8. März 2009

Rumänische TV-Sendung: 150 000 Euro für Bistritzer Stadtpfarrkirche

Der größte rumänische Nachrichten-TV-Sender REALITATEA TV hat am 13. Februar eine dreistündige Live-Sendung in der brandgeschädigten Bistritzer Stadtpfarrkirche veranstaltet, in deren Verlauf Privatpersonen, Firmen und Behörden 150 000 Euro zur Finanzierung der laufenden Restaurierungsarbeiten an der Kirche spendeten. Diese Benefizaktion läuft noch bis Ende März. Politiker sprechen sich für den Erhalt des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes aus.
Im Vorspann der Sendung, die unter dem Motto „Viitor pentru trecut“ („Zukunft für die Vergangenheit“) stand, wurde die Bistritzer Kirche als bedeutendes Baudenkmal und Wahrzeichen der Stadt präsentiert. Der aus der Bukowina stammende Moderator Mihai Tatulici wertete die Hinterlassenschaft der Siebenbürger Sachsen mit den drei großen Kirchen in Hermannstadt, Kronstadt und Bistritz sowie den zahlreichen weiteren Kirchen und Kirchenburgen als große Chance für den rumänischen Tourismus. Siebenbürgen mit seinen Kirchen und Kirchenburgen sei eine einmalige touristische Landschaft in ganz Europa und müsse erhalten werden.

Vor Ort, kamen während der Sendung Ovidiu Crețu, Bürgermeister der Stadt Bistritz, Liviu Rusu, Kreisratsvorsitzender des Kreises Bistritz-Nassod, Stadtpfarrer Hans Dieter Krauss, und Florin Săsărman, Vorsitzender des Vereins „Bistrita Medievala“ zu Wort. Live zugeschaltet wurden Theodor Paleologu, amtierender Kultur- und Kultusminister, sowie dessen Vorgänger Răzvan Theodorescu und Adrian Iorgulescu, die Unterrichts- und Schulministerin Ecaterina Andronescu sowie der Vorsitzende des rumänischen Senats, Mircea Geoană. Tatulici sprach mit den zugeschalteten Politiker darüber, wie wichtig die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und Geschichtskenntnis sind, ebenso die Anerkennung des wertvollen wirtschaftlichen und kulturellen Beitrags der Siebenbürger Sachsen und die Verantwortung des rumänischen Volkes zum Erhalt des hinterlassenen Kulturerbes. Alle waren sich darin einig, dass die Bistritzer Kirche erhalten bleiben müsse, und sagten finanzielle Unterstützung zu.
Realitatea TV sammelte Spenden für die Bistritzer ...
Realitatea TV sammelte Spenden für die Bistritzer Stadtpfarrkirche, von links: Ovidiu Crețu, Bürgermeister der Stadt Bistritz, die Weltmeisterin Gabriela Szabo, TV-Moderator Mihai Tatulici, Statdtpfarrer Hans Dieter Krauss, Kreisratsvorsitzender Liviu Rusu und Florin Săsărman, Vorsitzender des Vereins „Bistrita Medievala“. Foto: Sorin Popescu/Realitatea TV
Der Unterrichts- und Schulministerin Andronescu wurde vorgehalten, dass die 850-jährige Vergangenheit der Siebenbürger Sachsen nach wie vor keinen Eingang gefunden hätte in den Geschichtsunterricht an den Schulen. In diesem Zusammenhang als beispielhaft genannt wurde die Initiative des Vereins „Bistrița Medievală“, der mit Unterstützung der Heimatortsgemeinschaft Bistritz-Nösen e.V. über eine Reihe von Vorträgen die Geschichte der Stadt Bistritz interessiertem Publikum zugänglich macht.

Bürgermeister Crețu und Kreisratsvorsitzender Rusu bekannten sich in ihren Statements eindeutig zur sächsischen Geschichte der Stadt Bistritz. Sie sehen sich in der Verantwortung, das Erbe unserer Vorfahren zu schützen und zu erhalten. Cretu machte deutlich, dass die Bistritzer Kirche und ihr Turm das Wahrzeichen der Stadt sei und versicherte, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln sich für die Restaurierung bis 2013 einzusetzen. 2013 wird die Kirche ihr 450-jähriges Bestehen feiern. Die Kirche soll nach ihrer Restaurierung für Besucher in alter Pracht Zeugnis von der jahrhundertealten Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner sein.

