6. Juli 2014

Eindrucksvoller Heimattag in Cleveland

„Werft euer Vertrauen nicht weg!“, sagte Pfarrer Horst Hoyer in der nordamerikanischen Stadt Cleveland im Staat Ohio beim Gottesdienst am Sonntag, dem 22. Juni, im Ballraum des Sachsenheimes, einem riesigen Vereinsheim, das in Deutschland jeden Kreisverband beglücken würde. „Es sind nicht nur die gemeinsame Geschichte und Probleme beim Neuanfang in einem fremden Land, sondern auch Freundschaften, Erfahrungen auf unserem Lebensweg und Talente, die Gott uns schenkt.“ Diese zu nutzen, lässt Heimat finden. Die Mitglieder der Jugendtanzgruppe Nürnberg unter der Leitung von Stephanie Kepp, Stellvertretende Bundesjugendleiterin der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD), und der Musikband Schlager-Taxi trugen durch ihr Mitwirken am Heimattag auch dazu bei, die Heimat aller Beteiligten – egal wo sie liegt – schöner, reicher zu machen.
Veranstalter des diesjährigen Treffens, das in jährlichem Turnus in den USA und Kanada stattfindet, war der Zentralverband der Siebenbürger Sachsen, die Alliance of Transylvanian Saxons (ATS) of the USA, vertreten durch den Vorsitzenden Thomas J. Manning. Der Bundesverband der Siebenbürger Sachsen in Kanada war vertreten durch den Vorsitzenden John Werner, der in Deutschland durch die Stellvertretende Bundesvorsitzende Doris Hutter. Die hohe Politik in Person von Michael J. Skindell, Senator im Staat Ohio, feierte mit: In seinem Grußwort bekannte sich Skindell zu seinen Maldorfer und Hohndorfer Wurzeln und beteuerte, dass seine Arbeit als Senator „ständig von sächsischen Traditionen begleitet“ werde.

Traditionen pflegen

Eine der schönsten Traditionen, die am Heimattag gepflegt wird, ist der Kameradschaftsabend am Freitag, wo sich die Landsleute freudestrahlend treffen und ihre Freundschaftsbande pflegen. Da beginnt das Heimkommen, da öffnet sich die Seele: Man ist unter Sachsen! Der Empfang durch Tom Mannings Stellvertreter Robert B. Cunningham, Joan Miller-Malue und Monica M. Weber, Sekretärin der ATS, war herzlich. Dieselbe Gastfreundschaft strahlte Hausherr Martin Schuller aus, der Präsident des Vereinsheimes. Das gemeinsame Abendessen wurde von vielen freundlichen Helfern gestemmt und es fiel schwer, sich von der guten Stimmung zu lösen, um zu den Gasteltern oder ins Hotel zu fahren. Da konnte man über Rehe staunen, die ganz selbstverständlich durch die Wohnsiedlung marschierten.
Gruppenbild der Trachtenträger bei der Kundgebung ...
Gruppenbild der Trachtenträger bei der Kundgebung am Heimattag. Hinterste Reihe, von links: Michael Skindell, Doris Hutter, Helgard und John Werner, Steffi Kepp und Tom Manning. Foto: Alfred Lowrick
Am Samstagvormittag spielten die Jugendlichen aus Deutschland Fußball gegen die Jugendlichen aus den USA und Kanada, parallel zur Weltmeisterschaft in Brasilien und fast so begeistert wie die Profis. Am Nachmittag begann offiziell der Heimattag: Nach dem feierlichen Einzug in den Ballsaal wurden mit allen Gästen des Heimattages und begleitet von der Youngstown Saxon Brass Band unter der Leitung von W. John Krauss die kanadische und amerikanische Hymne und dann das Siebenbürgenlied gesungen. Robert Cunningham führte durch das Programm und Martin Schuller hieß die Gäste willkommen. Nach dem Festessen folgten die Grüße von Robert Cunningham, John Penteker, Vizepräsident der Landsmannschaft in Kanada, und Doris Hutter. Mit schwungvollen Volkstänzen erfreuten die Kitchener Transylvania Dancers aus Kanada unter der Leitung von Steve Schatz jun. und die Cleveland Saxon Dance Group unter der Leitung von Geoffrey Wittine das begeisterte Publikum. Die Jugendtanzgruppe Nürnberg rundete den Abend mit flotten Tänzen, Gesang und mit dem Sketch Medche, wällt te’n Kanter niën? von Doris Hutter ab, begleitet vom Schlager-Taxi, dessen Musiker Erhard und Robin Bartesch, Fred Elst, mit der Unterstützung von weiteren zwei Musikern Erhard Fritsch (INDEX-Band) und Günther Zakel (Band Romanticas) das Publikum nicht nur zum Toben, sondern auch zum Tanzen brachten.

Zusammenwachsen wie damals

Der Sonntag begann mit dem Gottesdienst, dessen Festpredigt Rev. Horst Hoyer von der Immanuel Lutheran Church in Cleveland in Englisch und Deutsch hielt. Die musikalische Umrahmung gestaltete der Cleveland Eintracht-Saxonia Sachsenchor unter der Leitung von Andreá Ball und die Youngstown Saxon Brass Band, die gleich zu Beginn „Ein feste Burg ist unser Gott“ anstimmte.

