29. September 2012

22. Sachsentreffen in Birthälm: Traditionsreiche Vergangenheit, Hoffnung für die Zukunft

„Der Gegenwart alle Kräfte, der Zukunft unsere Hoffnung“ – so lautete das Motto des 22. Sachsentreffens am 22. September 2012 in Birthälm. Rund 1 500 Besucher und Mitwirkende zählten die Veranstalter des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen. Die ehemalige Bischofsburg stellte wieder einmal die Kulisse für das alljährliche Treffen der in der Heimat gebliebenen Siebenbürgen Sachsen. Das Treffen stand im Zeichen der Frauen. Mit der Honterus-Medaille wurde Ortrun Rhein ausgezeichnet.
Den Festgottesdienst in der gut gefüllten, aber nicht vollen evangelischen Kirche hielten Bischof Reinhart Guib, der Stadtpfarrer von Sächsisch Regen, Johann Zey, und der Birthälmer Ortspfarrer, Ulf Ziegler. „Unsere Gemeinschaft hat eine lange und traditionsreiche Vergangenheit“, meinte Guib, „aber darauf können wir uns nicht ausruhen“. Er stellte die Frage, wofür es sich heute lohne, die beschränkten Kräfte einzusetzen. Aus Sicht der Kirche seien dies die Öffnung der Kirche für Gläubige aus dem rumänischen Kulturkreis, deutschsprachige Zuwanderer sowie ausgewanderte Landsleute.
Besonders viele Zuschauer wurden beim ...
Besonders viele Zuschauer wurden beim Trachtenaufmarsch vor der ehemaligen Bischofsburg verzeichnet. Fotos: Holger Wermke
Nach einer kurzen Pause nach dem Gottesdienst begann das abwechslungsreiche Kulturprogramm. Den Anfang machte die von Maria Schenker geleitete siebenbürgische Theatergruppe aus Augsburg, die im Kulturhaus das Mundartstück „Urlew am Schwarzen Meer“ aufführte. Zur selben Zeit begann in der Kirche das Chorprogramm, gestaltet von „Sälwerfäddem“ aus Hermannstadt und Schäßburg, dem Mediascher Männeroktett unter der Leitung von Edith Toth und dem Instrumentalensemble „Canzonetta“ aus Kronstadt unter der Leitung von Ingeborg Acker. Aus Deutschland angereist waren die Saalfelder Akkordeon-Big-Band, der Chor „Maxhütte“ und der Chor des Bundes der Vertriebenen.

Am Rande der vielen Veranstaltungen verteilten einige Aktivisten Flugblätter, mit denen sie gegen den Abriss des Pfarrhauses in Deutsch-Kreuz protestierten. Auch in den Gesprächen der Besucher war das Thema immer wieder ein lebhaft diskutierter Gegenstand.

Traditioneller Höhepunkt war auch in diesem Jahr der große Trachtenaufmarsch vor der Kirche. Zu den Klängen der Blaskapelle des Deutschen Forums in Bistritz füllte sich der Hauptplatz des Dorfes mit den Mitgliedern der Tanzgruppen aus Bistritz, Hermannstadt, Neumarkt am Mieresch, Mühlbach, Sächsisch-Regen, Schäßburg und Zeiden. Nicht jeder der Zuschauer konnte sich von dem Spektakel rechtzeitig lösen, so dass die Festveranstaltung im nahen Festsaal mit Verspätung begann.

Hier kamen zunächst die Ehrengäste zu Wort – die in diesem Jahr zahlreich nach Birthälm gekommen waren. Eigens aus Deutschland angereist war Dr. Christoph Bergner, Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, aus Bukarest kamen die Botschafter Österreichs und Deutschlands, Dr. Martin Schwarzinger bzw. Andreas von Mettenheim, sowie Christiane Cosmatu, Unterstaatssekretärin im Departement für Interethnische Beziehungen. Auch der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Klaus Johannis, nahm am Treffen teil.

