28. März 2015

Konferenz zu Russlanddeportation

Hermannstadt – Am 10.-11. März fand in Hermannstadt die Konferenz „Die Deportation im kollektiven und individuellen Gedächtnis“ im Spiegelsaal des Deutschen Forums statt. Die Initiative zur Tagung war von der Deutschen Gesellschaft e.V. in Berlin ausgegangen, deren stellvertretender Vorsitzender, der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk, MdB, anwesend war.
Mitorganisatoren waren das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) und die Evangelische Kirchengemeinde A.B. Hermannstadt. Auf der gut besuchten Veranstaltung ­wurden neben wissenschaftlichen Ansätzen zur Erinnerungspolitik, Kunst und Literatur auch persönliche Erinnerungen von Überlebenden ausgetauscht. Deutlich wurde, dass das Thema „nicht aufgehört hat zu interessieren und von der Generation der Betroffenen auf die Kinder und Enkel weitergegeben wurde“, so Koschyk. Bereits seit dem vergangenen August hatten in Rumänien mehrere Gedenkveranstaltungen stattgefunden, erinnerte Bischof Reinhart Guib.

In seinem Fachvortrag rollte der Historiker Dr. Konrad Gündisch die Verschleppung Deutscher aus Südosteuropa anhand von Dokumenten auf, Dr. Cristian Cercel referierte über die Deportation im kollektiven und individuellen Gedächtnis zwischen 1950 und 1989 und nach der Revolution. Der 89-jährige Vorsitzende des Vereins der ehemaligen Russlanddeportierten, Ignaz Bernhard Fischer, schilderte seine eigene Überlebensgeschichte. Bewegende Schlüsselmomente: die ersten Toten, die eine Vorstellung davon vermittelten, was einen zu erwarten hatte; das russische Mädchen, das mit einem Kriegsgefangenen ein Stück Brot teilte; das Hungerjahr 1946, schließlich sein eigener gescheiterter Fluchtversuch 1948. Sein Glaube hatte den ehemaligen katholischen Pfarrer zur Gründung des Vereins der Russlanddeportierten motiviert, der sich der Hilfeleistung für die anfangs über 8000 Mitglieder, heute auf weniger als 700 geschrumpft, verschrieben hatte.

An der ersten Podiumsdiskussion zum Thema „Erinnerungskultur: Die Bedeutung von Zeitzeugnissen“ nahmen teil: Dr. Konrad Gündisch, Ignaz Bernhard Fischer, Robert Schwartz (Deutsche Welle), die Historiker Hannelore Baier und Dr. ­Rudolf Gräf. Das zweite Panel mit dem Themenschwerpunkt „Aufarbeitung und Zukunft“ bestritten Dr. Cristian Cercel, der DFDR-Ehrenvorsitzende Dr. Paul Philippi, Dr. Elfriede Dörr, Elke Sabiel, Ehrenvorsitzende des Vereins der ehemaligen Russlanddeportierten, und Claudiu Sergiu Călin.

Überdies wurde die Arbeit einer Forschergruppe der Universität Münster unter dem inzwischen verstorbenen Prof. Dr. Georg Weber präsentiert, die die Deportation der Siebenbürger Sachsen in drei Bänden anhand von gesammelten Archivurkunden, Briefen, Tagebüchern, Berichten, Interviews, Zeichnungen und Gedichten aufgearbeitet hatte. Michael Markel bot einen Überblick der literarischen Verarbeitung der Deportation am Beispiel von zehn Romanen, zwei Theaterstücken und einem Gedichtband. Des Weiteren standen Lesungen der Schriftsteller Eginald Schlattner und Joachim Wittstock sowie die Vorführung zweier Dokumentarfilme von Günter Czernetzky, „Arbeitssklaven unter Hitler und Stalin“ und „Wunden“, auf dem Tagungsprogramm.

NM

Schlagwörter: Hermannstadt, Russlanddeportation, Konferenz

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