3. Februar 2006

In Ketten nach Hermannstadt gebracht

Zu den fähigsten Töpfermeistern, die auch in Siebenbürgen ihre Schaffensfreude unter Beweis stellten und in Keramikerkreisen große Anerkennung fanden, zählen die Habaner oder Hutterer. Ihre Keramikarbeiten gehören zu den Schönsten, die es auf diesem Gebiet gibt. Über ihre Wanderwege und Versuche, eine Heimstatt zu finden, sei hier aus alten Aufzeichnungen eines siebenbürgischen Pfarrers berichtet.
Die Habaner sind eine Glaubensbewegung, die 1525 in Kärnten gegründet wurde. Man nannte sie auch Schweizer Brüder. Sie bildeten eine Sekte, die für den Frieden lebte. Sie lehnten jede Gewalt ab. Als Kriegsverweigerer wurden sie verfolgt. Zuerst flohen sie in die Berge ihrer Heimat, von dort nach Tirol. Ihr Anführer, Jakob Hutter, starb 1536 in Innsbruck auf dem Scheiterhaufen. Seine Anhänger flohen nach Mähren, doch auch von hier wurden sie vertrieben. 1558 tauchte eine Gruppe bei Klausenburg auf. 1621 wurden von Graf Betlen 1 200 Habaner im siebenbürgischen Vinz angesiedelt unter dem Versprechen, sie vom Kriegsdienst und allen Steuern zu befreien. Graf Betlen lobte diese frommen und tüchtigen Menschen: „Sie sind ein Segen für das Land…; sie sind die Bienenstöcke Weißenburgs“. In Vinz hofften sie glücklich leben zu können. Doch sie wurden vom ungarischen Adel schamlos ausgebeutet. Es wurde massenhaft Töpferware bestellt, doch nie bezahlt. Durch Maria Theresia begann dann auch hier die Verfolgung durch die katholische Kirche (Jesuiten). 1757 wurden sie auch aus Vinz vertrieben. Bloß vier Töpfermeister blieben und traten zum katholischen Glauben über. Diese „Posthabaner“ lebten und wirkten hier bis 1795. Dann verliert sich ihre Spur, bis auf eine dreijährige Bleibe in Großpold. Von hier wurden sie in Ketten nach Hermannstadt gebracht, von wo sie in die Walachei flüchteten.

Die seinerzeit aus Vinz vertriebenen Habaner, auch Hutterer genannt, folgten 1770 einer Einladung Katharina der Großen nach Russland und siedelten in der Nähe von Kiew. Auch ihnen hatte die Zarin Freiheit vom Waffendienst gewährt. Als dies Privileg nach 100 Jahren aufgehoben wurde, begann die Suche nach einer neuen Heimat. 1873 zogen Delegierte in die Vereinigten Staaten von Amerika. Der damalige Präsident Grant versprach ihnen Glaubensfreiheit und 50 Jahre Befreiung vom Waffendienst. Die Auswanderer ließen sich in der Nähe von Dakota nieder. Beim Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg begann auch hier die Verfolgung der Wehrdienstverweigerer. Als „Pazifisten“ wurden Hunderte vertrieben. Nach dem Ersten Weltkrieg wanderten die Habaner nach Kanada aus und siedeln in der Nähe von Alberta. Leider wurde das Töpferhandwerk aufgegeben. 6 700 Habaner bauten hier einen eigenartigen Landwirtschaftsbetrieb auf, leben in 83 Bruderschaften auf Bruderhöfen. Die Besten unter ihnen werden zu ihren Führern ernannt. Die modernsten landwirtschaftlichen Maschinen werden angeschafft, um die Felder zu bewirtschaften. Heute noch sind es 500 000 Hektar.

Die Leistungen der Hutterer gelten als einmalig in der Welt. Sie kennen kein persönliches Eigentum, bilden einen Staat im Staat und sind eine einzige große Familie. In ihren Haushalten leben sie zwar noch wie im 16. Jahrhundert, doch haben sie eigene Schulen und Hochschulen. Sie sprechen noch ihren Kärntner Dialekt und sind die einzigen Deutschen, die noch die Gotische Schrift benutzen. Aus der Gründerzeit haben sich folgende Namen erhalten: Gross, Hofer, Stahl, Waldner, Walter, Wurz. Von der kanadischen Regierung werden sie geschätzt. Immer noch sind sie vom Wehrdienst befreit und leben nach dem Gebot: „Du sollst nicht töten.“ Die Männer tragen Bart, die Frauen Kopftücher. Ein großer Kinderreichtum umgibt sie.

Erwin Etter

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 2 vom 31. Januar 2006, Seite 9)

Schlagwörter: Kunsthandwerk

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  • 28.01.2009, 12:09 Uhr von der Ijel: Habaner Ware ist bekannt, es zogen mit der Ware die Habaner über Land. Ob Hafen nun von Haben ... [weiter]

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