20. Januar 2016

Die siebenbürgisch-sächsische Mundart vor dem Vergessen bewahren

Otto Gliebe hat mit seinem „Wörterbuch der Brenndörfer Mundart“ in mühseliger und akribischer Arbeit den größten Teil des Wortschatzes seines Heimatorts Brenndorf im Burzenland für die heutige und spätere Generationen aufgezeichnet, vor dem Vergessen bewahrt und in verständlicher Weise wiedergegeben. Er schreibt für die Leser aus seinem Heimatort und andere, die an der siebenbürgisch-sächsischen Mundart interessiert sind.
Das Buch ist klar und übersichtlich gegliedert und mit den notwendigen Angaben und Beispielen zum Lesen der Laute und Wörter versehen. Eine große Hilfe für den Leser ist auch die auf einem Faltblatt beigefügte Lauttafel mit Beispielen und den verwendeten Abkürzungen, die auch als Lesezeichen gedacht ist.

Dass der Autor im ersten und wichtigsten Teil seines Wörterbuchs mit den heutigen deutschen Stichwörtern in alphabetischer Reihenfolge beginnt, gefolgt von den Mundartbegriffen, wird wahrscheinlich von manchem Experten bemängelt, der zunächst die Mundartbegriffe und erst danach die deutsche Bezeichnung hätte haben wollen. Diesen möglichen Einwand finde ich jedoch für ein Ortswörterbuch nicht zutreffend. Denn der heutige Leser, der eher mit dem Standarddeutsch vertraut ist und die Mundartschreibweise nicht beherrscht, findet sich selbst in der eigenen Mundart kaum zurecht. Deshalb ist es lesefreundlicher, wenn die bekannten deutschen Wörter vorne stehen.

Anders als in den gängigen siebenbürgisch-sächsischen Wörterbüchern unterscheidet Otto Gliebe das „ch“ im Wort „ach“ vom „ch“ in „içh“. Diese Unterscheidung ist ebenso wichtig wie jene zwischen den Selbstlauten „e“ und „ə“, z.B. im Wort „Webər“ (Standarddeutsch „Weber“). Ohne Angabe des „ə“, zu deutsch „Schwa“, rumänisch „ă“, können viele Wörter der sächsischen Mundart nicht korrekt gelesen werden.

Im zweiten, etwas weniger umfangreichen Teil seines Wörterbuchs stellt der Autor zunächst die Mundartbegriffe, in alphabetischer Reihenfolge aufgegliedert, voran und danach die deutsche Bezeichnung. Er ist auf Anraten der Volkskundlerin Hanni Markel entstanden, die dem Autor bei der Erstellung und Korrektur des Wörterbuches mit Rat und Tat zur Seite gestanden ist. Dieser zweite Teil enthält eine Auswahl von Wörtern, die auch im ersten Teil seines Buches vorkommen. Zum besseren Verständnis der Aussprache der Mundartwörter hat Hugo Thiess eine CD mit Klangbeispielen besprochen, die dem Buch beigefügt ist.

Im letzten Teil seines Buches präsentiert der Autor, sozusagen als Anhang, eine Auswahl von Schimpfwörtern und Schelten der Brenndorfer Mundart, deren anschließende Erklärung in Standarddeutsch oft sehr schwierig war. Es folgen der Brenndorfer Lageplan von 1939 mit den Namen der Gassen und die Brenndorfer Hattertkarte mit Flurnamen aus alten Chroniken.

Als Mundartautor, der gerade dabei ist, ein Mundartwörterbuch für seinen Heimatort Schirkanyen, der ebenfalls zum Burzenland gehört, zu verfassen, kenne ich die Probleme, die ein solches Buch mit sich bringt. Deshalb fällt es mir nicht schwer zu sagen, dass das Otto Gliebes Wörterbuch eine gelungene Arbeit darstellt, lesens- und empfehlenswert für jeden, der an der Brenndorfer Mundart oder am Siebenbürgisch-Sächsischen interessiert ist. Es ist ein Zeitdokument unserer Sprache, deren Brenndorfer Teil ohne Otto Gliebe in Vergessenheit geraten wäre. Hier wird sie durch das Wörterbuch und auch durch die beigefügte authentische Audio-CD für die Nachwelt erhalten. Das wertvolle Nachschlagewerk ist zugleich eine Quelle sächsischer Identität.

Dietrich M. Weber


Otto Gliebe: Wörterbuch der Brenndörfer Mundart. Wei as Brónnjdeufərn der Schnuəwəl gəwuəßən as. əӘ Klóng wei eust dəheum, Ansbach, 2015, 192 Seiten, mit CD (42 Minuten), besprochen von Hugo Thiess, Preis: 12,00 Euro, zuzüglich 1,00 Euro Porto, zu bestellen bei Otto Gliebe, Ringstr. 49, 91522 Ansbach, ­Telefon: (0981) 3394, E-Mail: otto [ä] gliebe.de.

Schlagwörter: Brenndorf, Wörterbuch, Mundart, Burzenland

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