19. April 2016

Mundartgedicht von Karl Gustav Reich

Der Name Karl Gustav Reich markiert einen Höhepunkt in der Literaturgeschichte der Siebenbürger Sachsen. Sowohl als Autor wie auch als Rezitator ist er der moderne Klassiker unter den Mundarthumoristen.
Der 1905 in Hermannstadt geborene Pädagoge und Mundartdichter hat sich bis zu seinem Tod im Jahre 1997 in Gießen bleibende Verdienste erworben: Neben seiner langjährigen Lehrtätigkeit ist er bekannt als Autor erfolgreicher Mundartlyrik („Kut, mer lachen int!“, „Sachsesch Spaß vu Broos bäs Draas“) und ebenso erfolgreicher Bühnenstücke („Der Gezkruegen“, „De Prozässentreny“) wie auch als Vortragender seiner heiteren Gedichte.

Anlässlich seiner Kür zum Siebenbürgischen Ritter wider den tierischen Ernst trug Karl Gustav Reich beispielsweise in Rottweil 1987 Der Tatter aus dem Gedichtband „Sachsesch Spaß vu Broos bäs Draas“ vor. Aus demselben Band drucken wir hier die heiteren Verse des Gedichtes Getëischt ab.


Getëischt


Af er Drëiw-Juecht wor‘t passiert,
und jed Jäjer, die et hirt,
griff sich un‘t Hieft und wor erscheddert,
‘si datt e wä en Pappel deddert.


Wor et dänn net abeschrëiwlich
und fir jeden abegrëiflich,
datt der Notarius Fuss ous Bussd
schär senge biëste Frängd erschuss?


Cha, der ålt Buser Räckter Schunn
kåm nooch iest mät em bloen Uuģ dervun.
Dett erschin äm sälwst besangder,
dänn datt hie liëwt, wor jo e Wangder.


Der Vierstånd vum Medwescher Juechtverien
erschin uch glech an der Gemien,
äm de Fall ze angdersäcken
und de Schäldijjen ze entdäcken.


Hie wor nemmel gat ä Bussd ukunn,
less hie schin de Notarius kunn.
„Härr Fuss, ech mosst Sä hiër bemähn,
ech mess wässen, wat geschähn!


Dersängt aas Juechtverien hä bestiht,
dersängt em af de Juecht hä giht,
äs deses näckest nooch pasiert,
et äs jo gruedza anerhirt!


Wä kangde Sä sich norr entschlessen,
af Äre gade Frängd ze schessen??“ –
„Wä? Hire Se, ech hatt diën Ålden
iefach fir e Rih gehålden!“ –


„Dett äs, datt et zem Hemmel krëischt!
Sä hadden alsi sich getëischt?
Und wonni märkte Sä’t, Härr Fuss?“ –
„Ech märkt et, wä det Rih zeräckschuss!“


Auf Bitte der Redaktion wurde der Mundarttext von Bernddieter Schobel an die Schreibung der Kolumne Sachsesch Wält angeglichen.

Schlagwörter: Mundart, Gedicht

Bewerten:

20 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.