26. Dezember 2008

Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung: "Partnerschaften und Projekte"

Man könnte sich keinen geeigneteren Ort für die Präsentation der Wanderausstellung „Die Stif­tung: Partnerschaften und Projekte“ ausdenken als die Kirchenburg Tartlau. Für dieses Bau­denkmal hatte die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung die erste Patenschaft in Siebenbürgen übernommen, im März 1992, in Anwesenheit von Ludovic Spieß, damaliger Kultusminister, Bischof D. Dr. Christoph Klein, Hans-Christian Habermann und Dr. Horst Waffenschmidt, damaliger Parlamentarischer Staatssekretär in seiner Eigenschaft als Aussiedlerbeauftragter.
Das Patenschaftsabkommen sah u. a. vor, dass die Stiftung außer den notwendigen Maßnahmen zur Konservierung und Renovierung auch die Verpflich­tung übernimmt, das Inventar dieses Baudenkmals zu sichern. Das Kirchenburg­mu­seum wurde durch das Umfunktionieren einiger Vorratskammern im Innenhof erweitert und für den Besucher attraktiver gestaltet.

Das Sieben­bürgische Museum Gundelsheim unterstützte dieses Ausbauprojekt in Tartlau von Anfang an: beratend bei der Gestal­tung der neuen Ausstel­lungsräume, vermittelnd bei der Ausstattung der Räume mit museumstechnischen Einrichtungen (Beleuch­tung, Klimamessgeräte u. a.) und bei der Durchführung einiger Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen. Ein solches Projekt war die Bekämpfung von Holzschädlingen, eine Maßnahme mit höchster Dringlichkeitsstufe, die sich auf 56 Vorratskammern erstreckte, darunter auch solche, wo gesichertes Kulturgut aus sächsischen Gemeinden (vorwiegend aus Holz) untergebracht wurde. Nach den an der Fach­hochschule Eberswalde (Brandenburg) unternommenen makro- und mikroskopischen Unter­suchungen und aufgrund biologischer Bestim­mungen der Schädlinge (Hausbockkäfer, dunkle Pelzkäfer und blaue Fellkäfer), konnte mit den Maßnahmen begonnen werden.
„Die Alte Schule“ in der Kirchenburg Tartlau. ...
„Die Alte Schule“ in der Kirchenburg Tartlau. Foto: Volker Wollmann
Das Kirchenburgmuseum in Tartlau, dessen Entstehung mit dem Namen der 1992 verstorbe­nen Pflegerin siebenbürgisch-sächsischer Volks­kunst, Herta Wilk, untrennbar verbunden ist, wurde in den letzten Jahren über die Lan­des­grenzen hinaus bekannt. Verglichen mit anderen sächsischen Heimatstuben oder Daueraus­stellungen (siehe Seite 11, Besprechung des Bu­ches „Museen der Kirchenburgen. Kleinode in Siebenbürgen“ von Sören Pichotta) weist Tartlau eine wesentlich größere Besucherzahl auf. Die monumentale Kirchenburg ist inzwischen eine Attraktion, die innerhalb des rumänischen und ausländischen Fremdenverkehrs nicht mehr wegzudenken ist.

Die Ausstellungen bieten schon im jetzigen Ausführungsstadium ein nahezu vollständiges Bild der sächsischen Volkskultur. Dazu tragen im Wesentlichen auch die später hinzugekommenen Ausstellungsbereiche bei, in denen vorwiegend Großexponate gezeigt werden zur Ent­wicklung des Ackerbaus, zum Obst- und Wein­bau und diversen Bereichen des bäuerlichen Handwerks. Neuangebrachte (zweisprachige) Schilder machen den Besucher auf folgende bereits zugängliche Ausstellungsabschnitte aufmerksam: „Geräte für den Wein- und Obstbau“, „Dorfschmiede aus Taterloch“, „Handwerksge­rät für die Hanfverarbeitung“ (Seilerei)“, „Land­wirtschaftliche Geräte“. Im ersten dieser Räume befinden sich eine Press­alkenkelter aus Klein­probstdorf, eine Spindelkelter aus Urwegen, eine Quetschmühle für Obst sowie eine Schrauben­presse aus dem Burzenland. Die Hanfverarbei­tung wird unter anderem durch einen Spann­karren und eine vierhakige Seilschlagmaschine mit Lehren (Leithölzern) aus Hamruden veranschaulicht.

Auch einige Kammern im Obergeschoss auf dem Weg zum Wehrgang wurden museal ge­nutzt für die Präsentation einer Wohnstube, wo allerdings die bemalten Schreinererzeugnisse aus verschiedenen Ortschaften bzw. Malzentren herbeigebracht wurden. Geräte für das Spin­nen, Spulen und Haspeln wurden in einer be­nachbarten Kammer aufgestellt, wo u. a. auch ein Webstuhl aus Urwegen zu sehen ist. An- und abschließend folgt der Ausstellungsbereich mit dem Arbeitsgerät eines Wagners und Fassbin­ders (Böttchers) aus Meeburg und eines Sattlers und Riemers aus Alzen.

Die „Alte Schule“ mit ihren Fresken aus dem 18. Jahrhundert, in der während der Belage­rung der Kirchenburg Tartlau und in unsicheren Zeiten (bis 1853) Unterricht gehalten wur­de, stellt eine weitere Attraktion dar. Sie wird seit einigen Jahren museal genutzt. Das ausgestellte Schulmobiliar und die in einer ­Vitrine unter­gebrachten Schreibutensilien stammen ­je­doch aus späterer Zeit. In der Intention, auch weitere Vorratskammern und leer stehende Räumlichkeiten museal zu nutzen, gelangte man zu der Überlegung, den Durchgangsbe­reich im vierten Geschoss für Sonderausstel­lungen zu verwenden: ein äußerst großzügig angelegter Raum, der den Zugang zum zwei Meter breiten Wehrgang herstellt, der seinerseits um den ganzen inneren Mauergürtel he­rumführt.

Angesichts dessen, dass die meisten Besucher den beeindruckenden und begehbaren Wehr­gang der Kirchenburg in Augenschein nehmen wollen, ist Tartlau für diese Wanderausstellung, bei einer Besucherzahl von über 11 000 Perso­nen in der Zeitspanne vom 15. Juni bis Mitte Oktober 2008, mit Abstand die bestbesuchte Station dieser Ausstellung. Vor diesem Hinter­grund wird sie auch weiter geöffnet bleiben, was auch insofern wichtig und sinnvoll ist, da sie den Besuchern eine Fülle zusätzlicher Infor­mationen bietet über die Projekte der Sieben­bürgisch-Sächsischen Stiftung, die sich in Tart­lau so vorbildlich engagiert.

Volker Wollmann

Schlagwörter: Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung, Ausstellung, Tartlau

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