26. Mai 2016

Heimattag einer höheren Gemeinschaft: 66. Pfingsttreffen der Siebenbürger Sachsen in Dinkelbühl

„Ich gehör dazu! Du auch?“ Unter diesem Leitwort, das der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland entliehen wurde, fand der 66. Heimattag der Siebenbürger Sachsen vom 13. bis 16. Mai in Dinkelsbühl statt. Tausende Siebenbürger Sachsen legten ein Bekenntnis zu ihrer Gemeinschaft ab, die größer ist und weit über sich selbst hinausweist hin zur deutschen Kultur und dem europäischen Selbstverständnis. So begrüßte Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius den Kanzleramtschef Peter Altmaier bei der Festkundgebung mit den Worten: „Wir gehören dazu!“ Altmaier bestätigte, dass die Siebenbürger Sachsen ein beeindruckender Teil der deutschen Kultur sind, und ermunterte sie, ihre Traditionen fortzuführen. Dass sie das begeistert tun, zeigten die rund 3000 Trachtenträger, die am Festzug durch die mittelalterlichen Straßen der Stadt Dinkelsbühl teilnahmen und dem kalten Pfingstwetter trotzten.
Es war eine absolute Premiere für Deutschland, dass der Ministerpräsident eines Herkunftslandes bei einem Heimattag der deutschen Heimatvertriebenen und Aussiedler sprach. Premier Dacian Cioloș bekräftigte in seiner Festrede, dass sich der rumänische Staat zum deutschen Kulturerbe bekenne und es gemeinsam mit den Siebenbürgen Sachsen mit neuem Leben füllen wolle.

Der Heimattag war eine starke Demonstration, was Zusammenhalt, Lebensfreude, Kultur, Jugendarbeit und auch soziales Engagement betrifft. Das Pfingsttreffen stand im Zeichen mehrerer Jubiläen. Ihr 30-jähriges Bestehen feierten die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD), das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen e.V. sowie die Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins mit ihrer Alpingruppe Adonis. Der Historiker Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch erinnerte in einem Festvortrag an 875 Jahre seit der Ansiedlung unserer Vorfahren im Karpatenbogen.

Im Sonntagsgottesdienst in der St.-Pauls-Kirche legte Dr. Berthold Köber, Vorsitzender der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD (Hilfskomitee), das Pfingstgeschehen aus der Apostelgeschichte, 2, 1-18, wie folgt aus: „Petrus und die Jünger treten mutig an die Öffentlichkeit und verkünden die Wahrheit, weil sie sich frei fühlen von Angst und Menschenscheu, aber auch von den damals geltenden gesellschaftlichen Konventionen und Vorschriften, so wie Jesus es Ihnen gesagt hatte: Die Wahrheit wird euch frei machen.“ In seiner Predigt betonte Dr. Köber, dass wir als Einzelne und als Gesellschaft „des Geistes Gottes als Geist des Mutes, der Wahrheit, der Freiheit und der Gemeinschaft“ bedürfen. Bei ihrem Heimattag vergewissern sich die Siebenbürger Sachsen stets aufs Neue, mit ihren Erlebnissen und Erfahrungen nicht allein zu sein und „miteinander in Schicksalsgemeinschaft zu stehen“.
Rund 3000 Trachtenträger nahmen am Festumzug ...
Rund 3000 Trachtenträger nahmen am Festumzug durch die mittelalterlichen Straßen der Stadt Dinkelsbühl teil, darunter erstmals die Siebenbürgische Jugend Südhessen als eine der Gruppen der „kleinen“ Landesgruppen, die den Heimattag mitausrichteten. Foto: Siegbert Bruss
Einen Pfingstgruß seitens der Heimatkirche übermittelte vor der Schranne Dechant Bruno Fröhlich. „Mit unserem christlichen Glauben protestantischer Prägung in seiner siebenbürgischen toleranten Ausfärbung müssen wir uns nicht schämen.“ Unsere Kultur des interethnischen und interkonfessionellen friedlichen Zusammenlebens könne durchaus heute als europäisches Modell dienen, das wir mit Erfolg praktizierten. Der Schäßburger Stadtpfarrer hielt am Sonntagabend eine wegweisende Rede an der Gedenkstätte der Siebenbürger Sachsen. „Glaube kann nur dann wahrhaftig sein, wenn er auch tolerant ist“, stellte er dabei fest. Siebenbürgen habe sich durch den Weggang der meisten Siebenbürger Sachsen stark gewandelt, doch Bruno Fröhlich ist es gelungen, neue, tiefe Einsichten in seine geistliche Heimat zu gewinnen und das Zusammenleben mit anderen Ethnien als große Bereicherung zu erleben (siehe Ansprache in der SbZ Online).

