26. September 2014

Die Spuren seines Lebensweges bleiben sichtbar

Als Hans Georg Herzog am 7. Mai 1915 in Mühlbach in Siebenbürgen als Sohn von Dr. Otto Herzog und dessen Frau Johanna geboren wurde, wurde er auf einen langen Weg geschickt. Einen Weg, der sicher oft eine Herausforderung für ihn werden sollte, ein Weg, der aber auch viel Schönes für ihn bereithielt. Am 28. Juli ist Dr. Hans Georg Herzog im Alter von 99 Jahren in Wien verstorben.
Nach der ersten Zeit in Mühlbach lebt er von 1918 bis 1921 in Budapest und danach bis 1925 in Wien, wo der Vater Vorstandsdirektor der Handelsfirma „Nostra“ im Konzern der „Futura“ war und seine Mutter ein Engagement als Opernsängerin an der Wiener Volksoper hatte. Hans Georg selbst besucht verschiedene Volksschulen, zuletzt die Vorbereitungsklasse im Theresianum. Die Familie hatte die österreichische Staatsbürgerschaft mit Heimatrecht in Nickelsdorf im Burgenland. Wieder zurück in Siebenbürgen leben die Herzogs in Hermannstadt, wo Hans Georg das Brukenthal-Gymnasium besucht. Als er 13 Jahre alt ist, stirbt seine Mutter. Das folgende Jahr verbringt er in einem Internat in England, 1932 gewinnt er den Literaturpreis der Schülerolympiade in Schäßburg. In den nachfolgenden sechs Jahren widmet sich der junge Hans Georg Herzog dem Jusstudium, dem er in Bukarest, Paris und Berlin nachgeht. Beim Studienabschluss im Jahre 1938 in Bukarest ist er Jahrgangseinziger, angeblich der erste Absolvent in Bukarest, der einer Minderheit angehört. Ab Jänner 1938 absolviert Hans Georg Herzog seine Rechtsanwaltspraxis und wird, nach Erwerb des Rechtsanwaltsdiploms 1940, in die größte Bukarester Wirtschaftskanzlei aufgenommen.
Dr. Hans Georg Herzog (1915-2014) ...
Dr. Hans Georg Herzog (1915-2014)
Sein sehr geradliniger Weg bis hierher wird auch, wie der von unzähligen anderen, durch den Krieg steiniger, verschlungener und härter. Nachdem Hans Georg Herzog bereits von 1936 bis 1937 die Artillerie-Reserveoffiziersschule in Craiova absolviert hatte, wird er in die Moldau einberufen und im Jahre 1941 schwer verletzt. Nach bestandener Doktoratsprüfung eröffnet Hans Georg Herzog 1942 in Bukarest eine eigene Wirtschaftskanzlei. Im November 1943 erkrankt er jedoch schwer an Kinderlähmung. Die ärztliche Betreuung und die daran anschließenden Therapien und Kuren führen ihn nach Österreich. Hier lässt er sich nieder und heiratet 1946 Ina, die ihn auf seinem Weg durch das Leben bis 2003 begleitet. Gemeinsam werden sie Eltern von einer Tochter und einem Sohn. 1947 erhält Hans Georg Herzog die österreichische Staatsbürgerschaft und treibt die Nostrifizierung seines Diploms voran. Nachdem er die Anwaltsprüfung 1951 mit sehr gutem Erfolg besteht, eröffnet er seine erste Kanzlei in Österreich. Sein weiterer beruflicher Lebensweg verläuft bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1983 erfolgreich, seine Spezialgebiete sind das Wirtschaftsrecht, der internationale Rechtsverkehr und Europarecht. Daneben arbeitet er viele Jahre, bereits ab 1948, auch als Gerichtsdolmetscher für die rumänische, englische und französische Sprache.

2006 übersiedelt Hans Georg Herzog in bereits hohem Alter in ein Pensionistenheim, in dem er die letzten Jahre seines Lebens, betreut von seiner Tochter und geschätzt von seiner Familie, verbringt. Neben seiner beruflichen Karriere fand Hans Georg Herzog, bedingt durch seine offene Wesensart, auch immer die Zeit, sich Herausforderungen auch auf anderen Gebieten zu stellen. So gipfelte sein Interesse für Feldhandball in der Teilnahme an den olympischen Spielen 1936 in Berlin und an den Weltmeisterschaften im Jahre 1938 (siehe "Olympia-Teilnehmer Dr. Hans Georg Herzog gestorben"). Er war Stammspieler des Hermannstädter Turnvereines.

Der Bundesverband der Siebenbürger Sachsen in Österreich und der Verein der Siebenbürger Sachsen in Wien, dessen Mitglied Hans Georg Herzog bis zu seinem Tod war, haben ihm ganz besonders zu danken für sein Engagement, mit dem er das Selbstverständnis und das Bild der österreichischen Siebenbürger maßgeblich mitbestimmt hat – in den Jahren 1947-1957 als Obmann des Vereins der Siebenbürger Sachsen in Wien und von 1952 bis1962 als Bundesobmann des Verbandes der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Österreich. Hans Georg Herzog war auch an der Gründung des Verbandes der Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs (VLÖ) im Jahre 1954 beteiligt und bis 1962 dessen stellvertretender Obmann.

In der schwierigen Zeit der Heimatfindung und Heimatwerdung Österreichs in den Jahren nach dem Krieg arbeitete Dr. Herzog in allen Gremien mit, sowohl in Österreich und Deutschland als auch in weiterer Folge in den USA und Kanada. Er förderte stets die länderübergreifende Zusammenarbeit der Siebenbürger Sachsen. Auf sein Betreiben hin wurde 1958 die Österreich-Seite der Siebenbürgischen Zeitung eingeführt.

Ich durfte Hans Georg Herzog im hohen Alter kennenlernen, als der Verein der Siebenbürger Sachsen in Wien ihn für seine langjährige Mitgliedschaft ehrte und dankte. Seine außergewöhnliche Persönlichkeit, seine natürliche Autorität, sein reiches Leben waren deutlich spürbar und haben mich tief beeindruckt. Es ist mir eine Ehre, nach Jahrzehnten das, was er begonnen hat, fortzuführen und hoffentlich seinen Vorgaben gerecht zu werden. Die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen in Österreich verneigt sich in Dankbarkeit und Respekt vor Dr. Hans Georg Herzog und ist stolz, dass ein Teil seines reichen, abwechslungsreichen und interessanten Weges auch der der Siebenbürger Sachsen in Österreich war. Die Spuren, die er auf seinem Lebensweg hinterlassen hat, werden gewiss noch lange sichtbar und lesbar sein und es auch bleiben. Hans Georg Herzog ist am 28. Juli 2014 ruhig entschlafen.

Verband der Siebenbürger Sachsen in Österreich

Verein der Siebenbürger Sachsen in Wien

Schlagwörter: Nachruf, Österreich, Wien, Bundesobmann

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