Der traditionelle Trachtenaufmarsch, der die Kundgebung einleitete, stellt ein beachtenswertes Bekenntnis der überwiegend jugendlichen Teilnehmer zur Tradition ihrer Vorfahren dar. Charmant führte Monica Weber, Vorsitzende des Kulturausschusses der ATS, durch das Programm. Berührend war die Ansprache von John Werner, der von Gemeinschaft und der Herausforderung an die Sachsen aus Übersee, dem sächsischen Erbe treu zu bleiben, sprach. Er betonte, es sei wichtig, dass wir alle zusammenwachsen wie damals, bevor das Schicksal uns trennte. Im Enthusiasmus dafür stünden sie den Europäern nicht nach, was der Heimattag zeige, auch wenn er kleiner sei als der in Dinkelsbühl.
Der Ehrentisch, von links: Martin Schuller, ...
Der Ehrentisch, von links: Martin Schuller, Helgard und John Werner, Liz und Tom Manning, Paddy Cunningham, Doris Hutter. Foto: Alfred Lowrick
Nach einem besonderen Gruß an „Miss Transylvania“ Kolina Tavares und Dank an die mitgereisten Jugendlichen aus Kitchener lud er zum Heimattag 2015 am 10.-12. Juli in Aylmer/Kanada ein. Doris Hutter erwähnte in ihrer Rede die Zeit bis 1989, in der man Rumänien nicht verlassen, allerdings genügend Englisch lernen konnte, um sich nun mit den Landsleuten in Übersee zu verständigen. Die gewonnene Freiheit zu erhalten, sei ganz wichtig und unser aller Aufgabe. Sie dankte für die überwältigende Gastfreundschaft, die die Kulturgruppe aus Deutschland umarmte. Das Motto des Heimattages in Deutschland Heimat ohne Grenzen legte sie dahingehend aus, dass auch die Siebenbürgen neu entdecken können, die es schon aufgegeben haben. Die hohe Wertschätzung der schulischen Bildung, die den Aussiedlern das Einleben in der neuen Heimat überall erleichtert habe, gehöre zur Tradition der Siebenbürger Sachsen und sollte in Siebenbürgen u. a. in der Unterstützung der deutschen Schulen Ausdruck finden.

Tatkräftige Unterstützung

Tom Manning ging auch auf siebenbürgisch-sächsische Traditionen ein, auf die die Vorfahren in den USA stolz waren, so etwa friedlich mit Freunden anderer Nationalitäten zusammen zu leben, so dass sie Fundament ihres Lebens wurden. Er richtete auch das Augenmerk auf die Landsleute in Siebenbürgen, die Hilfe benötigen, und spendete im Auftrag der ATS für Altenhilfe und medizinische Versorgung den stolzen Betrag von 12 000 US-Dollar, der aus Spenden der Mitglieder und Freunde herrührt. Die 1926 erbaute evangelische St. Thomas-Kirche in Cleveland spendete neulich an Bischof Reinhart Guib für die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien den Betrag von 25 000 US-Dollar zum Erhalt von Kirchenburgen. Auch Tom Manning betonte die wichtige Rolle der Jugendarbeit und dankte allen Aktiven für ihren Einsatz. Er sei sehr stolz auf deren Leistungen. Dann lud er zum Jugendlager 2015 in den USA vom 7. bis 20. Juli ein. Die Auftritte der Kitchener Transylvania Dancers aus Kanada, der Cleveland Saxon Dance Group und der Jugendtanzgruppe Nürnberg sowie das gemeinsame Siebenbürgenlied rundeten das Festprogramm des gelungenen Heimattages ab.
Schwungvolle Darbietung der Jugendtanzgruppe ...
Schwungvolle Darbietung der Jugendtanzgruppe Nürnberg beim Heimattag in Cleveland. Foto: Alfred Lowrick
Nach dem Mittagessen erlebte man bewegende Verabschiedungen der Landsleute. Die Kulturgruppe aus Deutschland und Willi Schenker aus Ingolstadt mit Niki, die regelmäßig Gäste am Heimattag in Nordamerika sind, genossen als Abschiedsgeschenk eine herrliche Schifffahrt in und um Cleveland, geführt von Edith und Horst Hebrank. Beim anschließenden Imbiss im Garten des Sachsenheimes bedankte sich die Gruppe bei den unermüdlichen Helfern Joan Miller-Malue, Monica und Liz Weber sowie Hanz G. Hermann mit einem einstündigen Ständchen, instrumental begleitet vom Schlager-Taxi.