Nach dem Brand wurden im vergangenen Jahr für Aufräumarbeiten, Isolierung des offenen Kirchengewölbes und für die Erneuerung des abgebrannten Dachstuhls umgerechnet rund 311 000 Euro ausgegeben. Als Soforthilfe nach dem Brand wurden im vergangenen Jahr in Rumänien über 108 000 Euro Spendengelder gesammelt. Rund 195 000 Euro stellte das Bürgermeisteramt zur Verfügung, knapp 48 000 Euro der Kreisrat und 143 000 Euro das Kulturministerium. Die über den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat vom Bundesbeauftragten für Angelegenheiten der Kultur und der Medien (BKM) bewilligten Mittel betrugen 60 618 Euro. Als Spenden der Landsleute sind 27 000 Euro beim Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat gesammelt und nach Bistritz überwiesen worden. Bis Ende 2008 standen insgesamt über 586 000 Euro zur Verfügung.

Der Wintereinbruch führte zum Abbruch der Arbeiten, die Ende Januar wieder aufgenommen wurden. Für 2009 ist vorgesehen, das gesamte Kirchendach neu mit Schwalbenschwanzziegel einzudecken. Davor wird der Kirchendachstuhl insgesamt überholt, da Feuchtigkeit und Holzwurm in vielen Bereichen ein Ausbessern erforderlich machen. Für die Arbeiten am Turm wird ein Metallgerüst mit Lastenaufzug gekauft. Da wegen umfangreicher Steinarbeiten am Turm mit einer längeren Standzeit zu rechnen ist, erscheint der Kauf eines Gerüstes gegenüber einer Anmietung vorteilhafter. Der Turm soll in diesem Jahr ein neues Dach bekommen. Im Inneren des Turmes sollen Zwischenböden, Treppen und ein Fahrstuhl für Besucher eingebaut werden. Ob noch in diesem Jahr die Glocken und die Uhr eingebaut werden können, ist fraglich. Laut Planung hätte das Turmgerüst bis Ende März stehen sollen. Dies ist aber nicht mehr machbar.

Die Kosten der Arbeiten am Kirchendach und Kirchturm werden für 2009 auf ca. 1,6 Millionen Euro geschätzt. Der Restbetrag aus dem Vorjahr beläuft sich auf 274 973 Euro, hinzu kommen 22 000 Euro von der EKD, die in Bistritz eingegangen sind, sowie 150 000 Euro Spenden von der eingangs erwähnten Benefizveranstaltung Teledon. Die Spenden in Höhe von 117 000 Euro auf dem Konto der HOG Bistritz werden zweckgebunden für Glocken und Uhr eingesetzt. Das Kulturministerium in Bukarest hat 466 600 Euro, die Stadtverwaltung Bistritz 120 000 Euro in ihren Haushaltsplänen für 2009 veranschlagt. Das ergibt einen Gesamtbetrag von 1 151 134 Euro. Um die geplanten Maßnahmen zu erfüllen, fehlen noch über 460 000 Euro. Eine weitere Zusage des rumänischen Wirtschaftsministeriums über 350 000 Euro ist noch nicht amtlich. Ob die zugesagten Mittel zur Verfügung gestellt werden, ist angesichts der Wirtschaftskrise zumindest mit einem Fragezeichen zu versehen. Ebenso muss noch mit Mehrausgaben und unvorhergesehenen Kosten gerechnet werden.

Heuer sind gewaltige Arbeitsabläufe zu meistern. Nur durch diese kann der 2008 entstandene Brandschaden behoben werden. Für die seit Jahren fällige Restaurierung der Kirche sowohl innen als auch außen werden weitere 3,5 Millionen Euro benötigt. Dieser Betrag, so hofft die Bistritzer Kirchengemeinde, soll aus einem regionalen EU-Fördertopf bewilligt werden. Ein diesbezüglicher Antrag wurde Ende Dezember letzten Jahres eingereicht und wird zurzeit bearbeitet. Sollte der Antrag bewilligt werden, müsste die Renovierung bis Ende 2013 bewerkstelligt werden. Große Vorhaben, denen wir mit Spannung entgegensehen. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

Dr. Hans Georg Franchy, Vorsitzender der HOG Bistritz-Nösen e.V.

Schlagwörter: Stadtpfarrkirche Bistritz, Benefizveranstaltung

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