31. Januar 2013

Neujahrsempfang des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates in Gundelsheim

Im Jahr 2000 hatte der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturrat zum ersten Mal zu einem Neujahrsempfang in den Festsaal auf Schloss Horneck in Gundelsheim eingeladen. In seiner Be­grüßung zum diesjährigen Empfang am 12. Januar sprach Dr. Harald Roth in seiner Funktion als Stellvertretender Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats vom Beginn ­einer Tradition, die sich auch über den Anlass eines festlichen Zusammentreffens siebenbürgischer Kulturinteressierter hinaus erfolgreich bewährt habe. Die ursprüngliche Intention war der Absicht der siebenbürgischen Kulturverantwortlichen entsprungen, die Arbeit der Gundelsheimer Kultureinrichtungen bilanzierend einer interessierten Öffentlichkeit darzulegen, um in deren Reihen die Verantwortung der eigenen Gemeinschaft, jedes Einzelnen, für den Erhalt und die vielschichtige Erforschung dieser Kultur im Bewusstsein zu halten. Und da Erhalt immer auch etwas mit finanzieller Unterstützung zu tun hat, sollte der Neujahrsempfang auch als Dankeschön für alle wahrgenommen werden, die die Arbeit der Gundelsheimer Einrichtungen im verflossenen Jahr unterstützt haben.
In diesem Zusammenhang berichtete Dr. Roth dann über die Leistungen des Siebenbürgen-Institutes, die im vergangenen Jahr im Zeichen des 50-jährigen Jubiläums des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) gestanden haben: „Nach einer Feierstunde zu Pfingsten in Dinkelsbühl fand im September die große Jubiläums-Tagung an der Universität Heidelberg und auf Schloss Horneck in Gundelsheim statt, gekennzeichnet durch regen Besuch der Mitglieder und Tagungen fast aller Sektionen. Im November folgte dem eine Tagung in Schäßburg, im Dezember eine Feierstunde in Kronstadt, stets begleitet von einer aus diesem Anlass erstellten Ausstellung zur Wissenschafts- und Forschungslandschaft Siebenbürgens. In beiden Häusern, im Institut wie im Museum, geschah die Leitung ehrenamtlich durch die Vorstände, die sich aber uneingeschränkt auf die bewährte Mitarbeiterschaft in Gundelsheim verlassen konnten.“

Da auch das frisch angebrochene Jahr unter einem runden Jahrestag steht – 1963 war der Grundstock der Siebenbürgischen Bibliothek gelegt worden – fokussierte Dr. Roth seine Rede auch in diese Richtung. Er machte die überzeugende Bilanz am Wachstum des Bestandes fest: „Im März 1963 wurden damals 849 Bücher von Balduin Herter aus Rimsting auf Schloss Horneck überführt, wo dieser sie künftig zusammen mit Paul Philippi betreute. In diesem Jahr 2013 wird die Bibliothek die 80000-Titelmarke erreichen.“ Es war erfreulich, dass beim Empfang auch Prof. Paul Philippi und Elfriede Herter, die Witwe von Balduin Herter, anwesend waren. Dr. Roth sprach zum Abschluss dem Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde, dem Verein der Freunde und Förderer der Bibliothek, dem Siebenbürgischen Museum und der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek seinen Dank für die Finanzierung des Neujahrsempfangs aus.

Die Erfolge des Museums im verflossenen Jahr 2012 standen dann auch im Mittelpunkt der kurzen Ansprache von Dr. Irmgard Sedler, der Vorsitzenden des Siebenbürgischen Museums. Das Museum kann mit einem beeindruckenden Sammlungsbestand von über 17000 Exponaten aufwarten. Die vielen Schenkungen und Ankäufe kamen von Einzelpersonen, aber auch durch gezielte Ankäufe seitens des Fördervereins. So erfuhr die Kunstsammlung des Hauses mit Neuzugängen aus dem Schaffen von Arthur Coulin, Fritz Kimm oder aber Ernst Graeser eine beachtliche Wertsteigerung. Ein Highlight stellt auch die Truhe der Birthälmer Tischlerzunft samt hochkarätigem Inventar dar, welche die Birthälmer HOG fachgerecht restaurieren ließ, bevor die Objekte dem Museum überlassen wurden. Wertvolle Textilien, eine Keramiksammlung und historische Fotografien fanden 2012 ebenfalls ihren Weg in das Haus.

