15. Februar 2016

Zwei Vorträge über den Umbruch in Rumänien

Ungewöhnlich viele Gäste des Vereins der Siebenbürger Sachsen in Wiens haben am 22. Januar gespannt über zwei Stunden lang den beiden Vortragenden gelauscht, die Geschehnisse um den Fall des Eisernen Vorhanges und besonders den Sturz des Diktators Nicolae Ceaușescus zum Thema hatten.
Wir waren gemischt hinsichtlich Herkunft, Generation, Fachgebiet und Interesse: Gäste aus der Geschichtswissenschaft waren gekommen; Interessierte, die Geschichten von Freunden aus jener Zeit kennen; viele, die zur Zeit noch Familie und Freunde in Rumänien hatten und nicht zuletzt auch meine Generation, die Kinder jener, die ausgewandert waren und die Siebenbürgen nur noch aus Erzählungen aus Familien- und Vereinskreisen kennen. Ungeachtet all dieser Unterschiede gab und gibt es offenkundig große Neugier am Wissen über diese Zeit und den Erfahrungsgeschichten jener, die sie auf die eine oder andere Art miterlebt haben.

Den Abend eröffnet hat Mag. Wilgerd Nagy mit raumfüllender, militärisch klarer Stimme und einem faktenorientierten Vortrag, der teils die Vorgeschehnisse des Jahres 1989 markierte und andererseits auch persönliche Erinnerungen an die Reisen in der Zeit enthielt. Er zeichnete für uns die Geschichte Pfarrer Tökes nach und erweiterte dann den Blick auf andere, möglicherweise von ausländischen Geheimdiensten angeleitete Protestmomente, die dann letztlich den Ausschlag gaben. Viele Details, wie der Umgang mit fehlenden Lebensmitteln, von der Securitate beauftragte Freunden und verschiedene Gegebenheiten sprachen uns Zuhörende direkt an, da es wohl in vielen Erinnerungen belebte und in anderen eine greifbare Vorstellung erzeugte, wie Leben damals für die Menschen gewesen war.

Im zweiten Teil hat Mag. Gudrun Ott diese Zeit aus ihrem Erleben und Arbeiten im ORF nachgezeichnet, vor allem durch zahlreiche Ausschnitte aus Berichten, die damals in den Nachrichten gesendet wurden. Ein Raunen und etwas überraschend auch Gelächter ging öfter durch die Menge, als Nicolae Ceaușescu im Bild zu sehen und zu hören war. Natürlich, Bild- und Tonqualität sind durch die Digitalisierung der Beiträge fast unverändert und auch das schien die Zuhörerschaft wieder zurückzuversetzen. Überhaupt war die Stimmung über die ganze Zeit hinweg eine angeregte, lebhafte, es gab immer wieder spontane Kommentare. Obwohl all das schon 25 Jahre zurückliegt, hingen wir im Publikum an den Informationen und dem Material, weil es noch immer eine eigenartige, aufgeladene Stimmung erzeugt: Manche beleben Erinnerungen, andere erweitern historisches Wissen oder ergänzen die Erzählungen ihrer Eltern. Der Vereinsabend war faszinierend für alle. Am Ende des Vortrags war noch Zeit für Rückfragen und Beiträge aus dem Kreis der Zuhörenden. Es schien uns, als würden wir nur schwer ein rundes Ende finden und so musste der Austausch auf das Buffet verlagert werden.

Als eine der sogenannten jungen Generation hoffe ich auf Fortsetzung, damit wir noch mehr nachfragen und hören dürfen darüber, wo unsere Familien herkommen und welche Wege sie gegangen sind.

Christine Salmen

Schlagwörter: Wien, Vortrag, Ceausescu

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