25. November 2015

Multi-Kulti in Temeswar: BdV-Frauenverband besuchte das Banat

„Europa ist unser gemeinsames Haus, unser Zukunftsprojekt, an dem wir bauen. Doch wie gut kennen wir die Räume unseres Hauses? Nehmen wir zum Beispiel den südosteuropäischen Flügel unseres Hauses Europa und schauen in die Stube Rumänien. Besser gesagt, in den Südwesten des Landes, in die Region mit dem Namen Banat. Was wissen wir über die Europäer, die dort leben und arbeiten? Die zweitgrößte Stadt Rumäniens ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Banats. Die Region im Westen des Landes ist das Siedlungsgebiet der Banater Schwaben. Die Stadt am Ufer der Bega ist in ihrer architektonischen Grundstruktur durch die K. u. K.-Monarchie geprägt.“
Mit dieser Einführung lud die Vorsitzende des Frauenverbands des Bundes der Vertriebenen (BdV), Dr. Maria Werthan, 35 aus Deutschland angereiste Gäste ein, Land und Leute kennenzulernen und mit den Menschen vor Ort über unsere gemeinsame Zukunft in Europa zu reden. Die Gespräche begannen mit einem Empfang im Rathaus. Temeswar präsentierte sich freundlich, die Innenstadt, in der die Ausgrabungen und Sanierungen weitgehend fertiggestellt sind, lädt zum Flanieren, in schöne Straßencafés, zum Theater, Museum und in die Oper ein. Helene Wolf, Schulleiterin des „Nikolaus-Lenau-Lyzeums“, sprach über die „Rolle der Frauen in Politik, Wirtschaft und Kultur Temeswars“, die immer noch an traditionellen Werten ausgerichtet sei.
Die Teilnehmergruppe vor dem Adam-Müller ...
Die Teilnehmergruppe vor dem Adam-Müller-Guttenbrunn Haus in Temeswar mit Dr. Werthan vorne links unten. Foto: Anita Maurer
Peter Hochmuth, Vorsitzender des deutschen Wirtschaftsclubs, schilderte die Wirtschaftslage, sprach über die Erfolge auf dem Arbeitsmarkt, die niedrige Arbeitslosigkeit (in Temeswar ist sie gleich null, in der Umgebung schwankt sie zwischen 3-8 Prozent), die Investitionen europäischer Firmen, die duale Berufsausbildung, die gerade eingeführt wird, und die Deutschstudiengänge an der Westuniversität der Stadt. Man hat das Gefühl, dass die deutsche Kultur, Wirtschaft und Tradition in diesen Teil des Landes in Form der Wirtschafts- und Kulturinteressierten aus dem deutschen Raum zurückkehrt, die mit neuen Impulsen die einstige Multi-Kulturalität wiederbeleben. Und das nun verstärkt, seitdem Klaus Johannis Staatspräsident ist. Dass Temeswar die Stadt der Dezemberrevolution 1989 war, ist in dem von Dr. Traian Orban geleiteten Revolutionsmuseum zu sehen. Beim Besuch des zehnten Banater Lehrertags im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus schilderten die Vertreter des deutschen Forums das Problem der deutschen Schulbücher. Eine Initiative im Deutschen Bundestag, unterstützt von Dr. Christoph Bergner, MdB, setzt sich für Unterricht in deutscher Muttersprache in Rumänien ein, stoßt aber auf den Widerstand rumänischer Politiker. Obwohl die Lenau-Schule eine der Top-5-Schulen des Landes ist, befindet sich das Schulgebäude noch immer in Sanierung und die Unterrichtslage ist zum Teil schwierig: kein Labor, keine Turnhallen. Inklusion, Migration, Integration, Lehrerversorgung, Ausstattung sind die Schlagwörter, für die die Lehrer kämpfen, denn Bildung, so die aus Rastatt stammende Schulrätin Carmen Eckert, sei das „höchste Gut“ und jede andere Sprache, die ein Schüler erlernt, sei „das Tor zur Welt“! Auch Maria Werthan betonte, dass man sich Platons Spruch des Aufeinanderzugehens aneignen solle.
Ein sanierter Jugendstilbau am Domplatz in ...
Ein sanierter Jugendstilbau am Domplatz in Temeswar. Foto: Anita Maurer
Die folgenden Tage standen im Zeichen der Ausflüge nach Maria Radna zur Basilika mit Wallfahrtsmuseum, nach Lenauheim, Guttenbrunn, zum Hatzfelder Pressemuseum. Viele der Teilnehmer, wie Sibylle Dreher, einstige Vorsitzende des Frauenverbands, mit Vertriebenenhintergrund, waren überrascht von der Vielfalt der kulturellen und historischen Landschaft, von der Interkulturalität der Stadt, die sich auf dem Weg nach Europa im Wettbewerb mit zwei anderen ernsthaften Konkurrenten, Kronstadt und Jassy, als Kulturhauptstadt 2021 bewirbt.

Katharina Kilzer

Schlagwörter: BdV, Frauen, Temeswar, Banat

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