20. Februar 2015

Siebenbürgisch-sächsische Deportierte in der Malerei

Am 17. Januar 2015 wurde in einer überregionalen Gedenkveranstaltung in Ulm der vor 70 Jahren erfolgten Deportation der Deutschen aus Südosteuropa in die Sowjetunion gedacht (diese Zeitung berichtete). In Vorträgen und Referaten, in Gesprächen mit Zeitzeugen wurde den Anwesenden die leidvolle Zeit ins Gedächtnis gerufen. Dieses Thema hat der Kronstädter Harald Meschendörfer (1909-1984), Maler, Graphiker und Kunsterzieher, schon 1950 künstlerisch festgehalten. Er war zwar kein Betroffener, empfand es aber als Gebot der Stunde, die heimgekehrten Verschleppten zu malen.
Für eine Ausstellung der Kronstädter Künstler in der noch jungen Volksrepublik Rumänien im Jahr 1950 schuf Harald Meschendörfer das Bild mit dem Titel „Întoarcere în patrie – Heimkehr“. Damit spielte er auf die Deportation der Deutschen aus Rumänien in die Sowjetunion an.

Zu sehen sind eine Frau und ein Mann in der offenen Türe eines Viehwaggons. Beide Personen sind mit ernster, nachdenklicher Miene dargestellt. Ihre Blicke sind in die Landschaft gerichtet, ihre Körperhaltung und Gesichtsausdruck vermitteln die innere Anspannung, wie sie wohl viele Heimkehrer im Herbst 1949 empfunden haben. Tannenzweige und Pfaffenhütchen an welkem Ast schmücken die Waggonwand, geben dem Ereignis gleichzeitig eine festliche Note. Hinter den Personen erkennt man durch die zweite offene Waggontür die Konturen einer Ortschaft, stellvertretend für all die Ortschaften Siebenbürgens, die den Heimkehrern Heimat bedeuteten. Beide Personen tragen die sogenannte „Pufoaica“, eine wattierte, in Längsstreifen abgesteppte Jacke aus einem Baumwollstoff in den Färbungen grasgrün und blaugrau. Zudem trägt der Mann eine „Russenkappe“, eine aus Baumwollstoff wattierte Kappe, mit Stirn- und Ohrenklappen, wie man sie vom russischen Militär kennt. Zwischen den beiden Heimkehrern steht ein Holzkoffer, darauf liegt ein in einem Tuch eingewickeltes Stück Kastenbrot.
Harald Meschendörfer: „Întoarcere în patrie – ...
Harald Meschendörfer: „Întoarcere în patrie – Heimkehr“, Öl auf Spanplatte, 1950, Privatbesitz. Foto: Johannes Kravatzky
Es ist das Verdienst des Malers Harald Meschendörfer, mit diesem Bild den kommenden Generationen ein zeitloses Zeugnis zu hinterlassen, das alle Deportierten und das bei der Heimkehr empfundene Glück versinnbildlicht. Das Bild drückt das Leid aus, das diesen Menschen widerfahren ist. Die Jahre in Russland haben die Betroffenen für ihr ganzes weiteres Leben geprägt. Die dargestellten Personen sind im Herbst 1949 heimgekehrte Kronstädter und waren dem Künstler gut bekannt. Die Frau im Bild ist Auguste Terezie (Gucki) Peutsch-Pop, Jahrgang 1921, eine Malerkollegin von Harald Meschendörfer, der abgebildete Mann ist ein guter Bekannter des Künstlers, Alex Franz Kravatzky, Jahrgang 1907, Korbflechter mit eigener Werkstatt in Kronstadt. Die Familie Kravatzky hatte das Bild vom Künstler erworben, in deren Besitz es sich noch heute befindet.

Harald Meschendörfer, Sohn des Schriftstellers Adolf Meschendörfer, studierte von 1927 bis 1932 in München, Berlin und Paris, wirkte ab 1932 als Maler und Grafiker – zeitweise mit eige­nem Atelier – in Kronstadt und unterrichtete an der dortigen Volkskunstschule von 1953 bis 1969. Zwischen 1955 und 1968 entwarf er laut Online-Enzyklopädie Wikipedia insgesamt 152 Briefmarken, die von der rumänischen Post Poșta Română herausgegeben wurden.

Johannes Kravatzky

Schlagwörter: Deportation, Malerei, Kronstadt

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