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Bei der Festkundgebung vor der Schranne begrüßte Dr. Bernd Fabritius, MdB, Verbandspräsident des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. und Präsident des Bundes der Vertriebenen, zahlreiche Gäste, darunter Premierminister Dacian Cioloș, Kanzleramtschef Peter Altmaier, Staatssekretär Johannes Hintersberger als Vertreter der bayerischen Staatsregierung, Hessens Landtagspräsident Norbert Kartmann, den Dinkelsbühler Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer, Landrat Dr. Jürgen Ludwig (Ansbach), den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest, Werner Hans Lauk, den Botschafter von Rumänien in Berlin, Emil Hurezeanu, die Bundestagsabgeordneten Artur Auernhammer, Dr. Christoph Bergner, Josef Göppel und Dr. Volker Ullrich, den Landtagsabgeordneten Manuel Westphal (Bayern), den Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), Prof. Dr. Paul Jürgen Porr, Unterstaatssekretärin Christiane Cosmatu, den ehemaligen Außenminister Rumäniens Dr. Andrei Pleșu, Vorsitzender des Rumänisch-Deutschen Forums in Bukarest, den Bundesobmann aus Österreich, Manfred Schuller, den Ehrenvorsitzenden unseres Verbandes, Dr. Wolfgang Bonfert u.a.
Die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in ...
Die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (hier die alte und neue Bundesjugendleitung an der Spitze des Festumzuges) gestaltete den Heimattag zu ihrem 30. Jubiläum maßgeblich mit. Foto: Lukas Geddert
In seiner Festrede warb Dr. Bernd Fabritius für eine starke Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe kürzlich die Einladung zur BdV-Jahresversammlung angenommen. Dass nun Kanzleramtschef Peter Altmaier zum Heimattag gekommen sei, zeige, „dass wir Siebenbürger Sachsen gut angekommen sind und dass das Motto stimmt: Wir gehören dazu!“ Der Bundesregierung dankte er für die neue Kulturkonzeption und die Entschädigung der deutschen Zwangsarbeiter. Er forderte Empathie für die Opfer der heutigen Flucht und Vertreibung, legte aber auch Wert auf eine klare Differenzierung zwischen Siebenbürger Sachsen und Migranten. Von Rumänien forderte Bernd Fabritius eine gerechte Eigentumsrückgabe, würdigte aber auch den Einsatz des Landes für deutschsprachige Schulen und rief dazu auf, das Potenzial der Kirchenburgen stärker zu nutzen (lesen Sie die Festansprache im Wortlaut in der SbZ Online).

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Der rumänische Ministerpräsident Dacian Cioloș würdigte die Siebenbürger Sachsen für ihren Beitrag zu der Entwicklung Rumäniens und als Brückenbauer in den deutsch-rumänischen Beziehungen. „Sie sind die besten Botschafter, die Rumänien in der Beziehung zu Deutschland haben kann.“ Er stellte mit Freude fest, wie lebhaft sie ihr Brauchtum und ihre Gemeinschaft pflegen und wie begeistert die Jugend dabei mitmache. Rumänien bekennt sich dezidiert zum deutschen Kulturerbe, zu den siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen, die in ihrem einmaligen Charakter erhalten werden sollen. Nach dem kürzlichen Einsturz der Kirchtürme in Radeln und Rothbach im Kreis Kronstadt hat die Regierung ein Notfallprogramm aufgelegt.

