4. Januar 2015

Evakuierung 1944-1945 Unterwegs nach Niederösterreich

Im November/Dezember 1944 erreichten die Evakuierten ihre Bestimmungsorte im Deutschen Reich, damals in Niederdonau (Niederösterreich), Oberdonau (Oberösterreich) und im Sudetenland. Johann Grum aus Deutsch-Zepling berichtet 1956 über den Treck von 204 Wägen über Karol – Waitzen – Ödenburg nach Niederösterreich.
Einer blieb hier, der andere blieb dort stecken, dann mussten Männer heran und anpacken, und mit Ach und Krach kamen wir doch weiter. Was das für eine Zeit war, wo wir wie Wanderzigeuner am Wegrand unser Feuer machten; aus Natursteinen wurde in fünf Minuten ein Herd gemacht, wo man in die Erde ein langes Loch schaufelte, zwei Platten nebeneinander auf die Steine legte und Feuer schürte, wo man kochen, braten und backen konnte wie in der modernsten Küche. Man gewöhnte sich langsam an das Schicksal, man vergaß auf Minuten auch die Heimat, aber sie kehrte in Gedanken immer wieder zurück. (…) Über lauter deutsche Gemeinden mit deutschen Namen fuhren wir bis nach St. Pölten. Dort wurden wir wieder in ein gutes Quartier aufgenommen; es wurde mit guter warmer Verpflegung auf uns überall gewartet, so dass wir doch einen Unterschied wahrnahmen, wie wir auf deutschem Boden einmal waren. Von St. Pölten wurden wir weitergeleitet, wieder über lauter deutschnamige Gemeinden und sogar über schöne Gemeinden, bis in den Kreis Mistelbach, bis in den Verteilungsort Ernstbrunn. Ganz zerschlagen und übermüdet kamen wir da an mit unseren armen Tieren, die auch so müde waren, dass wir sie nur erbarmen konnten. So einen Gewaltmarsch mit den Wägen bis nach Österreich zu machen, das war eine Leistung, in 58 Tagen eine Strecke von 1179 km zurückgelegt.

Textauswahl: Horst Göbbel

Schlagwörter: Evakuierung, Österreich, Zeitzeugenberichte

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