Im Bereich der Ausstellungen hat sich das Museum mit der Städtischen Galerie in Bad Wimpfen einen wichtigen Partner gesichert, der regelmäßig auch mit siebenbürgischen Inhalten an die Öffentlichkeit geht. Bemalte Wohnraumeinrichtungen und Hinterglasikonen wurden dort in letzter Zeit gezeigt. Grenzüberschreitende Kunstausstellungen in der Zusammenarbeit mit dem Brukenthalmuseum und dem Kunstmuseum in Temeswar sowie eine Präsentation zum Schaffen von Gert Fabritius im Alten Spital in Dinkelsbühl gewährten Einblicke in eine Kunstszene, die es in Westeuropa immer noch zu entdecken gilt.
Neujahrsempfang des Siebenbürgisch-Sächsischen ...
Neujahrsempfang des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats in Gundelsheim, von links: Prof. Dr.Dr.h.c. Harald Heppner, Südosteuropa-Historiker, Universität Graz, Mitglied im AKSL-Vorstand, Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Siebenbürgischen Museums e.V., und der neue Museumsleiter Dr. Markus Lörz. Foto: Jutta Fabritius
Anlässlich des Neujahrsempfangs wurde den hier Zusammengekommenen dann auch der neue Leiter des Siebenbürgischen Museums, der Kunsthistoriker und Archäologe Dr. Markus Lörz vorgestellt. Dr. Lörz, dessen Stelle für die nächsten zwei Jahre vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziell abgesichert ist, erwartet in Gundelsheim eine vielschichtige und interessante Tätigkeit. Dr. Sedler wünschte dem neuen Leiter viel Schaffenskraft und sicherte ihm die Unterstützung aller Gundelsheimer Kultureinrichtungen zu, dies auch in der Hoffnung auf einen guten wissenschaftlichen Ertrag, der der siebenbürgischen Kultur insgesamt zugute kommen möge.

Der Vorsitzende des neuen Verwaltungsrats des Honterus-Vereins, Ortwin Götz, stellte mit Christian Lauterkorn auch dessen neuen Ersten Vorsitzenden und Geschäftsführer vor, von welchem sich die Kultureinrichtungen als Hausherrn ein offenes Ohr und Unterstützung für die gewichtigen Belange ihres Wirkens erhoffen.

Als Festredner zum diesjährigen Neujahrsempfang war der Architekt Philipp Harfmann eingeladen. Harfmann ist Projektleiter der Leitstelle Kirchenburgen im Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien. Er übermittelte die Neujahrsgrüße der Heimatkirche, namentlich jene von Bischof Reinhart Guib, Hauptanwalt Friedrich Gunesch und Landeskirchenkurator Friedrich Philippi.

Der mit Lichtbildern illustrierte Vortrag widmete sich der Arbeit der Leitstelle Kirchenburgen und der länderübergreifenden Arbeit am Erhalt dieser steinernen Zeichen sächsischen Lebens in Siebenbürgen. Anhand von zeitnahen Aufnahmen führte Harfmann dem interessierten Publikum den Zustand einiger Kirchenburgen vor: „In den Dörfern, in denen es noch evangelische Bewohner gibt, sind die Sakralbauten noch einigermaßen vor dem Verfall geschützt, viel schlimmer dagegen steht es um die kirchlichen Bauten, die heute nicht mehr genutzt werden“, fasste der Redner die Ausgangslage zusammen. Der Erhalt dieser Bauten sei das prioritäre Anliegen der Leitstelle. „Die Kirchenburgen sind Siebenbürgens wichtigstes Alleinstellungsmerkmal, sie sind die Wahrzeichen der Dörfer und der gesamten Kulturlandschaft“, so Harfmann. Wenn auch mittelfristig die ländlichen Kirchenburgen nicht ihrer originären Nutzung zugeführt werden könnten, wäre es wünschenswert, wenn sie in den sogenannten „Kulturtourismus“ einbezogen würden. Der Referent erläuterte und zeigte anhand von Lichtbildern, wie anfänglich kleine Schäden den Verfall des gesamten Gebäudes verursachen können. Auch er gemahnte an die Verantwortung aller, die wir, die sächsische Gemeinschaft, noch tragen: „Ein Sturm trägt einige Ziegel von einem Kirchendach ab. Wasser dringt in das Bauwerk ein. Wird dies nicht umgehend behoben, drohen Folgeschäden am Tragwerk und anderen Bauteilen.“ Zu den von Wind und Wetter verursachten Schäden kämen in vielen Ortschaften noch die Zerstörung durch menschliche Hand hinzu. Die Behörden würden meistens nichts gegen den sinnlosen Vandalismus, wie dieses am Beispiel von Dobring und Felldorf gezeigt wurde, unternehmen.