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Das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe sei zugleich das Kulturerbe Rumäniens. „Wir sind dankbar für dieses gemeinsame, europäische Kulturerbe“, sagte der rumänische Ministerpräsident. Er lud die Siebenbürger Sachsen ein, durch neue Ideen eine dauerhafte Nutzung der Kirchenburgen zu erreichen (siehe Festrede in der SbZ Online).
Auf dem Weg zur Festtribüne: Rumäniens Premier ...
Auf dem Weg zur Festtribüne: Rumäniens Premier Dacian Cioloș, Bundesvorsitzende Herta Daniel, Kanzleramtschef Peter Altmaier und Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius. Foto: Hans-Alfred Schüller (Don Alfredo)
Der Chef des Bundeskanzleramtes, Peter Altmaier, lobte in seiner Ansprache die Siebenbürger Sachsen dafür, dass sie niemals aufgegeben hätten. In den 875 Jahren seit ihrer Ansiedlung in Siebenbürgen hätten sie ihre deutschen Wurzeln und Kultur nie vergessen. Als sie in ihr Heimatland, nach Deutschland, zurückgekehrt seien, hätten sie das, was sie über Jahrhunderte entwickelt hätten, mitgebracht und weitergepflegt: „Ich kenne kaum eine andere Volksgruppe, die so eine starke, lebendige Kultur hier pflegt. Es ist deutsche Kultur und wir sind stolz auf diese deutsche Kultur!“

Peter Altmaier: "Unsere Wurzeln sind nicht gefährdet"

Die Siebenbürger Sachsen hätten sich „mit Bravour“ in Deutschland eingelebt und entscheidend dazu beigetragen, dass es dem Land so gut gehe. Der CDU-Politiker betonte, dass es Deutschland in den letzten Jahren – allen Unkenrufen zum Trotz – gelungen sei, mit den Globalisierung fertig zu werden, neue Arbeitsplätze zu schaffen, den Haushalt zu konsolidieren, die Sozialsysteme zu stärken. Das sei ein Beweis dafür, „dass dieses Land stark und vital ist“. Durch die Aufnahme von Flüchtlingen seien unsere Wurzeln nicht gefährdet, stellte Altmaier klar: „Und dass wir damit unsere eigenen Wurzeln nicht gefährden, dass wir keine Angst haben müssen, dass wir weniger deutsch, weniger europäisch sind als vorher, dafür sorgen Sie mit Ihrem Brauchtum, das Sie lebendig erhalten.“ Er sicherte den Siebenbürger Sachsen die Unterstützung der Bundesregierung bei der Pflege ihres Kulturerbes zu. Dem rumänischen Premierminister Dacian Cioloș dankte Altmaier für die vorbildliche Aussöhnung und die Bewahrung des deutschen Kulturerbes in Rumänien (siehe Festrede in der SbZ Online).

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Bei der Eröffnung des Heimattages am 14. Mai im Schrannenfestaal konnte Herta Daniel, Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, zahlreiche Gäste aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft begrüßen. Die Frage aus dem Motto des Heimattages hätten 2015 „nicht nur zahlreiche Siebenbürger Sachsen klar bejaht, als es darum ging, Schloss Horneck für unsere Gemeinschaft zu retten und dadurch eine dauerhafte Bleibe für unsere Kultureinrichtungen in Gundelsheim zu sichern und deren Einheit zu bewahren“. Aufgrund der beispielhaften Resonanz auf die Spendenaufrufe unseres Verbandes sei es gelungen, die Schlossimmobilie schuldenfrei aus der Insolvenzmasse zu erwerben, betonte Herta Daniel. Das eindrucksvolle Bekenntnis aller Spender, „Ja, ich gehöre dazu!“, sei nun eine „Verpflichtung für uns alle, die Verantwortung tragen, das Siebenbürgische Kulturzentrum Schloss Horneck sicher in die Zukunft zu führen“, sagte die Bundesvorsitzende. Zudem lud sie zu den 40 Programmpunkten des Heimattages ein und verwies auf einige Meilensteine aus der 875-jährigen Geschichte der Siebenbürger Sachsen.

