschen akademischen Betrieb und bei den dafür verantwortlichen Politikern und Behörden gehört, beherzigt und in die Tat umgesetzt wird“.

Heute ehre er jemanden, „der genau dafür einen Nobelpreis bekommen hat, dass er optische, physikalische Gesetze hinterfragt oder jedenfalls überlistet hat – sodass wir jetzt, dank Stefan Hell, die schärfsten Mikroskope aller Zeiten haben, durch die wir in das Innere von Zellen schauen können, was durchaus zum Heilen von Krankheiten beitragen kann“. Auf einen Nobelpreis folge der Dank des Vaterlandes in Form des Großen Verdienstkreuzes mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, sagte Bundespräsident Gauck bei dem Festakt im Schloss Bellevue. Mit großer Freude händige er diese Auszeichnung an die beiden Geehrten aus.

Stefan Hell, Direktor der Abteilung Nano-Biophotonik am Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie und Leiter der Abteilung „Hochauflösende Optische Mikroskopie“ am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg, hatte 2014 den Nobelpreis für Chemie für die Entwicklung des superauflösenden STED-Mikroskopierverfahrens erhalten (diese Zeitung berichtete). Die bahnbrechende Entdeckung ermöglicht es, die Abbesche Beugungsgrenze zu überwinden und das Auflösungsvermögen herkömmlicher Lichtmikroskope um das Zehnfache zu steigern. Stefan Hell erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen, allein 2015 wurden ihm der Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg, das Großkreuz des Sterns von Rumänien, die Glenn T. Seaborg Medal der University of California (Los Angeles), die Mitgliedschaft in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für Physikalische Chemie sowie der bereits erwähnte Titel „Entrepreneur des Jahres“ verliehen.

Walter Tonța

(Der Artikel erschien in der "Banater Post" vom 15. März 2016 und wird mit freundlicher Genehmigung des Autors wiedergegeben).

Schlagwörter: Banater Schwabe, Chemie, Nobelpreis

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