Den Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland vertrat Dr. Johann Kremer, der Vorsitzende des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen. Er versicherte den „lieben Landsleuten in der Heimat“ die Solidarität der in Deutschland lebenden Sachsen. Weitere Grußworte überbrachten Karl-Heinz Brenndörfer, Stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften in Deutschland, und Pfarrer Magister Volker Petri, Bundesobmann des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich.
Dr. Paul-Jürgen Porr überreichte die Honterus ...
Dr. Paul-Jürgen Porr überreichte die Honterus-Medaille des Siebenbürgenforums an Ortrun Rhein.
Das Treffen stehe im Zeichen der Frauen, betonte Dr. Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender des Siebenbürgenforums. Diesen wolle man ein Dankeschön aussprechen und ein symbolisches Denkmal setzen. Der Vorsitzende des Landesforums, Klaus Johannis, ergänzte, dass im Forum mindestens ebenso viele Frauen wie Männer tätig seien, davon eine große Zahl in leitender Position, was er auf die „demokratische Tradition der Gemeinschaft“ zurückführte. Den Festvortrag hielt 2012 Gerhild Rudolf, seit März dieses Jahres Leiterin des Hermannstädter Kultur- und Begegnungszentrums „Friedrich Teutsch“. Sie würdigte die „beachtlichen Leistungen“ der siebenbürgisch-sächsischen Frauenvereine im 20. Jahrhundert. „Alles, was heute in der Frauenarbeit geleistet wird, hat seinen Ursprung in diesen Wurzeln“, so Rudolf. Die Schwerpunkte der heute der evangelischen Kirche angegliederten Frauenarbeit seien die Erwachsenenbildung und die Schaffung von Begegnungserlebnissen.

Stellvertretend für die siebenbürgisch-sächsischen Frauen hatte der Vorstand des Siebenbürgenforums beschlossen, die Honterus-Medaille der Leiterin der Hermannstädter Carl-Wolff-Altenheims, Ortrun Rhein, zu verleihen. „Der Vorstand des Siebenbürgenforums um Paul Jürgen Porr hat eine ungewöhnliche und mutige Frau auserkoren, eine Person mit Ecken und Kanten“, lobte Ursula Philippi, die mit ihrer sehr persönlichen Laudatio die Gäste im Saal berührte.

Auch von anderer Seite kam Wertschätzung. Dr. Christoph Bergner sprach Rhein neben seinem persönlichen Dank auch den des Bundesinnenministeriums aus. „Ortrun Rhein war ein großartiger, ein wichtiger, ein verlässlicher und ein immer bereiter Partner in unserer Zusammenarbeit“, sagte Bergner. Botschafter von Mettenheim erinnerte daran, dass Rhein von ihm 2009 das Bundesverdienstkreuz überreicht bekommen hatte.
Teilnehmer in Tracht beim Sachsentreffen. ...
Teilnehmer in Tracht beim Sachsentreffen.
„Wo wir wegschauen, sieht sie hin“, betonte Ursula Philippi. Ortrun Rhein sei fröhlich und natürlich trotz der täglichen Konfrontation mit menschlichem Leid, Niedertracht und menschlicher Unfähigkeit. Sie opfere Urlaub, Freizeit, Schlaf und manchmal auch Freunde, um die mit dem Altenheim und seiner Bewohner verbundenen Probleme zu lösen. „Durch ihren Umgang mit Behörden, Ämtern und medizinischen Institutionen zeigt uns Ortrun Rhein, dass der gerade Weg möglich ist – selbst in unserem Land mit seinen Problemen im Gesundheitswesen und im Sozialbereich.“ Mit diesem Höhepunkt klang ein abwechslungsreiches Sachsentreffen aus. Die Teilnehmer von nah und fern fuhren mit zahlreichen Eindrücken zurück in ihre Heimatorte. Mit der Hoffnung, dass das Sachsentreffen auch in Zukunft seinen Platz in Kulturkalender der in Siebenbürgen gebliebenen Sachsen behalten werde.

Holger Wermke

Schlagwörter: Sachsentreffen, Birthälm, Forum

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Neueste Kommentare

  • 01.10.2012, 17:16 Uhr von azur: Herr Wermke und Herr Bruss, besten Dank für die Ergänzung des Artikels! [weiter]
  • 01.10.2012, 16:49 Uhr von gogesch: Ich hoffe Sie haben Ihn dazu ermutigt, Herr Bruss. Dafür, Vielen Dank. [weiter]
  • 01.10.2012, 15:56 Uhr von mutapitz: Für gewöhnlich laufen dort auch Vertreter einer besonderen Minderheit herum, die ebenfalls ihre ... [weiter]

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