Solidarität nicht nur im Nehmen, sondern auch im Geben

„Auch Dinkelsbühl gehört dazu!“, betonte Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer in seiner Ansprache. Aus Anlass der zehnjährigen Städtepartnerschaft zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg hatte eine Delegation aus der mittelfränkischen Stadt Anfang Mai Siebenbürgen besucht und an einem Festakt im Rathaus von Schäßburg teilgenommen (ein separater Bericht folgt in der SbZ Online). An seine Reiseeindrücke knüpfte der Oberbürgermeister einige kritische Gedanken. Der Verfall der Baudenkmäler sei ebenso bedauerlich wie die Tatsache, dass viele Rumänen Deutsch lernten, um ihr Land zu verlassen. Die Siebenbürger Sachsen hätten jetzt noch eine Generation, die hochengagiert sei und eine starke Bindung zu ihrem Heimastland pflege. „Was passiert mit der nächsten Generation? Wer steht zu Ihrem Kulturgut in Ihrer Heimat?“, fragte Hammer. Die europäische Wertegemeinschaft sei wichtig, denn sie stehe für Grundwerte wie Freiheit, Toleranz, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die verhinderten, dass wir wieder Unrecht erleiden müssten. Der CSU-Politiker forderte daher Solidarität nicht nur im Nehmen, sondern auch im Geben, damit „alles wieder auf ein gesundes Fundament gestellt werde“. Mit seinen 54 Jahren habe er immer mehr erkannt, dass „der Mensch im Grunde triebgesteuert ist und eine relativ niedrige Wertevermittlung hat“. Deshalb sei es unsere Aufgabe, „im Rahmen eines humanistisch-christlichen Vorbilds zu sozialisieren und für ein friedliches Miteinander zu kämpfen“. Als ein verbindendes Element für diese ­große europäische Aufgabe sehe er die Siebenbürger Sachsen.

Reiches Erbe an junge Generation vermittelt

Helga Seeger richtete ein Grußwort an die Gäste des Heimattages im Namen der ausrichtenden, engagiert am diesjährigen Heimattag mitwirkenden Landesgruppen Niedersachsen-Bremen (Vorsitzender: Volkmar Gerger), Berlin/Neue Bundesländer (Vorsitzende: Gisela Wentrup), Hessen (Vorsitzende: Ingwelde Juchum), Rheinland-Pfalz/Saarland: (Vorsitzender: Ortwin Gunne) und ihrer eigenen Landesgruppe Hamburg – Schleswig-Holstein. Der Heimattag in Dinkelsbühl sei geprägt von Wiedersehens-, Erinnerungs- und Austauschfreude sowie von vielfältiger Gelegenheit zum Wahrnehmen unserer Gemeinschaft. „Dieses reiche Erbe an Kultur, Geschichte und Brauchtum vermitteln wir erfolgreich unserer Nachfolgegeneration, der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland, die bereits drei Jahrzehnte ihr Ziel konsequent verfolgt hat und es in die Zukunft trägt, nämlich: das kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen und deren Gemeinschaft lebendig zu erhalten, die Gemeinschaft zu erleben, Spaß zu haben und zeitgemäß zu sein ohne mit der Tradition zu brechen“, so Helga Seeger.

Grüße von Rumäniens Staatspräsident Klaus Johannis übermittelte dessen Berater für Kultur, Sergiu Nistor. Der Architekt und Professor bekannte sich zur europäischen Wertgemeinschaft und bezeichnete den Heimattag in Dinkelsbühl als Beweis einer europäischen Berufung, die Gemeinschaft zu pflegen. Nistor setzt sich dafür ein, die wertvollen Zeugnisse deutscher Kultur in Rumänien bekannt zu machen und zu schützen. Es sei jedoch eine gemeinsame Aufgabe für uns alle, „diese Zeugnisse zu pflegen und mit Leben zu erfüllen sowie ihren Geist weiter zu tragen“, betonte Nistor, der 2007 das Projekt Europäische Kulturhauptstadt Hermannstadt 2007 koordiniert hat (lesen Sie sein Grußwort in der SbZ Online vom 25. Mai 2016).