Herzlich war der Abschied der aus Deutschland angereisten Gruppe von Cleveland, beeindruckend das Erlebte, ermutigend die Dankbarkeit, der Applaus der Gäste des Heimattages, erfreulich die offiziellen Geschenke. Liz Manning, Helgard Werner, Inge Schuster und Monica Weber freuten sich sichtbar über die von Doris Hutter überbrachten Halsketten mit Siebenbürgerwappen-Anhänger, eine kleine Anerkennung für die tatkräftige Unterstützung ihrer Männer/Partner. Außerdem wurden Bücher, CDs, DVDs und ATS-Regenschirme ausgetauscht. Und es wurden Urkunden verliehen. Stephanie Kepp bekam als Leiterin der Jugendtanzgruppe von Senator Michael J. Skindell eine Urkunde, die sie angesichts ihres großartigen Einsatzes für, vor und während dieser Reise redlich verdient hat. Dank gebührt auch Roswitha Kepp und Annerose Konnerth-Stanila, die während des gesamten Aufenthaltes der Gruppe in Übersee beim Ankleiden der Trachten und bei allen logistischen Herausforderungen verschiedener Auftrittsorte verlässlich mitgeholfen haben. Dank für die großzügige Förderung der Kulturgruppe gebührt außerdem insbesondere der Michael-Schmidt-Stiftung, die als Hauptsponsor einiges zum Gelingen der Reise beigetragen hat, und dem Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen (weitere Details in der nächsten Folge dieser Zeitung).

Vorbildliche Betreuung

Wir haben eine herzliche Betreuung, eingebettet in ein abwechslungsreiches Programm, genießen dürfen: Im kanadischen Kitchener wurden wir bei der Ankunft mit der Blaskapelle erwartet, in Toronto erlebten wir, betreut von Lisa Fritsch und Kolina Tavares, eine Stadtführung, besuchten die Niagara-Wasserfälle, fuhren mit der Pferdekutsche durch eine Farm von Mennoniten, konnten beim Grillabend im Pool der Familie Fritsch baden. Vor dem Heimflug gab es im Transylvania Klub noch einen herrlichen Abend mit Auftritten mehrerer Gruppen, köstliche Speisen und viel Tanz. Ebenso traten Jugendtanzgruppe Nürnberg und Schlager-Taxi in der Saxonia Halle in Aylmer auf, nachdem am Vortag die Gruppe am Erie-See ein Unterseeboot besichtigen und baden konnte und vom Präsidenten des Saxon Club John Horeth mit schmackhaftem Picknick verpflegt worden war.

Beim Grenzübergang in die USA fanden die Grenzer unsere Drogen nicht, weil sie in den Koffern schnüffelten. Hätten sie in unsere Seelen geleuchtet, wären sie fündig geworden: Die Droge Singen im Bus wird noch lange nachwirken und so bald auch von keinem Gegenmittel aus uns herauszuholen sein! Im Gegenteil, die Jugendlichen sind wohl für immer damit infiziert! Hoffentlich konnten wir alle besuchten Gruppen mit dem Sing-Virus anstecken, auch in Youngstown / Ohio, wo wir auch mit Blasmusik empfangen wurden und dem gut gefüllten Saxon Club unser vielseitiges Programm darboten. Kompetent betreut von John (aber immer Hans genannt) Böhm wohnten wir in einem Hotel mit Pool vor der Zimmertür und Séparée zum nächtlichen Singen in der Gruppe, konnten wir ein köstliches Mittagessen im Vereinsheim Eintracht Singing Society in New Castle/Pennsylvania, zubereitet von den Frauen des Männerchores, zu uns nehmen und am Abend in Youngstown zur mitreißenden Schlagerparade der Band von Peter Karsti tanzen. In Erie/Pennsylvania wurden wir sehr herzlich von Liz und Tom Manning betreut, im Siebenbürger Club fürstlich bewirtet und für den Rückweg nach Kanada mit großzügigem Reiseproviant versorgt. Vor und nach dem Auftritt der Kulturgruppe aus Deutschland hörten wir wunderbare Lieder des Chors Siebenbürger Singers. Allen Betreuern und Helfern, Organisatoren und Gasteltern, ganz besonders aber Steffi Kepp, unserer unermüdlichen Reiseleiterin, sagen wir alle nochmals herzlichen Dank, ihr wart großartig!

Es ist schön, mit gut erzogenen flexiblen jungen Menschen zu reisen und herrlich, auch bei nur Englisch sprechenden Landsleuten bestimmte Worte liebevoll deutsch gesagt zu hören: Heimattag, Tracht, Kameradschaft, Siebenbürgen, Gemütlichkeit oder Landsleute.

Ich danke auch im Namen des Bundesvorstandes unseres Verbandes in Deutschland unseren Landsleuten aus den USA und Kanada für ihre unvergessliche Gastfreundschaft und allen Teilnehmern für die Gestaltung dieses Gemeinschaftserlebnisses, das mich durch seine noch so siebenbürgisch-sächsische Prägung und Solidarität mit den Landsleuten, ganz besonders in Siebenbürgen, sehr beeindruckt hat. Wir haben bei unseren Siebenbürger Sachsen in den USA und Kanada Heimat erlebt: Eine Heimat ohne Grenzen!

Doris Hutter


Schlagwörter: Heimattag, USA, Kanada

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