26. Mai 2016

Gedenken an Heimatvertriebene in Geretsried

„So dicht spürt man die Kultur der Heimatvertriebenen sonst nirgends in diesem Land“: Ein schöneres Kompliment hätte Festredner Josef Zeilmeier den Geretsriedern zum 70. Jahrestag der Ankunft der ersten Vertriebenen kaum machen können.
Kranzniederlegung, Zeitzeugenvorträge und Ausstellungsbesichtigung: All das lag bereits hinter den teils schon betagten Festbesuchern. Trotzdem reichten auch beim letzten Programmpunkt am Donnerstagabend, dem 7. April, der Gedenkfeier der Union der Vertriebenen und Aussiedler (UdV) im kleinen Saal der Ratsstuben, die Stühle nicht aus. Der UdV-Bezirksvorsitzende Oberbayern, Andreas Orendi, begrüßte neben den CSU-Landtagsabgeordneten Martin Bachhuber und Josef Zellmeier, gleichzeitig Landesvorsitzender der Karpatendeutschen Landsmannschaft, den ungarischen Generalkonsul in München, Gábor Tordai-Lejkó, zahlreiche Vertreter der verschiedenen Landsmannschaften, darunter die Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Herta Daniel, sowie Altbürgermeisterin Cornelia Irmer. Deren Ehemann, Diakon Klemens Irmer, leitete die Veranstaltung mit geistlichen Worten ein. Die Heimatvertriebenen hätten in ihrer Not Gott nie vergessen. Das habe ihnen Kraft gegeben, so Irmer.

Bürgermeister Michael Müller sagte, 1946 hätte niemand gedacht, zu welch blühender Stadt sich Geretsried einmal entwickeln würde. Dies sei dem Aufbauwillen der Menschen geschuldet, derer man an diesem 7. April gedenke. Man müsse sich immer bewusst machen, dass Flucht und Vertreibung nicht nur das Leben der Aufgenommen verändern, sondern auch das der Aufnehmenden.
Andreas Orendi, Bezirksvorsitzender der Union der ...
Andreas Orendi, Bezirksvorsitzender der Union der Vertriebenen der CSU Oberbayern und Vorsitzender der Bayerisch-Siebenbürgischen-Gesellschaft e.V., bei seiner Ansprache in Geretsried. Foto: Anita Zwicknagl
Martin Bachhuber sagte: „Ich hoffe, dass die Menschen, die heute nach Deutschland kommen, von jenem Geist beseelt sind, den die Graslitzer und die kurz darauf eintreffenden Tachauer vor 70 Jahren mitbrachten.“ Ihre Leistung verdiene höchsten Respekt. In den Baracken sei sicher manchmal bitterlich geweint worden über den Verlust der alten Heimat, doch man habe sich nicht entmutigen lassen. Das Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“, treffe auf die Heimatvertriebenen wohl am besten zu. Parallelen, insbesondere aber Unterschiede zwischen den damals angekommenen, rund zwölf Millionen Vertriebenen und den heutigen Asylbewerbern versuchte Josef Zellmeier aufzuzeigen. Unser freiheitliches System biete jedem die Chance, sich hier zu entfalten, sich etwas aufzubauen und die eigene Kultur zu pflegen, sagte der 52-Jährige. Unter kräftigem Applaus der Zuhörer betonte der Referent jedoch, dass die beiden Situationen nicht vergleichbar seien. Die Heimatvertriebenen hätten alle dieselbe Sprache gesprochen, hatten die gleiche Kultur und Religion, die gleichen Werte. Sie seien fast alle als deutsche Staatsbürger in das eigene Land, in einen anderen Teil Deutschlands ­gekommen – ein weitgehend zerstörtes Land. „Keiner kam freiwillig, keiner kam aus wirtschaftlichen Gründen“, so der Sprecher der Karpatendeutschen. Es habe keine internationale Hilfe gegeben, nur den Marshall-Plan als Darlehen.

Zellmeier versprach, er wolle sich als Landtagsabgeordneter genau wie Martin Bachhuber dafür einsetzen, dass der Freistaat weiterhin Mittel für den Bau von Museen wie dem Sudetendeutschen Museum und für Projekte der Landsmannschaften zur Verfügung stellt. Mit den ehrlich klingenden Worten: „Ich danke und ich verneige mich. Sie gereichen uns wirklich zur Ehre“, beendete der Niederbayer seine Rede.

Der Chor der Siebenbürger Sachsen unter der Leitung von Renate Klemm stimmte Bayern- und Deutschlandhymne an, und jeder im Saal sang mit.

Tanja Lühr


Geretsrieder Merkur

Schlagwörter: Geretsried, Heimatvertriebene, Gedenken

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