Neues Gemeinschaftsleben geschaffen, aber nicht in Aus- oder Abgrenzung

Grüße seitens der CSU-Landtagsfraktion überbrachte Manuel Westphal, MdL. Der erste Teil des Mottos „Ich gehör dazu! Du auch?“ zeige, wie groß das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Siebenbürger Sachsen nach wie vor sei. Den zweiten Teil des Leitwortes interpretierte Westphal auch als Aufforderung an Dritte, als ein Zeichen der Offenheit. „Sie haben neues Gemeinschaftsleben geschaffen, und zwar nicht in Aus- oder Abgrenzung, sondern gemeinsam mit den übrigen Volksgruppen und Stämmen in Bayern.“ Der Wesenskern des Leitworts, „nämlich Besinnung auf und Erhalt der eigenen Tradition, aber nicht in Abgrenzung, sondern als Fundament, von dem aus gemeinsam Zukunft gestaltet wird, ist hier beim Heimattag für jeden sprichwörtlich sichtbar und begreifbar“, sagte der Landtagsabgeordnete und Stimmkreisabgeordneter Ansbach-Süd, Weißenburg-Gunzenhausen.

Einsatz für deutsche Minderheit in Rumänien als Herzensangelegenheit

„Ja, auch ich fühle mich Ihnen gerade hier und in diesen Tagen zugehörig!“, sagte der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest, Werner Hans Lauk, der schon zum dritten Mal in Folge am Heimattag in Dinkelsbühl teilnahm. Dieses Verbundenheitsgefühl verdanke er der ausgeprägten Gastfreundschaft der Siebenbürger Sachsen sowohl in der alten als auch in der neuen Heimat. Die Verbindung zur alten Heimat bezeichnete der Botschafter als „immens wichtig, denn in der Sprache, den Bräuchen, den Traditionen, der Kunst, der Musik und den Erzählungen Siebenbürgens verbirgt sich ein Teil Ihrer Identität, etwas, das Sie miteinander verbindet, stärkt, unverwechselbar und attraktiv macht“. Für ihn sei es nicht nur eine professionelle Selbstverständlichkeit, sondern auch eine tief empfundene Herzensangelegenheit, die deutsche Minderheit in Rumänien zu unterstützen, um Sprache, Kultur und damit ihre kulturelle lebendig und zukunftsfähig zu erhalten. Eine entscheidende Voraussetzung für den Erhalt der siebenbürgisch-sächsischen Identität, für die Botschafter Lauk seine persönliche Unterstützung zusicherte, sei bei allem Wandel die deutsche Sprache. „Die deutsch-muttersprachlichen Schulen gehören unstreitig zu den erfolgreichsten Bildungsinstitutionen Rumäniens, von denen längst auch die rumänische Mehrheitsgesellschaft nachhaltig profitiert.“ Auf Initiative des Deutschen Bundestags stünden nach einer Dreiviertelmillion im Vorjahr im laufenden Haushaltsjahr nun sogar eine Million Euro als Anerkennung und Ansporn zu weiterem Einsatz für die im deutsch-muttersprachlichen Unterrichtswesen tätigen Lehrkräfte zur Verfügung.
Der rumänische Ministerpräsident Dacian ...
Der rumänische Ministerpräsident Dacian Cioloș trägt sich während des Empfangs im Rathaus am Pfingstsamstag ins Goldene Buch der Stadt Dinkelsbühl ein, links Dr. Bernd Fabritius, MdB, rechts Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer und der Schäßburger Stadtpfarrer Bruno Fröhlich. Foto: Konrad Klein
Das Motto des Heimattages interpretierte Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, als ein Bekenntnis zu unserer Gemeinschaft. Dem Zusammengehörigkeitsgefühl, vor allem in den Nachbarschaften, sei es zu verdanken, dass sich die Siebenbürger Sachsen als Volksstamm über die Jahrhunderte erhalten haben. Die Nachbarschaften gebe es schon lange nicht mehr. Die Gemeinschaft sei zerstreut, von Kronstadt bis Wolfratshausen, von Gmunden bis Kitchener. „Und trotzdem gibt es dieses Zusammengehörigkeitsgefühl auch heute. Vor allem in Krisenzeiten ist es erst recht bemerkbar – wie bei unseren Vorfahren. Als Schloss Horneck Gefahr lief, unsere Institutionen dort zu verlieren, hat dieser Gemeinschaftssinn, über die Grenzen hinaus, die Rettung gebracht. Als der Bistritzer Kirchturm abbrannte, hat eine Welle von Solidarität, sogar über unsere Gemeinschaft hinaus, diesen in kürzester Zeit wieder hergerichtet.” Auch heute gebe es eine Krisensituation in Siebenbürgen. Rothbach und Radeln seien leider „nur die Spitze eines Eisbergs”. Fast alle unsere Kirchenburgen seien bis zu 800 Jahre alt. Meschen z.B. sei genau so gefährdet wie Radeln. „Rumänische Regierung, Kirche und Forum tun ihr Möglichstes”, betonte Porr und schloss mit einer provokativen Frage: „Wir gehören dazu! Sie auch??”