Der zunehmende Verfall der Kirchenburgen in Siebenbürgen und die Sorge der Landeskirche um deren Erhalt führten im Jahre 2007 zur Gründung der Leitstelle Kirchenburgen. Herr Harfmann erläuterte deren Stellung und Wirkungsinhalt. „Sie, die Leitstelle, ist angesiedelt im Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien mit Sitz in Hermannstadt. Die Leitstelle koordiniert die Planung und die Durchführung von Restaurierungsarbeiten, sie berät Partner und zunehmend auch die Tätigkeiten der Heimatsortsgemeinschaften (HOG).“ Der Referent würdigte in diesem Zusammenhang auch den Beitrag der HOGs, ohne deren Mühe vieles nicht machbar sei. „In vielen siebenbürgisch-sächsischen Ortschaften werden die Friedhöfe von Mitgliedern der HOG gepflegt, beziehungsweise die Pflege wird von diesen finanziert. Zunehmend bemühen sich die Heimatortsgemeinschaften aber auch um die Kirche und weitere Gebäude aus dem Eigentum der ehemaligen evangelischen Kirchengemeinde, deren Rückgabe erstritten wurde.“ Diese Tätigkeiten würden von der Leitstelle durch die „Verbesserung der Sanierungskonzepte, durch die Bereitstellung von Planungsinstrumenten und Beistand im Genehmigungsverfahren unterstützt“, so Harfmann.

Herr Harfmann gewährte Einblicke in wichtige Vorhaben der Leitstelle. So habe die Leitstelle gleich nach ihrer Gründung ihr umfangreiches Arbeitsgebiet priorisiert. Als eine der umfangreichsten und dringendsten Maßnahmen habe sich das sogenannte Dächerprogramm erwiesen: „Im Dächerprogramm versuchen wir mit vorhandenen Mitteln an so vielen Kirchen wie nur möglich zu arbeiten, um deren Verfall zu stoppen. Die Maßnahmen im Dächerprogramm sind reine Notreparaturen, sie greifen nicht in die Struktur der Bauwerke ein.“ Seit 2007 hat die Leitstelle an ca. 30 Bauwerken Dächer instandgesetzt. 2008 hatte die Leitstelle einen Förderantrag an die Europäische Union erarbeitet und eingereicht. Dem Antrag sei entsprochen worden, somit „konnten mit den bewilligten 5,5 Millionen Euro achtzehn der wertvollsten siebenbürgischen Kirchenburgen restauriert werden.“

Letztendlich gehöre auch die Öffentlichkeitsarbeit zu den Pflichten der Leitstelle. Diese beinhaltet die „Präsentation der Kirchenburgenlandschaft für die Besucher in Broschüren, Flyern, Landkarten und durch Messeauftritte, z.B. jährlich an der Internationalen Tourismusmesse in Berlin“. Hier sei es gelungen, das Thema weit in die Öffentlichkeit zu streuen: „In Zusammenarbeit mit dem Institut für Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität in Berlin wird an einer medialen Inwertsetzung der siebenbürgischen Kirchenburgenlandschaft gearbeitet. Der Tourist kann vor Ort über ein spezielles Gerät Informationen über das Baudenkmal abrufen, das er gerade besichtigen will.“ Nicht ohne Stolz sagte Harfmann. „Wir freuen uns, dass die Leitstelle Kirchenburgen zusammen mit der TUB diese App (Applikation, Anwendungssoftware; die Redaktion) entwickeln und produzieren konnte. Wir waren damit der erste Anbieter in Rumänien und sind es noch immer, der seine Kulturdenkmäler in einer App für seine Besucher aufbereitet.“ Den Vortrag beschloss die Feststellung, dass die Erhaltung der Kirchenburgen in Siebenbürgen eine „Mammutaufgabe“ bleibe, die Evangelische Landeskirche auch weiterhin auf das Engagement von vielen Siebenbürger Sachsen baue, unabhängig davon, wo diese leben.

Zum Gelingen des zahlreich besuchten Neujahrsempfangs trugen die von Jutta Fabritius vorbereitete Präsentation siebenbürgischer Veduten bei, die als Schenkung der ehemaligen Sammlung Dr. Horst Moeferdt ins Siebenbürgen-Institut gekommen sind, wie auch das virtuos dargebotene Musikprogramm mit Werken von Mozart (Violinkonzert in D-Dur), Tschaikowski (Melodie) und Béla Bártok (Rumänische Tänze). Es musizierten die aus Petersburg stammende Pianistin Polina Jakovleva und die beim SWR-Rundfunkorchester verpflichtete Andrea Chiriac.

Werner Sedler


Online-Bildergalerie:

Neujahrsempfang 2013 in Gundelsheim, Fotos: Anneliese Vater, Jutta Fabritius

Schlagwörter: Gundelsheim, Neujahrsempfang, Kulturrat

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