15. Oktober 2009

„Frau Pfarrer und Frau Mutter“ in Neppendorf: Zum 90. Geburtstag von Maria Klima

Älterwerden ist wie auf einen Berg steigen. Je höher man kommt, desto mehr Kräfte sind ver­braucht, aber um so weiter sieht man. (Ing­mar Bergmann)
Geboren wurde Maria Klima in der einst schönen sächsischen Gemeinde Schorsten. Hier verbrachte sie eine sorglose und frohe Kindheit im Kreise ihrer Familie zusammen mit einer Schwester und zwei Brüdern. Schon früh verließ sie ihr Heimatdorf, um in Hermannstadt die Volksschule und das Gymnasium zu besuchen. Es folgten vier Jahre an der Landeskirchlichen Lehrerinnenbildungsanstalt in Schäßburg, wo sie im Sommer 1938 das lang ersehnte Lehre­rin­nendiplom in Händen halten durfte. Im Herbst desselben Jahres kam sie als junge Lehrkraft an die Deutsche Volksschule in Neppendorf. Hier lernte sie ihren späteren Mann Dr. Hellmut Kli­ma, den Ortspfarrer von Neppendorf, kennen.

Der Bibelspruch, der ihnen bei ihrer Trauung am 29. Juni 1941 mit auf den Weg gegeben wurde, lautete: „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.“ Dieser Spruch sollte das Leben des Ehepaares Klima durch ihr Schaffen zum Wohle der Menschen, die ihnen als Kirchengemeinde 40 Jahre lang anvertraut waren, prägen. Als verheiratete Frau durfte Maria Klima nicht mehr als Lehrerin tätig sein und gab ihre Stelle auf. Obwohl noch sehr jung, wuchs Frau Klima schnell in die Rolle der „Frau Mutter“ hinein. Doch die Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges gingen auch an Neppendorf nicht spurlos vorbei. Im Januar 1945 ging auch Familie Klima den schweren Weg der Deporta­tion in die Arbeitslager der damaligen Sowjet­union. Die Heimreise durfte sie wie viele andere erst im Oktober 1949 antreten.

Ihr inzwischen zur Heimat gewordenes Nep­pen­dorf war von der Agrarreform 1945 schwer getroffen. Da nicht nur Grund und Boden enteignet wurden, sondern auch Wohnhäuser, diente das Pfarrhaus jahrelang als Unterkunft für evakuierte Gemeindeglieder. Insgesamt waren 25 Personen in den wenigen Räumen des Pfarr­hauses untergebracht. In dieser Zeit konnte Frau Klima der Rolle der „Frau Pfarrer und Frau Mutter“ ganz und gar gerecht werden, denn wo so viele Menschen auf so wenig Raum zusammenleben müssen, bleiben die Konflikte nicht aus. Durch ihre ganz eigene und persönliche Art konnte sie den freundschaftlichen Um­gang der Menschen untereinander und miteinander sichern. Auch in späteren Jahren stand die Türe des Pfarrhauses jederzeit und für jedermann offen.

Besondere Aufgaben für sie brachte die kommunistische Zeit, denn nicht selten stand sie ih­rem Mann zur Seite, wenn es hieß, die Reli­gions­stunden mit den Schulkindern abzuhalten. Je ge­wissenhafter die Pfarrersfrauen in Sieben­bür­gen waren, desto größer waren auch die ehrenamtlichen Aufgaben in der Gemeinde. Dieses trifft auch auf Frau Klima zu. Die Kranken und Bettlägerigen der Gemeinde sowie kinderreiche Familien wurden von ihr regelmäßig besucht und bekamen so ihre Güte und die damit verbun­dene Hilfe zu spüren.
Das Ehepaar Hellmut und Maria Klima im Jahr 1986 ...
Das Ehepaar Hellmut und Maria Klima im Jahr 1986 vor der Rentnerwohnung in Neppendorf, dem „Blumenparadies“, wie Frau Klima ihren Garten gerne nannte.
Für ihren gemeinsamen Lebensabend hatte Familie Klima mit Hilfe der Gemeinde vorgesorgt. Die gemauerte Pfarrscheune wurde zu ei­ner Alterswohnung umgebaut. Dieses neue Heim wurde für beide eine Oase des Friedens und ein Blumenparadies. Hier konnte sich Dr. Hellmut Klima ganz seiner Tätigkeit als Historiker widmen. Sehr viele siebenbürgisch-sächsische Hei­mat­bücher, die zum Teil die historischen Daten ihrer Gemeinden aus dem Nachlass von Dr. Kli­ma entnommen haben, wurden veröffentlicht.

Nachdem er im Oktober 1990 gestorben war und die Gemeinde Neppendorf durch die Aus­wan­derung anfing sich aufzulösen, entschloss sich auch Frau Klima schweren Herzens im Jahre 1993 zur Auswanderung. Mit großer An­strengung musste sie ihren Haushalt auflösen und – was noch viel schwieriger war – den schriftlichen Nachlass ihres Gatten sicherstellen, denn der drohte im damaligen Chaos unterzugehen oder zu verschwinden. Mit Hilfe ihres Bru­ders Samuel Liebhart ist es gelungen, seine große Transilvanica-Bibliothek und die Mono­gra­phien aller von Deutschen gegründeten Dör­fer in Siebenbürgen, etwa 300 an der Zahl, in das Kulturzentrum der Siebenbürger Sachsen nach Gundelsheim zu überstellen. Nach ihrer Aussiedlung wurde sie in Limbach im Saarland an­sässig, wo schon ihr älterer Bruder und ihre jüngere Schwester lebten. Hier konnte sie ihren gewohnten Lebensstil weiterführen. Bei ihrer Schwester fand sie einen großen Gemüse- und Blu­mengarten vor, in dem sie ihre geliebte Gar­tenarbeit weiter betreiben konnte.

Was ihrem Mann in Rumänien nicht erlaubt war, konnte sie nun in Deutschland nachholen. Sie hat aus den umfangreichen Tagebüchern ih­res Mannes, die über 60 Jahre geführt wurden, zwei Bände veröffentlicht und ihm damit ein literarisches Denkmal gesetzt. Der erste Band beschreibt die Jahre 1930-1945, der zweite die Zeit von 1946-1990.

Ihre Verbindung zu den Gemeindegliedern aus Neppendorf riss nie ab. Bis heute steht sie in telefonischer Verbindung sowie in regem Brief­wech­sel mit einigen von ihnen. An dieser Stelle möchte ich ihr im Namen aller Landsleute für ihr langjähriges Wirken und Schaffen in der Ge­meinde danken und ihr zum 90. Geburtstag alles Liebe, alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen wünschen.

Eva Hoffmann

Schlagwörter: Geburtstag, Neppendorf, Porträt, Landler

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