„Wir Österreicher gehören auch dazu!”, rief Manfred Schuller, neu gewählter Bundesobmann des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich, den Gästen des Heimattages zu. Dieses Bekenntnis zur grenzüberschreitenden Gemeinschaft sei ein Garant für den Bestand der siebenbürgischen Gemeinschaft in Österreich nach über sieben Jahrzehnten. Schuller überbrachte Grüße der beiden Ehrenbundesobmänner aus Österreich, Dr. Fritz Frank und Hofrat Magister Pfarrer Volker Petri. Er gratulierte der SJD für drei Jahrzehnte Schaffenskraft und dankte alle jenen, „die im Hintergrund fleißig mitmachen und uns ein zeigen, was man alles in einem gemeinsamen Europa bewegen kann“.

Gemeinschaft unter dem Segen Gottes

Auch die Gemeinschaft der Evangelischen Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD (Hilfskomitee) gehöre dazu, versicherte deren neuer Vorsitzender Dr. Berthold Köber. „Wir gehören auch dazu, indem wir diesen Heimattag mitgestalten und versuchen, unseren persönlichen Beitrag mit einzubringen.“ In der „horizontalen“ Dimension spiele sich das Zusammenleben etwa in persönlichen Begegnungen und kulturellen Veranstaltungen ab. Das Hilfskomitee versuche, sich in die „vertikale“ Dimension einzubringen, „indem wir daran erinnern, dass sich unser ganzes Leben auch unter dem Schutz, dem Beistand und dem Segen Gottes gestaltet“. „Er ist es, der uns die 875 Jahre gemeinsamer Geschichte geschenkt habe, der uns immer wieder Mut und Inspiration gibt, wie wir diese Gemeinschaft pflegen und weiterentwickeln können“, betonte Pfarrer Köber.

An der Eröffnungsveranstaltung wirkten die Dinkelsbühler Marketenderin mit Solotrompeter sowie die SJD-Bundestanzgruppe mit Tänzern aus dem gesamten Bundesgebiet und die aus Kronstadt angereiste Tanzgruppe Korona mit. Moderiert wurde das Programm von SJD-Bundesjugendleiter Edwin-Andreas Drotleff und Ingwelde Juchum, Vorsitzende der Landesgruppe Hessen.

