28. Mai 2016

Max Mannheimer in Ebersberg: 250. Ausstellung von Antje Krauss-Berberich

Dass Ausstellungseröffnungen in den Räumlichkeiten des Ebersberger Rathauses traditionell gut besucht sind, ist kein Geheimnis. Daran jedoch, dass eine Ausstellung zum Auftakt zugleich so stark frequentiert, auf zwei Etagen sichtbar und darüber hinaus auch so vergnüglich war wie dieses Mal, konnten sich selbst regelmäßige Besucher der Rathausgalerie nicht erinnern. Grund für das starke öffentliche Interesse und den Besucherandrang zur Vernissage am 14. April war kein unbekannter Künstler, sondern eine schöpferische Persönlichkeit von Rang: der Holocaust-Überlebende Max Mannheimer, Zeitzeuge und unermüdlicher Mahner vor den Folgen von Rassismus, Intoleranz und Rechtsextremismus, der auf Einladung von Antje M. Berberich persönlich nach Ebersberg gekommen war, um der seinen Werken gewidmeten Retrospektive beizuwohnen.
Wenn man sich vor Augen hält, dass der 96-Jährige im Konzentrationslager fast seine gesamte Familie verlor, wenn man weiß, dass Mannheimer in den Lagern Theresienstadt und Auschwitz Demütigung, Qual und unsägliches Leid am eigenen Leibe erfahren hat, dann ist fast nicht zu glauben, zu welchem Charme, zu welcher menschlichen Größe, zu welcher Versöhnlichkeit er fähig ist. Geduldig und nicht ohne Humor beantwortete er, im Rollstuhl sitzend, die vielfältigen – auch sehr persönlichen – Fragen der zahlreichen Besucher.

Bei den rund 150 Anwesenden, die diesen ehrwürdigen Menschen bei den Ansprachen der Kuratorin Antje Krauss-Berberich, seiner langjährigen Beraterin, Freundin und Managerin, der Karmeliterin Sr. Elija Boßler, und seiner Vertrauten Dr. Angelika Otterbach erleben durften, blieb kein Auge trocken vor Rührung, vor Lachen und Schmunzeln über die spaßigen Einlagen, die „unser“ Max laufend einfügte und so die „Lobhudeleien“ relativierte. Und alle fanden es witzig, als der 3. Bürgermeister Josef Riedl etwas spät aus einer entscheidenden Kreistagssitzung anhetzte und dann den Namen des Künstlers wie auch der beiden anderen Referentinnen nicht mehr zusammenbrachte. „Mannheimer ist mein Name“, hörte man jemanden glucksend sagen. Dann war keiner mehr zu halten, die Stimmung schwappte über. Und ben jakov wiederholte in einem handschriftlichen Dankesschreiben an die Kuratorin seine schon in Ebersberg geäußerten Worte: „…vielen Dank. Die Ausstellung war die schönste, die ich je hatte …“. Und das bei bisher über fünfzig Ausstellungen.
Der bekannte Künstler Max Mannheimer (vorne) bei ...
Der bekannte Künstler Max Mannheimer (vorne) bei der Ausstellungseröffnung, von links: Ebersbergs dritter Bürgermeister Josef Riedl, Karmeliterin Elija Boßler, Kuratorin Antje Krauss-Berberich und Referentin Dr. Angelika Otterbach. Foto: Martin Schedo
Im Mittelpunkt des Abends und des Publikumsinteresses stand indes nicht das Leben Max Mannheimers, sondern das Gesamtwerk, das er seit Mitte der 1950er Jahre mit Pinsel und Palette geschaffen hat. Wie auch andere Opfer von Krieg und Gewalt wurde Mannheimer nicht zufällig zum Maler, sondern begann sich künstlerisch zu betätigen, um die Schrecken und Nöte zu verarbeiten, die er in der Zeit des Holocaust erlebt hatte. Unter dem Künstlernamen ben jakov („Sohn Jakobs“) als Erinnerung an seinen ermordeten Vater schuf Max Mannheimer ein vielseitiges, facettenreiches Werk, begann zu experimentieren. Frucht seiner Bemühungen sind Gemälde, Zeichnungen Hinterglasbilder, die sich nur schwer einer Stilrichtung zuordnen lassen: Seit 1958 in Anlehnung an Wassily Kandinsky malend, entstanden in Aquarellfarben abstrakte Formen, die sich an den Rändern auflösen; ein schwarzes Liniengeflecht ruft Erinnerungen an Zäune und Baumskelette hervor, während auf einem anderen Bild verzerrte Gitter mit allerlei Figuren – Flammen, Schlangen, Fische, Blumen und Sterne –, daneben rätselhafte Chiffren sichtbar werden, ohne Zweifel Erinnerungen an traumatische Erfahrungen in der NS-Zeit. Daneben sind bunte Kreidezeichnungen zu sehen, die von Lebenslust und Fröhlichkeit künden – insgesamt ein repräsentativer Querschnitt des Werkes, eine Schau großer künstlerischer, vor allem aber auch stilistischer Vielfalt, eine glänzende Auswahl aus dem reichen Schaffen des Künstlers.

Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis der vielfältigen Bemühungen der aus Kronstadt stammenden Ebersberger Stadtarchivarin und Galeristin Antje Krauss-Berberich, die sich mit Max Mannheimers Bildern im Rahmen ihrer 250. (!) Präsentation beinahe selbst übertroffen hat. Unsere Siebenbürger Sächsin, die im Laufe von rund 25 Jahren etwa 4 000 Kunstwerke gesammelt, registriert und katalogisiert hat, wird treffend charakterisiert, wenn Ebersbergs Erster Bürgermeister Walter Brilmayer ihr attestiert, es seien sowohl ihr Kunstsachverstand als auch ihr Charme, die Ausstellungen wie die zu Max Mannheimer in einer kleinen Stadt wie Ebersberg erst ermöglichen. Wir schließen uns dieser Einschätzung an, beglückwünschen sie zu ihrem Erfolg und ihrem Gespür und freuen uns bereits jetzt auf ihre kommenden Aktivitäten und Ausstellungen.

Die Ausstellung Max Mannheimer in der Ebersberger Rathausgalerie ist bis zum 15. Juli Montag bis Donnerstag von 8.00-17.00 Uhr, Freitag von 8.00-12.00 Uhr geöffnet, und jederzeit nach Vereinbarung unter E-Mail: a.berberich [ät] ebersberg.de, Telefon: (08092) 2 06 17, zu besichtigen.

Michael Schwarz

Schlagwörter: Ebersberg, Holocaust, Ausstellung

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