Andrei Pleșu: Deutsche Kultur hat eine katalytische Bedeutung für Rumänien

Eine philosophische Tiefe brachte Prof. Dr. Andrei Pleșu, ehemaliger Außenminister und Kulturminister Rumäniens in ein Podiumsgespräch über die Zukunft der deutschen Sprache und Schule in Rumänien ein. Die deutsche Kultur hätte eine katalytische, begründende Rolle bei der Entstehung und Modernisierung des rumänischen Staates gespielt. An diese strukturelle Bedeutung, die auch heute aktuell sei, erinnerte Andrei Pleșu, der Vorsitzender des neu gegründeten Rumänisch-Deutschen Forums in Bukarest ist, im Gespräch mit Dr. Christoph Bergner, MdB, Ovidiu Ganț, Abgeordneter der deutschen Minderheit im Rumänischen Parlament, Botschafter Werner Hans Lauk und Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius, MdB.

Anlässlich ihres 30-jährigen Bestehens setzte die SJD ganz besondere Akzente bei diesem Heimattag. Sie realisierte in bewährter Weise nicht nur die Volkstanzveranstaltung, präsentierte den Nachwuchs in der Schranne, bot ein Puppentheater mit Mark Schuschnig und zeichnete verantwortlich für die Sportturniere und beste Partystimmung im Festzelt. Sie feierte ihr Jubiläum auch mit einer Ausstellung im Evangelischen Gemeindehaus St. Paul, ihr war auch – zusammen mit dem Sozialwerk – ein Festvortrag des Ehrenvorsitzenden Dr. Wolfgang Bonfert in der St. Pauls-Kirche gewidmet. Einen besonderen Höhepunkt, der das Publikum begeisterte, setzten die Jugendlichen mit dem Singspiel „Bäm Brännchen” von Grete Lienert-Zultner in der Regie von Maria Schenker (Augsburg). Lesen Sie zwei Berichte über die SJD-Veranstaltungen des Heimattages in der SbZ Online vom 20. Mai und 24. Mai 2016.

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Das Sozialwerk präsentierte sich ebenfalls in einer Ausstellung. Eine Podiumsrunde mit den Bundestagsabgeordneten Dr. Christoph Bergner und Dr. Bernd Fabritius, dem DFDR-Vorsitzenden Paul Jürgen Porr, dem Ehrenvorsitzenden des Sozialwerks, Peter Pastior, und dem Vorsitzenden Dr. Johann Kremer war ebenfalls dem Sozialwerk gewidmet (siehe Bericht in der SbZ Online vom 28. Mai).

Niveauvolles Programm

Zum niveauvollen Programm des Heimattages gehörten zudem Ausstellungen, eine Lesung mit Iris Wolff und Frieder Schuller, Tanzveranstaltungen, eine Vortragsreihe der Carl Wolff Gesellschaft, die Podiumsdiskussion zum Thema „Siebenbürgische Einrichtungen in Deutschland – gestern, heute, morgen“ und – als kultureller Höhepunkt – die Preisverleihungen am Pfingstsonntag in der St.-Pauls-Kirche (siehe SbZ Online). Der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis 2016 ging an die bildende Künstlerin Sieglinde Bottesch. Mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Jugendpreis wurde Konsulent Manfred Schuller, Bundesobmann des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich, ausgezeichnet.

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Ines Wenzel und Helge Krempels moderierten den Festumzug wie immer sachkundig und informativ. Als neue Trachtengruppen unter den 102 Gruppen begrüßten sie in diesem Jahr die Landesgruppe Niedersachsen/Bremen (erstmals als Gruppe), die Siebenbürgische Jugend Südhessen, die HOG Reichesdorf, Trachtengruppe Rätsch, Siebenbürger Musikanten Heidenheim und Tanzgruppe der Kreisgruppe Neuburg an der Donau. Als Gastgruppen nahmen die Tanzgruppe Korona aus Kronstadt und die Siebenbürger Jugend Traun am Trachtenumzug teil.

Der Heimattag wird in weiteren Berichten in den Folgen 8 und 9 der gedruckten Ausgabe der Siebenbürgischen Zeitung dokumentiert, in der SbZ Online zu lesen unter dem Schlagwort "Heimattag 2016".

Siegbert Bruss


Medienecho auf den Heimattag 2016

Schlagwörter: Heimattag 2016, Dinkelsbühl

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